Warum gibt es in modernen Spielen keine Rätsel mit freier Eingabe mehr, also offene Rätsel?
Bei alten Spielen wie Bard‘s Tale wurden dem Spieler noch Rätsel gestellt wo man die Antwort in ein freies Textfeld eingeben musste.
Bei vielen alten Spielen wie D/Generation oder System Shock findet man Passwörter oder Codes, die man dann manuell eingeben muss.
In modernen Spielen gibt es das nicht mehr. Stattdessen werden einem Multiple Choice Eingaben geboten, oder das Rätsel automatisch gelöst wenn man vorher die Lösung irgendwo gefunden hat. Oft werden derartige Rätsel komplett vermieden.
Ich finde das total schade, weil man diese modernen Rätsel oft durch simples Herumprobieren lösen kann. Das Erfolgserlebnis ist auch nicht dasselbe, als wenn man die Lösung selber eintippt.
Gibt es einen Grund dafür, dass offene Rätsel irgendwann einfach nicht mehr benutzt wurden?
Vermutlich weil es in pre-Internetzeiten arge Probleme mit Übersetzungen gab. Ich würde das mal so halb auf freie Dialogsysteme übertragen. Allein wenn Wortsinn vom Englischen ins Deutsche übersetzt wird und wir uns dann noch fragen, ob das Programm richtig mit Umlauten etc. umgehen kann, wird es spannend.
Wird dann spannend, wenn Übersetzungen kontextfrei erfolgen oder zwei Sätze, die an unterschiedlichen Stellen genannt werden müssen, unterschiedlich übersetzt werden. Habe da div. Erinnerungen an die deutsche Fassung von Wizardry 7.
Ansonsten ist die Begrüdung warum es das bei Rätseln heute nur reduziert gibt einfach, dass die meisten Leute die Lösungen eh googeln und sich überhaupt nur durch einmalige Versuche bei Multiple Choice zu falschen Antworten hinreißen lassen.
paar spontane Gedanken dazu, etwas unsortiert (sorry, bin gerade im Supermarkt ):
gamedesign-technisch ist das zufällige Lösen eines Rätsels inzwischen eher verpönt und nicht mehr als „gutes“ Design angesehen (z.b.: Zufall sollte kein Erfolgsfaktor sein), auch wenn einige (viele?) Spieler - so wie du es auch beschreibst - das eigentlich als unterhaltsam und/oder befriedigend empfinden
Spiele erschienen mittlerweile häufig für verschiedene Plattformen, etwa auf PC und auf Konsolen - auf letzteren ist Texteingabe üblicherweise nicht besonders komfortabel oder effizient umsetzbar
generelles streamlinen und glattbügeln von Spielerfahrungen, siehe auch das Aufkommen von UX (user experience) als gefragte Disziplin in der Spieleentwicklung; Spieler werden viel mehr an die Hand genommen, etwa um das onboarding zu erleichtern (gerade bei AAA Titeln aus Gründen der wirtschaftlichen Risikominimierung)
die Punkte bzgl Lokalisierung und Google die @Kreios anbringt sind auch gut
Das Thema Plattformen passt für mich aber auch ganz gut - sobald ich am Controller oder an der Switch Texteingaben machen soll, bin ich raus (obwohl die Switch Touch hat). Bricht die Immersion und nervt bei 2-Meter-Menschen mit dicken Wurstfingern
Ich finde gerade so Zahlencode-Einsammelrätsel total öde, je nach Setting mag das ja 1-2x gehen aber danach ist es doch nur noch nervig (zumal ich es komplett bekloppt finde das man in Deus Ex oder System Shock noch mit so Zahlenkombis hantiert, das müssten die Maschinen der Zukunft doch easy brute forcen können oder direkt gleich das Gehirn der Besitzer hijacken).
Ansonsten gebe ich Zahlenkombis immersiv nur über das physische Numpad einer Tastatur ein, alles andere macht so gar keinen Bock, auch touch nicht - sorry. Und das ist ja heute nicht mal auf echten Tastaturen mehr ein fester Bestandteil des Eingabegerätes.
Davon ab finde ich generell so textbasierten Rätselkram einfach die schlechteste Form eines Rätsels, zumindest im Computerspiel, wo ja viel mehr Freiraum besteht Aufgaben zu designen - als es möglich wurde ganze Räume im Einklang mit den Fähigkeiten der Spielfigur zu einem Rätsel zu machen (Tomb Raider), sahen so „Enter the magic word: _?“ prompts doch sehr, sehr alt aus.
Eine Reinaissance kann ich mir nur vorstellen wenn die Computerseite so Chatbot-mäßig funktioniert und freiere Antworten zu freien Eingaben möglich sind - also das was im Pen & Paper quasi schon immer geht. Aber auch das dann wahrscheinlich eher sprachgesteuert als über freie „parser“ Eingabe.
Solche Passwörter/Code Rätsel finde ich ehrlich gesagt immer sehr schwach und aufgesetzt.
Ich würde aber sagen, dass Signalis einige interessante spielimannente Rätsel hat, bei denen man nicht einfach 2 Gegenstände zusammenklickt, sondern auch mal im Rahmen der Spielwelt überlegen muss.
Sicher gibt es auch andere Beispiele im Indie und double A Bereich, aber ich glaube für heutige AAA-Spiele ist dieses Design einfach zu „frei“ - diese Spiele sind darauf optimiert, dass der Spieler nie auch nur eine einzige Sekunde verwirrt ist. Hoher Schwierigkeitsgrad im Sinne von Grinding (wo eigentlich klar ist, was man tun muss) ist okay. Aber wenn die Spieler auch nur so leicht verwirrt sind, dass 1% an einer bestimmten Stelle abbrechen - das ist zu viel, fällt im Testing sofort auf, und wird beseitigt.
zumal ich es komplett bekloppt finde das man in Deus Ex oder System Shock noch mit so Zahlenkombis hantiert, das müssten die Maschinen der Zukunft doch easy brute forcen können oder direkt gleich das Gehirn der Besitzer hijacken
Wenn das Keypad die Anzahl möglicher Eingaben pro Zeiteinheit beschränkt, dann kann selbst die beste Maschine der Welt einen Zahlencode nicht einfach per brute force gleich lösen.
Dasselbe Prinzip kommt auch unter Windows zum Einsatz, mit BitLocker und dem PIN zum Entsperren des Computers.
Ich find solche Rätsel heute eher immersionsbrechend. Früher war es ja noch ganz cool, wenn die NSF-Terrorsiten „Smashthestate“ als Passwort nutzen. Aber heutzutage hat jedes Grundschulkind ein sichereres Passwort. Und realistische Passwörter einzugeben macht nun wahrlich keinen Spaß. Von den ganzen vierstelligen PINs ganz zu schweigen. Settings mit Computern fallen für sowas heute also schonmal raus für die freie Eingabe.
Wohlig erinnere ich mich aber an Fable 2. Dort musste man an einer Stelle ein Passwort durch Schlagen von mit Runen markierten Steinen eingeben.
Und insgesamt macht es nun keinen Spaß ein Wort einzugeben. Da gibt es doch wahrlich spannendere Möglichkeiten in einem Spiel ein Rätsel zu konstruieren.
Ich finde das galt eher in den 00er Jahren. Mittlerweile ist das zeitweise Scheitern oder Verwirrtsein doch wieder salonfähig.
Hättest du da zufällig ein Beispiel aus dem AAA Bereich parat? Ich habe das Gefühl, im AAA Bereich waren die Rätsel und das Spielerlebnis noch nie derart von der Stange wie momentan. Ich werde aber auch älter und spiele nicht mehr viele davon, kann mich also auch komplett täuschen. Außer du meinst sowas die Dark Souls Reihe - die gelten als schwieriger, schon klar, aber es ist ja jederzeit klar, was zu tun ist - man muss nur trainieren, um es auch zu erledigen. Ich denke da eher an Spiele, in denen „out of the box thinking“ verlangt wird.
Zuerst möchte ich die Welten von Zelda: Breath of the Welt und Elden Ring nennen. Dort würde ich durchaus behaupten, dass nicht immer klar ist, was als nächstes zu tun ist. Als Spieler ist man sogar so frei, dass man sich komplett seinen eigenen Weg suchen kann. Wo man in Elden Ring mit etwas Sucherei hinkommt, ohne auch nur einen Boss besiegen zu müssen, ist der Hammer! Die Reise durch die Welt an sich wird zum Rätsel. Und dabei geht es nicht darum, irgendwie die Physik oder Geometrie auszutricksen. Und ist so deutlich anspruchsvoller als das stark geleitete Reisen in Hot-Spot-verseuchten Ubisoft-Spielen. Ebenfalls kommt es vor, dass ein vermeintlicher Pfad in eine Sackgasse führt.
Außerdem anführen möchte ich das Remake von Resident Evil 2. Dort begegnet einem recht früh im Spiel Mr X, der einen über einen längeren Zeitraum unerbittlich und unverwundbar durch das offene Polizeirevier verfolgt. Man ist ständig gezwungen seinen Weg und Vorgehen anzupassen, um zu seinem Ziel zu kommen. Das von mir geliebte Original ist im Vergleich furchtbar statisch und langsam, die vielen Passworträtsel und Safe-Kombinationen verlangsamen es weiter.
Red Dead Redemption 2 verlangt zwar kein „out of the box thinking“ man kann es aber trotzdem nicht als Spielerlebnis von der Stange bezeichnen. Die Fülle an Mechaniken wirken weniger als Mini-Spiele denn als Wild-West Simulation, in der alle Aktivitäten ihre Zeit dauern. Man muss sogar sein Gewehr erst vom Pferd holen, bevor ich damit schießen kann. Ich rechne es dem Spiel hoch an, dass es sich traut so unbequem zu sein.
Die Passwortvoraussetzungen so ziemlich jedes Onlinedienstes verlangen ein komplizierteres Passwort als es die Weltverschwörer bei Deus Ex haben. Dadurch verlieren sie heutzutage an Bedrohlichkeit finde ich.
Na und? Ich find’s trotzdem dämlich, dass Majestic 12 etc noch nichts von Finger- oder Irisscanner gehört haben.
Danke für die Antworten! Breath of the Wild ist tatsächlich ein Beispiel, das ich selber gespielt habe, und das auch oft genug (und zurecht) für diese Qualitäten gelobt wurde. Ich denke, die Tatsache, dass es derart über den grünen Klee gelobt wurde, zeigt aber schon, dass es sich in diesen Punkten sehr vom momentanen Standard unterscheidet.
RDR 2 hab ich schon sehr lange auf der Festplatte, und werde es auch sicher bald ™ einmal anfange. Hab da auch schon sehr viel positives gehört. Und interessant, dass du auch ausgerechnet das Remake eines sehr alten Spiels hier aufführst wobei sich ja das Remake deiner Beschreibung nach vom Original in diesem Punkt unterscheidet. RE2 habe ich aber tatsächlich nie gespielt (Asche über mein Haupt), deswegen kann ich dazu nicht viel sagen.
Als Gegengewicht möchte ich mal kurz meine negativen Gegenbeispiele anführen: GoW und GoW Ragnarok. Beides Spiele, die ich sehr, sehr genoßen habe, aber in denen die Rätsel wirklich übelster Einheitsbreie und eine einzige Abklapperei von immer gleichen Hotspots sind. Ähnliche Erfahrungen hatte ich auch in Last of Us 1 und 2 und den neuen Spider Man Titeln. Alles sehr spaßige und perfekt durchinszenierte Titel, aber die „Rätsel“ hatten wirklich alle sehr die Anmutung von „such mal nach dem richtigen Hotspot und klick da drauf“. Vermutlich war das früher nicht mal besser, und meine Erinnerung trügt mich nur
Die beste Maschine würde dann aber vielleicht direkt den Schließmechanismus „angreifen“ und einen fake-öffnen Befehl senden und so die Zahlenkombi komplett umgehen oder hat irgendwelche Nanomaschinen die direkt die Komponenten zersetzt wenn wir jetzt von einem physischen Container wie in den beiden Spielen sprechen. Und wie gesagt, da ja Leute alle mehr oder weniger augmented sind in diesen Welten und der Datenverkehr in der Regel überwacht wird, müsste es für Software die sich nicht an die Spielregeln hält ein leichtes sein an sowas ranzukommen. Ich denke da an gehackte Augen-Feeds, direktes Anzapfen der im Gehirn gespeicherten Erinnerungen, Auslesen irgendwelcher Aufzeichnungen von Sicherheitskrempel, bis hin zum Fernsteuern der Person oder den Keylogger für Cyberhände - vielleicht kriegt man die Zahlenkombi auch in Zukunft nicht raus, aber der Rest der Welt wird schon hackbar bleiben und irgendwelche Schwachstellen haben. Vielleicht ist es aber auch alles viel einfacher und man steht einfach Ghost in the Shell-Style mit thermooptischer Tarnung daneben, während jemand seine Nummer eintippt und spart sich so das Eingeben.
Bei einer Netzanwendung finde ich es sogar noch unverstellbarer das sich sowas wie Shodan (die ja im Prinzip das Netzwerk ist) irgendwie aussperren ließe mit einer 4er Zahlenkombi, im Zweifelsfall hätte es ja Zugang zum Programmcode, jedweder Übertragung zwischen der Schlosssoftware und dem Client und könnte den in Ruhe nach Lust und Laune reverse-engineeren, entschlüsseln und auf Schwachstellen oder die Zahlenkombi abklopfen usw. usf…
Ich denke jedenfalls das eine hochtechnisierte Welt in der der Übergang zwischen Mensch und Maschine fließend ist eher noch viel mehr Möglichkeiten für Schindlunder bietet als das heute mit scams, phishing und co. der Fall ist und finde die Zahlenschlösser daher weiterhin anachronistisch bis albern (mal ganz davon abgesehen das es ja auch übermenschliche Stärke und/oder absurde Waffensysteme geben wird, das mit der brute force also auch wörtlich genommen werden kann).
Also bei diesen Axtwurf-Rätseln bei GOW musste ich schon etwas um die Ecke denken, wie ich da welchen Schalter in der richtigen Reihenfolge treffe. Das fand ich irgendwie innovativ, wie ein Boomerang!
Aber klar ein offenes Rätsel wie bei Bard’s Tale, unter dem Motto „Ich habe keinen Körper und kann trotzdem Wände umwerfen“ wo dann so eine Antwort wie „Der Wind“ eingetippt werden muss, ist nochmal was völlig anderes.