Der Case für Monkey Island 4

OK, vielleicht ein zu kontroverses Thema um hier die Diskussion aufzumachen, aber mich interessiert tatsächlich die Meinung der Gruppe.

MI4 ist nun seit 2,5 Dekaden der wohl verschmähteste Teil seiner Reihe, auch Christian und Gunnar haben den einen oder anderen Seitenhieb bereits von sich gelassen.

Aus meiner Sicht ist das Spiel deutlich besser als sein Ruf und eines der wenigen, das mich überrascht positiv aus einer Wiederspielrunde entlässt - während ein Wiederspielen der meisten anderen Teile doch eher oft das nostalgische Gefühl wieder einfangen.

Ich starte mal mit ein paar Argumenten:

  1. Die 3D-Grafik ist schlecht gealtert, wie alle 3D-Grafiken der Zeit. Die Kombination mit den handgemalten Hintergründen ist an sehr vielen Stellen aber echt schön (Lucre Island Town, Melee Island…)
  2. Die Tank-Steuerung wird oft kritisiert, war damals aber normal und lässt sich recht schnell auf Spieler-Steuerung umschalten
  3. Die Puzzles denken viele Adventure-Standards ein ganzes Stück weiter (OK, Monkey Kompat war furchtbar, ich weiß). Der Sumpf der Zeit ist m.E. eine wunderbare Rätselkette, nicht weil sie schwierig ist, sondern weil sie Atmosphäre echt stark mit Rätseln verknüpft
  4. Elaine ist endlich als Figur emanzipiert und hat eine starke Rolle als Gouverneurin
  5. Ozzie Mandrill ist endlich ein glaubwürdiger Bösewicht - m.E. in der Anlage der Figur stärker als LeChuck in den meisten Serienteilen
  6. Die Popkultur-Anspielungen auf Jamalaya sind nicht unbedingt perfekt gealtert, aber die Gesamtidee der karibischen Urlaubsinsel mit all den kleinen Details ist echt stark - ich muss heute noch oft daran denken, wenn ich Orte besuche, die von US-amerikanischem Tourismus besuche
  7. Die Musik von Michael Land hat m.E. einige der stärksten Stücke der Serie

Damit ist Escape from Monkey Island sicherlich nicht meine #1 oder 2 im Ranking (ich stehe für 2, 3, 1, 6, 4, 5, aber ein sehr solider Titel der Serie, deutlich besser als sein Ruf und auch deutlich besser als viele andere Adventures der 2000er Generation.

Meinungen?

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Ziemlich genau diese Gedanken hatte ich vor wenigen Jahren beim Wiederspielen auch. Wobei ich die direkte Steuerung in dieser Form doch für lästig halte. Warum da bisher niemand einen Maus-Patch erstellt hat, ist rätselhaft. Für Grim Fandango hat das ja auch jemand gemacht und sie haben das sogar dann für die Remaster-Version genutzt. Weil es die gleiche Engine ist, sollte das doch irgendwie machbar sein.

Ich habe mich jedenfalls nach dem Spielen hingesetzt und ein bisschen in Adventure Game Studio versucht, das als klassisches Point & Click umzusetzen. Ich habe da auch mit Photoshop die Schauplätze etwas umgebaut. Denn etwas, was ich beim Original nicht so gelungen finde, ist das ständige Umschalten der Kamera.

Aber grundsätzlich fand ich MI4 ein echt solides Spiel, mit schönen Rätseln. Nur eben mit unnötig umständlicher Steuerung und nicht ganz so schöner Grafik (die Charaktere und mangelde Details).

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Hallo Felix,

für „unpopuläre Meinungen“ bin ich erst einmal immer offen :smiley: .
Die Story, Rätsel und Figuren - da gehe ich völlig mit - fand ich auch immer gut.
Die Steuerung ist m.E. aber eine Vollkatastrophe und ich habe mich im gesamten Spielverlauf nicht daran gewöhnen können.
Den 3D-Grafikhype dieser damaligen Zeit empfand ich ebenfalls furchtbar. Die Grafik ist nicht nur schlecht gealtert - ich fands damals schon überhaupt nicht schön und empfand es als riesigen Rückschritt zur wunderschönen Grafik von MI3 (die selbst heute noch wundervoll aussieht). Und diese beiden Punkte lassen dieses Spiel für mich so negativ dastehen, obwohl es das, wie du richtig sagst, gar nicht in allen Punkten ist.
Ein guter Hinweis mal seine eigene Meinung zu hinterfragen.

Lieben Gruß und viel Spaß dir hier
Sebastian

Ich fand den Teil damals sehr gut, sogar besser als Teile 2 und 3. Mochte die Grafik sowie die Zwischensequenzen und die Rätsel haben in meinem Fall gut den Spagat zwischen Frust und Aha-Erlebnissen hinbekommen. Die Steuerung ist der einzige Kritikpunkt.

Ich finde, dem Spiel mangelt es halt in erster Linie gänzlich an Charme - etwas, das ein gutes Comic-Adventure immer braucht und die ersten drei Spiele so stark gemacht hat.

Das liegt ein Stück weit an der Grafik und der Steuerung, aber sicher auch daran, dass in die ersten drei Spiele halt wirklich Liebe und Ressourcen geflossen sind, in jeglicher Hinsicht.

EMI hingegen merkt man imo schon an, dass es zu einem Zeitpunkt kam, als Adventures als tot galten, man nicht so recht wusste, wo man mit dem Genre überhaupt noch hin will (oder hin kann) und deshalb einfach alles halbgar und halbherzig zusammengeworfen hat: ein bisschen 2D/3D, ein bisschen Tanksteuerung, ein bisschen „Best of“ der Vorgänger und so weiter … (Elaine empfand ich auch schon wesentlich früher als emanzipiert.)

Das Spiel war LucasArts zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich völlig gleichgültig, und das spürt man an jeder Ecke. Es ist nicht so unsäglich wie die Telltale-Serie, aber mein Spaß beim erneuten Spielen vor ein paar Jahren war gleich null. Kann ich nicht von vielen Adventures aus der Ära - beziehungsweise dem Jahrzehnt zuvor - behaupten.

Edit: Die Wertungen damals fielen aber doch sehr ordentlich aus, Herr Lott etwa war recht angetan. Hatte die Berichterstattung negativer in Erinnerung.

Mit Panzersteuerung an sich habe ich kein Problem, im Gegenteil, ich bin riesengroßer Fan klassischer Survival Horror Titel wie Resident Evil, Dino Crisis und Silent Hill, die ja alle die Steuerung nutzen, und die ist mir dort in Fleisch und Blut übergegangen.

In Monkey Island 4 ist sie einfach nur hundsmiserabel umgesetzt. Ständig stößt man an unsichtbare Begrenzungen, an denen Guybrush dann nicht stehen bleibt oder „gegen die Wand“ läuft, wie in oben genannten Titeln, sondern er dreht dann einfach um und läuft eine Kurve oder ähnliches. So rennt man dann ständig komplett bescheuert im Kreis, weil man die Lücke, wo es z.B. in einen Pfad oder zwischen zwei Gebäude geht, um Zentimeter verfehlt. Oft habe ich deswegen Orte gar nicht oder erst nach zig Versuchen gefunden, weil ich ständig dachte, da gehts halt nicht weiter.

Auch mit Gegenständen in der Levelumgebung zu interagieren war ein Graus, weil man sehr nah hin musste, damit sie überhaupt von der Kontextzeile erkannt wurden, und wenn dann mehrere nebeneinander lagen war es ein einziges Gefummel, das richtige zu erwischen. Auch hier habe ich dann oft Sachen erst nach X Versuchen und gelegentlich einer Lösung überhaupt erst gefunden.

Wusste gar nicht, das es den gab :scream_cat:

Wie weit bist du denn mit deiner eigenen Version gekommen? Hast du die veröffentlicht?

Nein, veröffentlicht ist da nix. Ich habe nur mal zwei Tage rumprobiert und Jambalaya Island „nachgebaut“. Hauptsächlich habe ich die Gebäude freigestellt und neu arrangiert, dass man mit 2-3 Ansichten ein eher klassisches Erlebnis hat. Das war nur für mich und um es „aus dem System“ zu bekommen.

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Mir hat das Spiel inhaltlich damals gut gefallen.
Hätten sie es einfach in 2D als Point&Click gebaut, wäre es sicher besser angekommen.

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Grim Fandango basierte ja auf derselben Engine und hat irgendwann in der Remaster-Version eine Maussteuerung spendiert bekommen. Ich frage mich, warum das für MI4 nicht gereicht hat.

Für sich genommen ist Monkey Island 4 ein gutes Spiel - aber es stand damals für mich und meinen Freundeskreis in direktem Vergleich zu etwa Grim Fandango und natürlich Monkey Island 3.

Die Steuerung hat mir persönlich nichts ausgemacht. Ich fand ME4 wahnsinnig hässlich, gerade im Vergleich zu ME3. Grim Fandango hat die Spielwelt so aufgebaut, dass sie gut zu den Limitierungen der damaligen 3D-Technologien passte - Haare etwa müssen nicht animiert werden, weil niemand Haare hat. In Monkey Island hingegen fällt es total ins Auge, dass die Haare dort eigentlich eher Helme sind.

Aber der eigentliche Punkt für uns damals war, dass Monkey Island 4 weniger „memebar“ war, und mehr Themen verhandelt hat, die wir nicht verstanden haben. Die Beleidigungsduelle aus ME3 konnte man wunderbar in der Schule zitieren, und die grundlegende Story (Freundin ist in Gold verwandelt, ein brennender LeChuck baut sich eine Skelettarmee auf) ist gut zu verstehen. In ME4 fehlen solche „zitierbaren“ Perlen, ausser halt wenn man „Ooop Aaagh Cheep“ brüllen will. Aber selbst dann weiß man ja nicht wer dann gewinnt. Und die Themen waren viel schwergewichtiger. Die Bedrohung durch die Verwandlung von Pirateninseln in Touristenfallen ist dann doch weniger greifbar als brennende Dämonen. Und viele Referenzen haben wir einfach nicht verstanden: Starbuck’s beispielsweise war damals in Deutschland sehr selten, und ich glaube, von Planet Hollywood gab es jemals nur ein einziges Restaurant in Deutschland. Die Witze zündeten also weniger.

Am Ende haben wir es mit Spaß durchgespielt, aber dann auch wieder schnell vergessen.

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Ich habe Monkey Island 4 seit wohl zwanzig Jahren nicht mehr gespielt. Deswegen kann ich eigentlich kaum etwas seriöses zu dem Spiel sagen. Ich habe es aber abgespeichert, als das schlechteste Monkey Island, aber für sich genommen ein Spiel, was ganz okay ist. Die Steuerung konnte mir damals mit Sicherheit nicht gefallen haben, ich habe sie aber auch nicht als besonders nervig in Erinnerung. Bei Grim Fandango konnte ich mich mir ihr arrangieren, dann wird es wohl auch bei Monkey Island 4 geklappt haben. Zur Story und den Rätsel kann ich jetzt eher weniger sagen, dazu müßte ich das Spiel mal wieder spielen, was ich vor meinen Tod auch erledigen will (habe ja noch, gefühlt 50+x Jahre Zeit). Über die Grafik kann ich auch weniger sagen. 3D in einem Adventure fand ich damals wohl unpassend und nicht so schön, wie die Zeichentrickgrafik aus dem dritten Teil. Muß das Teil mal wieder spielen.