Der Anno-Schrein

Ich finde, so ein Möbelstück fehlt hier, darum lasset uns andächtig davor Platz nehmen.
Ich habe mir gestern bei Ubisoft die Anno 1503 History Edition geholt. Das ist eine behutsam renovierte Ausgabe des Klassikers Anno 1503, dem zweiten, und wie viele sagen, auch schwersten Teil der Anno-Reihe.
Mit behutsam renoviert meine ich, dass so manche Nickeligkeiten des alten Spiels verschwunden sind, aber die Atmosphäre ist erhalten geblieben.
Im Original 1503 gab es zum Beispiel das Denkmal-Video. Der Bildschirm wurde schwarz, man dachte „Oh, verdammt, was ist jetzt wieder abgestürzt?“ und dann kam ein Video, in dem eine Statue des Bürgermeisters, also des Spelers, gegossen wurde. Die konte man sich in die Stadt oder auf eine eigene Denkmalsinsel stellen. Es gab viele Denkmäler und jedes Mal so ein Video mit Schockmoment. Das Video gibt es jetzt nur noch einmal pro Session, früher war die Abhilfe, die Datei durch etwas mit 0 Byte Größe, aber dem gleichen Namen zu ersetzen. Dann gab es nur einen kurzen Ruckler, denn dieses Video trieb einen zur Weißglut, wenn es alle paar Minuten kam. Weitere Statuen werden jetzt durch eine Sprachmeldung angekündigt.
Schiffe auf Handelsrouten, die verschiedene Waren transportieren sollten, sind irgendwann mit einer Ware vollgelaufen, wenn diese Ware am Zielhafen nicht komplett ausgeladen wurde. Auch das wurde behoben und sogar der früher nur mit Tricks überhaupt nutzbare Multiplayer soll jetzt funktionieren.
1503 war vor mittlerweile gut 20 Jahren mein Einstieg in die Anno-Reihe, darum hat das ein würdiges Alter erreicht, dass es prädestiniert für eine Podcast-Folge.
1602, mit dem alles begann, habe ich nie gespielt, aber dazu würde mich auch eine Folge interesssieren.
Später kam 1701, das fühlte sich mit 3D-Grafik viel moderner an, aber es hat mich nicht lange gefesselt und ich habe was ganz anderes für einige Jahre gespielt. Mit Anno 1404 hatten sie mich dann wieder, das ist optisch immer noch das schönste Anno. Das habe ich viele Jahre gespielt. Die Zukunfts-Annos 2070 und 2205 habe ich ignoriert. 2070 einmal angespielt, aber es hat mich nicht erreicht und ich habe lieber wieder das damals schon uralte 1503 zum Laufen gebracht mit seiner knuddeligen Wuselgrafik und dem Sprecher, der jeden Brand neben der Feuerwache wie einen Weltuntergang bekannt gibt.
Anno 1800 ist ein Meisterwerk, keine Frage, aber für dieses Forum viel zu neumodisch.
Als History Edition habe ich Anno 1404 schon eine Weile und seit gestern 1503, das problenlos unter Win 10 läuft.
In einer Podcast-Folge zu Anno würden mich die Geschichten hinter den Kulissen interessieren und was es mit der Quersumme 9 auf sich hat, die scheinbar bei jeder Jahreszahl einer neuen Version rauskommt oder rauskommen muss. Im Credits-Video zu Anno 1800 hat die 9 sogar einen eigenen Auftritt.
Welche Annos habt ihr so gespielt und was verbindet ihr damit?

Angespielt habe ich tatsächlich Anno 1602, 1503, 1701 und 1404. Bis auf 1503 habe ich die auch durchaus häufiger gespielt. Wirklich schlecht fand ich keines von denen, die haben irgendwie alle schon Spaß gemacht und machen es auch heute noch. Insbesondere 1404 ist ein schon ein sehr schönes Spiel. Leider ist es auch doch ziemlich komplex und wenn man in einer Mission aus welchen Gründen auch immer eine längere Unterbrechung einlegt, tut man sich doch schwer weiter zu spielen. Und die meisten Szenarien sind auch etwas zu lang um sie in einem Rutsch an einem Abend durchzuspielen.

Ich spiele lieber Endlos-Spiele, statt Szenarien, wobei der Begriff Endlos durchaus wörtlich zu nehmen ist. Mein letztes Anno 1800 Spiel lief über mehr als ein Jahr. Anno ist für mich auch in den älteren Versionen kein Spiel, das sich mal eben an einem Abend durchspielen lässt.
Wenn ich meine Anno-Inselwelt nach ein paar Wochen Pause mal wieder lade, dann muss ich mich da auch erstmal in alle wirtschaftlichen Abläufe reinfinden.
Neben Anno 1800 habe ich die History Editions von 1404 und 1503 auf dem Laptop. Bei den beiden älteren Versionen gefällt mir, dass es dort noch Landeinheiten für den Krieg gibt. Nun ist Anno kein ausgesprochenes Strategiespiel, mehr ein Aufbauspiel. Aber Krieg ist durchaus als Mittel der Diplomatie vorgesehen. In 1503 und 1404 können Inseln mehr als einer Partei gehören. Man baut Kontore und jedes Kontor hat einen kreisförmigen Einflussbereich um sich herum. In diesesm Einflussbereich hat der Besitzer des Kontors das Sagen. Durch den Bau weiterer Kontore oder Marktplätze bei 1404 wird dieser Einflussbereich ausgedehnt. Durch die Zerstörung der Kontore des Computergegners auf besiedelten Inseln gewinne ich mehr Platz, um dort eigene Kontore zu bauen.

In Anno 1503 hat man dafür einzelne Soldaten, wie Kavallerie, Pikeniere, Schwertkämpfer oder Musketiere, sowie Mörser und Kanonen. Da kann man jede einzelne dieser Einheiten steuern, zum Glück aber auch als Gruppe zusammenfassen. Trotzdem können die Soldätchen keine geraden Wege laufen und gehen gerne mal verloren. Wenn dann unerbittlich das Militärlimit zuschlägt, stehen todsicher irgendwo auf der Karte noch vergessene Pikeniere herum. Kanonen oder Mörser bestehen aus dem Geschütz und einem Mann, der es durch die Gegend schiebt und abfeuert. Fällt dieser Mann im Kampf, bleibt das Geschütz dort stehen und wird auch nach dem Krieg Bau- oder Abrissmaßnahmen verhindern. Ich muss jetzt Bedienmannschaften ausbilden, um diese Geschütze zu bemannen und wieder bewegen zu können.
Landeinheiten kann man auch auf Schiffe verladen, wobei Kriegsschiffe mehr Platz für Landeinheiten haben und weniger für Fracht. Wie auch die Landeinheiten reagieren die Schiffe auf einen Angriffsbefehl mit einem wilden Zickzack-Kurs, der es fast unmöglich macht, dass sie das anzugreifende Schiff auch tatsächlich erreichen können. Im Seekrieg etwas zu versenken wäre ein rein zufälliges Ereignis, es sei denn das gegnerische Schiff bleibt stehen und schießt zurück. Dann muss mein Schiff mehr Lebenspunkte haben oder rechtzeitig Verstärkung bekommen.

Im Anno 1404 ist die Wegfindung der Schiffe schon deutlich besser gelöst, die können ein gegenerisches Schiff tatsächlich einholen und versenken. Landeinheiten sind hier ganze Heerlager von mehr oder weniger Kampfkraft. Da gibt es Infanterie- und Fernkampfeinheiten. Die fahren als Transportschiff übers Meer, können an einer Inselküste eine Trutzburg bilden oder können über ein eigenes Kontor oder eine Trutzburg an Land gehen, dann als Gruppe weiterziehen und am Ziel ein Lager aufbauen. Von diesem Lager aus können sie dann in einem Umkreis kämpfen. Das Konzept ist glaube ich für ein Strategiespiel recht einmalig, meistens hat man da doch einzeln steuerbare Einheiten, die als Gruppen zusammengefasst werden. Im Vergleich zu 1503 empfand ich es schon als einen Fortschritt, wenn auch gewöhnungsbedürftig. Aber ich konnte meine Soldaten leichter wiederfinden. Die Heerlager zählen als Gebäude, der Sprecher meldet auch, dass eines meiner Gebäude angegriffen wird, wenn ein Heerlager angegriffen wird.

Anno 1800 ist für dieses Forum eigentlich viel zu neu, trotzdem will ich auch auf dessen Militärpart kurz eingehen. Landeinheiten fehlen hier völlig, auch können Inseln immer nur einer Partei gehören. Die Eroberung einer Insel ist eine recht schematische Veranstaltung: Man kreuzt mit ausreichend Feuerkraft vor der Insel auf, beschießt Küstengebäude, denn nur die kann man beschießen und ist die Feuerkraft groß genug, gehört einem irgendwann die gesamte Insel, während sich die Truppen in 1503 und 1404 noch Kontor für Kontor vorankämpfen mussten.
Seeschlachten im Anno 1800 sind dagegen optisch natürlich eine Augenweide, selbst die Windrichtung spielt beim Kampf zwischen Segelschiffen eine nicht unbedeutende Rolle.

Viele Annospieler nutzen den Militärpart gar nicht, die spielen entweder ganz ohne Computergegner und ohne Piraten oder nur mit den leichten, die nie von selbst aggressiv werden. Das kann man so machen, es gibt kein richtig und kein falsch beim Anno spielen. Mit Aufbau und Handel kann man auch schon gut beschäftigt sein.
In der 1404-Venedig-Edition oder in Anno 1800 können Inselanteile auch gekauft werden, man muss aber damit rechnen, dass der, dem die Insel abgekauft wurde, darauf mit einer Kriegserklärung reagiert. Das klingt jetzt unlogisch, man zahlt zwar Geld für den Inselanteil, die Kohle geht aber wohl nicht an den Inselbesitzer, was den logischerweise verärgert. Statt Kauf würde ich es eher feindliche Übernahme nennen.