J’ACCUSE!
Ich klage an! Ja, ich klage an – euch, die ihr euch die Macher dieses verfluchten Podcasts nennt. Euch, die ihr es gewagt habt, mit eurer absurden Perfektion mein bescheidenes Hörvergnügen zu ruinieren. War ich nicht einst ein zufriedener Mensch? Konnte ich nicht einst sorglos durch die Welt schlendern, einen x-beliebigen Podcast wählen und mich an seiner Mittelmäßigkeit erfreuen?
Doch nein! Ihr habt es mir genommen, dieses einfache Glück.
Ihr mit euren durchdachten Recherchen, eurer makellosen Dramaturgie, eurer betörenden Klangqualität.
Mit dem perfekten Schnitt. Mit den wohl kuratierten Kapitelbildern.
Chris mit seiner fast schon pedantischen Akkuratesse…
Gunnar, der sich selbst an seinen elaboraten Englisch-Kenntnissen fast so sehr ergötzt wie die Hörerschaft.
Fabian mit seinen Spezialkenntnissen bei den Konsolen.
Henner mit seiner Hingabe an obskure Technik.
Rahel mit ihrer Liebe zur Literatur.
Christian Beuster mit seiner radiotauglichen Stimme.
Ihr habt mich verdorben! Wie ein bösartiger Trank hat sich eure Brillanz in meine Ohren geschlichen und mein Geschmacksempfinden für immer zerstört.
Ich klage euch an, weil ihr mich in ein Dasein der Unzufriedenheit gestoßen habt! Kein anderes Format kann mich mehr begeistern, keine andere Erzählstimme vermag es, mich noch zu fesseln. Alles klingt hohl, billig, leblos, schlecht recherchiert, schlecht vorgetragen, schlecht aufgenommen – verglichen mit euch, den Architekten meiner Misere. Ich irre durch die Streaming-Dienste, verzweifelt auf der Suche nach einem Hauch der Exzellenz, die ihr mir eingebrannt habt – doch vergebens.
Ihr seid schuld an meiner Rastlosigkeit, meiner Verzweiflung, meinem ruinierten Podcast-Konsum. Ich klage euch an, weil ich euch liebe – und euch dafür hasse!
J’ACCUSE!
Verzeiht mir den Ausbruch, sowie die billige Nachahmung von Emile Zola. Aber ich habe eben zwei Dinge beendet: Ein Buch über die Affaire Dreyfus, welche zu dem berühmten J’ACCUSE…! von Zola führte (zumindest Rahel wird das wissen) und die erfolglose Suche nach für mich noch hörbaren Podcasts. Ihr habt das Niveau leider auf eine Stufe gehoben, das keiner mehr erreicht.
Chapeau!
Ich hoffe, dass mir nun nicht Exil droht wie damals Zola, der für den Schrieb zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde, und die Flucht diesem Schicksal vorzog. Auslieferungsabkommen gabs damals wohl noch keine…