Der freundliche Gender-Diskussionsthread

Also mich haben viele der Beiträge hier bereichert

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Finde ich auch, naja, bei den lautstarken Gegnern war tatsächlich wenig Erhellendes dabei. Aber genau wie beim Gendern wird niemand zum Mitmachen gezwungen.

Ich finde es schon bedenkenswert, dass beim Weitverbreiteten LGBTQ+ Begriff dann alles bunt durcheinander gewürfelt wird….

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Judith Butler ist lesenswert; man sollte aber nicht den Fehler machen sie zur Messias(?) der Emanzipation zu machen. Es gibt durchaus gerechtfertigte Kritik an ihren Arbeiten.

Und schauen wir in die Realität, dann müssen wir schon anerkennen, dass wir als Gesellschaft sehr intensive und prominente Debatten um Repräsentation führen (da würde ich das Genfern mal grob einordnen) und eben in aller Heftigkeit einen Kulturkampf führen zeitgleich aber für die materielle Emanzipation wenig passiert => Gender Pay gap….

Man sollte schon ein Auge darauf haben, dass nicht wenige Konzerne, die keine Frauen in der Führungsetage haben gleichzeitig ohne Probleme zynisch mit LGTBQ+; Emanzipation, Pride Month etc werben.

Für mich hat das generische Maskulinum gut funktioniert: Ein Arzt war in meiner Vorstellung oft genug eine Frau. Ist halt sozialisation. Habe da Anfangs den Standpunkt vertreten, grammatikalischen Geschlecht von Biologischen zu trennen…Wenn man aber mal historisch draufschaut wird schon deutlich wie exklusiv das eigentlich ist- wie war das bei der Ode an die Freude “alle Menschen werden Brüder… Wer ein holdes Weib errungen mische seinen Jubel ein”?!
Und da es im universitären Kontext eh ständig vorkam und ich immer mal wieder gehört habe dass es Menschen hilft, fällt mir echt kein Zacken aus der Krone mich da anzupassen- beim lesen sowieso nicht… beim Sprechen und Schreiben ist es Kunterbunt :sweat_smile:

Man/Frau sollte dabei nur nicht aus dem Blick verlieren, dass wir auch an der materiellen Wirklichkeit etwas ändern sollten.

Literatur Empfehlungen:
Für alle, die eher konservativ geprägt sind wäre Flaßpöhlers potente Frau sicherlich ein guter Anknüpfungspunkt.
Für alle, die Butler gelesen haben, denen empfehle ich Nina Power

P.S.: dass es mehrere Varianten von Feminismus gibt ist, denke ich allen klar.

PPS: bitte meine Verwendung von Feminismus und Emanzipation nicht auf die Goldwaage legen.

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Ich weiß nicht, ob das so zielführend ist.
Wenn die eine Seite so stark jeden Zentimeter ihres Feldes verteidigt, dass die andere irgendwann die Diskussion verlässt, dann ist die Debatte ja nicht wirklich weiter gekommen, sondern wir haben nur, wie es ganz am Anfang hieß, einfach mal unsere Positionen hingeschrieben.

Eins kann man ja zweifelsfrei sagen, bei “Hörer_innen“ werden die Frauen buchstäblich zum Anhängsel.

Ach zumindest hat es nicht weiter den Printmagazin Thread verstopft und alle konnten sich hier müde boxen. Und dieser Thread sinkt dann einfach auf den Grund des Forums :slight_smile:

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Das ist tatsächlich eine bestehende Kritik an den Anhängsellösungen. Deswegen gibt es auch den Vorschlag, das generische Maskulinum nicht mehr so zu nennen, einfach eine Art Wortstamm daraus zu machen und diese Anhängsel komplett wegzulassen. Entsprechend würden die Pronomen eingedampft. Es ist reine Willkür, zu sagen, diese Art von Wortform ist männlich oder weiblich oder neutral. Das würde unsere Sprache erstens geschlechtsneutral und zweitens besser erlernbar machen. Es sagt ja niemand, dass die Asterisk-Lösung das alleinige Heilmittel ist. Dass aber etwas gemacht werden muss, da sind sich die meisten einig. Die Anhängsellösung ist deswegen so populär, weil wir in unserem Sprachraum so sehr am Geschlecht hängen. Bei den Franzosen ist diese Liebe sogar noch schlimmer.

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Butler nur zur Einführung, um die geistesgeschichtliche Wurzel ihrer Theorie zu kennen. Es ist klug, immer dort anzufangen, wo etwas anfängt.
Precht & Flaßpöhler, die beiden Populärphilosophen, sind in meiner Zunft nicht sehr hoch angesehen.

Recht hast du!

Ich stimme deinem Post fast komplett zu, nur beim fett markierten Teil fällt mir in der Diskussion hier im Strang schon auf, dass ich die Argumente der „Befürworter“ (und Befürworterinnen ;-)) des Genderns (bzw. eigentlich ja eher des Entgenderns) durchgehend stärker finde - wohl auch, weil sie sich die Mühe machen, überhaupt ausführliche Beiträge zu schreiben, mit denen sie ihre Position begründen, dabei einen angenehmen Tonfall bewahren und auch Quellen mitliefern.
Die „andere Seite“ trägt dagegen meist nur Ein-Satz-Einwürfe bei, die zumindest auf mich eher einen latent patzigen Eindruck hinterlassen und für mich meist mehr Fragen aufwerfen als dass ich die Position besser verstehen würde. Zudem wird thematisch ständig von einem Punkt zum nächsten gesprungen, anstatt sich auf eine Diskussion tatsächlich einmal richtig einzulassen. Echte Argumentation vermisse ich da.

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Joa weiß gar nicht ob ich dir zustimmen würde, dass man unbedingt die Anfänge gelesen haben muss…

Von Precht habe ich ja gar nichts gesagt😅

  • Da ist ja immer auch ein wenig akademischer Beissreflex dabei gegenüber den Populärwissenschaftlichen Kollegen😉

Ich fand “Die potente Frau” damals bereichernd.

Dann. Hau mal raus: was würdest du als Texte empfehlen?

Andererseits erhält das Anhängsel „innen“ meist (immer?) eine Betonung. Was ja auch nicht gewollt ist. Man will das Geschlecht ja gerade nicht betonen sondern ausdrücken, dass keine Rolle spielt.

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Das ist ein guter Punkt. Ich gehe da mit Yuval Noah Harari, nachdem alle Regeln, also auch Sprachregeln, letztlich nur in unserer kollektiven Fantasie existieren. Von daher finde ich, haben wir bei diesem Thema gar kein Problem mit der Sprache, sondern höchstens ein Problem in unseren Köpfen.

Naja, zu sagen, das Problem bestünde nur in unseren Köpfen und liege nicht an der Sprache, greift mir zu kurz. Wenn das generische Maskulinum zwar alle Geschlechter mitmeinen soll, aber tatsächlich nur das männliche Geschlecht anspricht, schlägt sich das doch auf Dauer auch in unseren Köpfen, unserem Denken nieder.

Wo genau tut es das denn (ernste Frage, bevor mir wieder irgendwas vorgeworfen wird)?

Überall dort, wo das, nach den von uns gelernten Regeln männliche Geschlecht, die anderen Geschlechter mitmeinen soll.

Zu sagen, das liegt nicht an der Sprache sondern nur an unseren Köpfen, ist meiner Meinung nach nur eine Ausrede, die sich selbst in´s Hinterteil beisst

Mhm - ja… die Argumente sind schon besser. Die Hybris mit der sie manchmal getragen werden ist allerdings nicht hilfreich. Insbesondere wenn dann gecancelt wird - was für sich ein anderes, gesellschaftliches Problem ist.

Gendern sollte eigentlich jeder abkönnen. Ich verstehe nicht warum das für Menschen inakzeptable ist während das Unterschichten-Belustigungsprogramm nach wie vor kommentarlos im Privatfernsehen versendet werden darf.

Ich verstehe es ehrlich nicht, gib mal ein Beispiel bitte.

Der Stay-Forever-Hörer drolligster Forumsteilnehmer ist namenstechnisch keinem biologischen Geschlecht eindeutig zuzuordnen.

Tut mir leid, dass ich mal wieder viel zu spät zur Party komme und ich hoffe, es ist trotzdem OK, noch ein wenig nachzufeiern. Seht es meinetwegen gerne als einen „Wusstet ihr eigentlich…?“-Beitrag.

Zur Form der Diskussion hier könnte ich eine Menge schreiben aber der Gish-Galopp war bereits anstrengend genug, also erspare ich euch das und fasse meine Meinung nur kurz zusammen:

Ich kann der Hälfte der Beiträge nicht halb so sehr zustimmen, wie ich es gern möchte und mochte weniger als die Hälfte der Beiträge nur halb so gern, wie sie es verdient hätten.

Nun zum Inhalt:
Was ich vermisst habe, war der Aspekt der Barrierefreiheit. Screenreader kommen mit den Sonderzeichen oft nicht gut zurecht. Was inzwischen einigermaßen funktioniert, ist das Gendern mit dem Doppelpunkt, da dieser ohnehin meist als Sprechpause vorgelesen wird. Zudem ist das Zeichen für die optische Lesbarkeit angenehmer, als der Stern. Menschen, die (aus verschiedenen Gründen) Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben, sollten ebenfalls nicht vergessen werden, da denen das Verständnis geschriebener Texte (durch die Sonderzeichen) zusätzlich erschwert wird.

Allerdings kam in Diskussionen auch oft die Begründung auf, dass der Stern bewusst als irritierendes Element gewählt wurde, um Diskussionen anzustoßen. Der Gender-Gap soll dabei ebenfalls eine ähnliche Funktion wie die Gedenk-Stolpersteine erfüllen und die Lücke in unserem Sprachgebrauch symbolisieren. Das kann ich alles so weit nachvollziehen und ebenfalls, dass diese Form des (Ent)Genderns ohnehin nur eine Krückenlösung sein soll, bis es etwas Praktikableres gibt.

Für mein Empfinden konterkariert die Verwendung der Sonderzeichen allerdings den Anspruch der Inklusion, weil es dadurch anderen die Teilhabe erschwert. Das sehe ich allerdings nicht als Totschlagargument, sondern als Auftrag, passendere Lösungen zu entwickeln. Für mich wären das Formulierungen wie Lehrkräfte (als Antwort auf eine zuvor gestellte Frage) oder Zuhörerschaft oder Plenum. Aber auch die Verlaufsform finde ich (selbst wenn sie dafür nicht ganz korrekt ist) eine gute Alternative. Statt sehr geehrte Damen und Herren schreibe ich inzwischen Guten Tag miteinander. Das ist vielleicht nicht ganz so förmlich aber trotzdem höflich.

Darüber hinaus, behelfe ich mir mit Umschreibungen wie „die Person“ oder „der Mensch“ statt „er/sie“, denn letzten Endes kann ich nicht wissen, wie die Leute sind und nur weil Frauen Hosen tragen, kurze Haare und behaarte Beine haben, heißt das doch noch lange nicht, dass sie deswegen gleich Männer seien. Äußerlichkeiten sind kein definierendes Merkmal und auch wenn es sich bei nichtbinären Menschen um eine Minderheit handelt, ist das kein Grund, auf sie nicht Rücksicht zu nehmen. Damit meine ich nicht, sie zu hofieren, sondern ihnen mit Respekt zu begegnen, wie allen anderen Menschen auch. Dementsprechend bemühe ich mich, mit allen möglichst gleichwertig umzugehen. Selbst wenn sie Meinungen vertreten, die mir zuwider sind, versuche ich die Meinung von der Person zu trennen. Denn die Betreffenden können neben dieser einen destruktiven Ansicht noch viele andere konstruktive Ansichten haben, und die würde ich dadurch pauschal mit ablehnen. Natürlich gilt es Vorsicht zu wahren, um nicht in die Falle der falschen Ausgewogenheit zu tappen aber das ist ein generelles Risiko.

Abschließend möchte ich noch kurz auf die Frage von MenionLeah eingehen, ob sich Betroffene durch die Sprechpause angesprochen fühlen. Meine Antwort ist „ja und nein“. Wie ich in diesem Beitrag geschrieben habe, empfinde ich die Sonderzeichen als Krücke und fühle mich durch die Verlaufsform besser angesprochen ABER ich freue mich über jeden Versuch, einer passenden Ansprache, und aus diesem Grund bemühe ich mich auch gegenüber anderen. Nicht wegen dem sozialen Druck (den ich persönlich nicht gut finde), sondern aus Höflichkeit und deshalb fordere/erwarte ich auch nicht, dass andere es tun aber wenn es gemacht wird, vermittelt es mir ein solches Gefühl von Wertschätzung, das könnt ihr euch kaum vorstellen.

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