Ausgefragt, Folge 9

Wieviele Leute ich auf LinkedIn wegen Corona-Geschwurbel korrigiert habe, um den Unsinn nicht für sich stehen zu lassen und damit den Mitlesern eine sachliche, weil belegbare, Gegenposition zu bieten…bin da voll bei Gun.

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Ich dachte teilweise, ich wäre auf FACEBOOK…

Ja voll, das ist auf LinkedIn oft so. Aber gerade drum - ich bin aufgrund meines Berufs in einer privilegierten Position und habe das als Zivilcourage verstanden, die Diskussionen durch konkreten Literaturbezug zu versachlichen.

Ich hatte weder Prat noch Küche verstanden, ich musste zurückspulen und habe das nur mit Konzentration und Fokus so gehört. Ich hab kurz hinterfragt ob vll die Audioverbindung schuld sein könnte oder ob ich plötzlich taub bin oder sonst was.
Num zugegeben, ich komme aus Bayern und war lange im Oberfränkischem Exil.

Sehr interessant immer wieder wie die Gewohnheit Dinge zu hören und zu sagen da offensichtlich ganz anders ist :smile:

Sowas finde ich immer super interessant: Wie sagt man zu fremden Orten, vor allem wenn wie hier Sprachelemente im Spiel sind, die in der eigenen Sprache überhaupt nicht existieren.

Erst mal ohne diese Elemente: Japan ist in Japan nicht Japan, sondern „Nihon“. München wird im Rest der Welt meist wahlweise „Munich“ oder „Monaco (di Bavaria)“ genannt, ersteres mit recht unterschiedlicher Sprache, je nachdem wo man gerade ist (z.B. England „mjunik“ und Frankreich „mü-nik“). Köln („Cologne“) kennt was ganz ähnliches.

So, jetzt wird’s interessanter. In Japan heißt München „myun-hen“, da hat man sich also an der deutschen Aussprache orientiert, aber nicht konsequent. Das geht auch gar nicht vollständig, denn „mu“ und “myu” ist ein Ding im Japanischen, „mü“ schlicht und ergreifend… nicht. In China klingt es dann in etwa wie „Muni-hey“, aber jetzt wird plötzlich die Tonhöhe relevant. Das wird mehr „Muni-HEY!“ ausgesprochen, und wenn man das nicht tut, ist’s ein anderes Wort.

Beliebtes Lehrbeispiel: Das chinesische Wort „ma“ bedeutet wahlweise Mutter, Pferd, Hanf, Schimpfen, oder ist ein Fragepartikel, je nachdem in welcher Tonhöhe und ob man’s steigend, fallend, oder beides ausspricht. Da kann man unangenehm daneben greifen!

Meiner chinesischen Frau scheint es egal zu sein, ob ich China „Tschai-na“ (wir leben in den USA) oder „Kina“ (ich bin aus Bayern) ausspreche. Sie spricht auch meinen Vornamen „englisch“ aus, genau wie manche deutsche, weil er sonst einen Nasallaut enthält, der sehr schwierig ist. Uns passt das so, aber das sind natürlich individuelle Vorlieben, und eine generelle Antwort auf die Frage hab ich nicht.

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Noch eine Sprachanekdote, weil’s so schön reinpasst: Meine Frau lernt deutsch, unter anderem über Videochat. Sie ist auf ziemlich gutem Konversationsniveau mittlerweile.

Eines Tages hat sie dabei gelernt, dass man Worte die mit „-ig“ enden, als „-ich“ ausspricht, also zum Beispiel „richtig“ als „richtich“.

Ich war erst mal baff.

Klar sagt man das manchmal, vor allem in übertriebenem Slang („das macht mich RICHTICH sauer“), aber doch nicht grundsätzlich, und erst recht nicht formell?

Sie sagte aber, die Lehrerin betonte, dass das eine Regel sei. Vielleicht spreche ich ja falsch! Hab dann, rhetorisch und mehr für mich gefragt, ob diese Lehrerin denn auch „Könich Ludwich“ statt „König Ludwig“ sagen würde, das sei doch völlig abstrus?

Hab also auf YouTube nach einem Video über König Ludwig gesucht und… war wieder baff. Tatsächlich, da war ständig vom „Könich Ludwich“ die Rede. Meine Welt war umgedreht. „Der Könich!“ War meine Brezn jetzt also auch „salzich“? Die Brotzeit „zünftich“?

Hatte ich mein ganzes Leben lang einen Sprachfehler?

Moooment. Jetzt probieren wir das ganze nochmal, aber suchen dieses Mal eine Doku vom Bayerischen Rundfunk.

Mein Puls ging runter, ich verstand die Welt wieder. Da war mehrmals ganz deutlich vom „KöniG LudwiG“ die Rede. Nix mit „-ch“-Lauten.

Das lustige ist, dass mir dieser Unterschied vorher nie aufgefallen war, trotz hunderter oder gar tausender Stunden Podcasts aus aller Herren Bundesländer!

Und tatsächlich wurde es bei meiner Frau dann manchmal interessant, denn auf einmal fiel ihr auf, dass sie von manchen LehrerInnen korrigiert wurde, wenn sie „richtich“ sagte, und von manchen wenn sie „richtig“ sagte. Da wussten wir dann immer gleich, aus welcher Region die heutige Lehrperson wohl ungefähr stammt…

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Also ich bin da voll bei dir, was den Sprachfehler angeht. Der Duden sagt auch: Dasselbe gilt auch für die Buchstabenfolge -ig : Auch hier wird das auslautende -g standardsprachlich nicht wie ein k [k] gesprochen, sondern wie der Reibelaut in dem Wort ich . Das gilt für Wörter wie König, Honig, eilig, sperrig und viele andere Adjektive auf -ig .

Das scheint aber fast niemand zu wissen. Und ich kenne auch Leute, vorzugsweise aus Norddeutschland, die das anders rum falsch machen. Die wird dann aus einem gefährlich schnell ein gefährlig.

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-ig am Wortende als „-ich“ auszusprechen, ist nicht nur in Bayern, sondern auch in Österreich komplett unüblich und wird am ehesten als deutscher Dialekt wahrgenommen. Wenn da ein g steht, wird auch ein g gesprochen. :slightly_smiling_face: In Österreich ist das die standardsprachliche Aussprache.

Deutsch ist halt eine plurizentrische Sprache.

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Nee, du, nee. Das ist einfach nur Dialekt. Zu diskutieren was da “richtig” (richtich? :sweat_smile:) sei ist in etwa so fruchtvoll, wie darüber zu streiten, ob die Brötchen jetzt Semmeln oder Schrippen heißen. Die Leute sprechen aus wie sie’s in ihrer Region kennen und gelernt haben, daran ist nix falsch. Da kann auch der Duden nicht präskribierend sein.

Mir ging’s ja nur darum, dass mir dieser feine aber deutliche Unterschied, anders als die Schrippen und Semmeln, in über 40 Jahren Medienkonsum bisher nie bewusst aufgefallen ist. Und manchen Sprachlehrern meiner Frau anscheinend auch nicht.

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Also als Kind hab ich auch immer alles mit -ich statt -ig gesprochen (glaub weil mein Opa aus Hamburch kam und ich war halt viel bei meinen Oma und Opa als Kind, da lernt man dann so Wörter wie Kawentsmann und so :joy_cat: ), das hab ich mir aber irgendwann abgewöhnt, weil so schreibt man das ja gar nicht.

Glaub das war der einzige Dialekt den ich je hatte :joy_cat:

Meine Kollegen aus dem Osten (Berlin, Leipzig) machen mich immer wahnsinnig, die sagen immer „freigeschalten“ und sowas, dabei ist das echt falsch (auch wenn das halt regional in Deutschland so verwendet wird, habs nachgelesen), weil das heisst ja „freigeschaltet“. Und das machen die noch mit ganz vielen anderen Worten, also allen, mit der gleichen Endung, alle gleich falsch :weary:

Das is mir zu anstrengend bei soviele Kollegen die das falsch machen, ich leide still vor mich hin :joy_cat:

Als Kind hab ich „zu“ und „nach“ falsch gemacht, hab immer gesagt „wir fahren nach“ egal um was es ging. Und „einzigste“ hab ich falsch gemacht. Aber finde, wenn man mit Multiversen aufwächst, ist das schon Logisch, das es noch einziger als einzig gibt. Wenn man ganz alleine ist und in keinem anderen Paralleluniversum eine Version von dir existiert, ist das schon irgendwie „einzigste“, oder? :rofl:

Das is übrigens auch beim Englischen, wenn da ein g oder d steht am Ende, dann spricht man das auch so. Das musste ich mir auch erst mal umgewöhnen. In Deutsch sprechen wir ja so schluderig, wenn am Ende des Wortes ein g oder k steht hört man nicht raus, weil wir das genau gleich wie ein k sprechen und bei d und t genauso, weil wir nur ein t sprechen.

Und das ist neben dem th, was viele nicht können, dann immer wie man raushört ob einer Deutscher ist, wenn er englisch spricht. Weil wenn man genau hinhört, dann hört man total raus, welche Buchstaben die sprechen. In Deutsch verschlucken wir zu viel oder sprechen zu unsauber. Und viele sprechen dann genauso englisch wie sie deutsch sprechen obwohl das ne andere Sprache ist mit anderen Regeln, ja anderen Melodien ist.