Original Post: Die Welt von Dune | Stay Forever
Interview mit Ben Calvin Hary
Schöne Folge!
Wenn jetzt jemand, sagen wir mal die ersten 6 Bücher von DUNE noch nicht gelesen hat, was wäre denn aktuell der beste Einstieg? Ich habe da schon länger Bock drauf, der aktuelle Film hat das nochmal befeuert - aber gefühlt gibt es mehrere Ausgaben/Editionen.
Kann man sich das auf deutsch geben oder lieber gleich im Original (schlimmer als Lovecraft im Original kann das ja eigentlich nicht sein vom Schwierigkeitsgrad her)? Hat jemand den Vergleich - ältere deutsche Übersetzungen ja gerne mal nicht so gelungen im Bereich Sci-Fi/Fantasy.
Bin gespannt auf die Folge. Mein einziger Berührungspunkt mit Dune war/ist das genannte Dune 2 von 1992, das ich Ende der 90er nachgeholt habe.
Habe es tatsächlich als deutsches Hörbuch gehört und kann das sehr empfehlen.
Chronologie sollte man einhalten
Edit:
Band 1 kann man auch gut alleinstehend lesen und lohnt sich eigentlich allein schon, weil so viel sci-go darauf aufbaut/davon kopiert
=> Star Wars ; => warhammer 40k
Ich habe die Reihe auf deutsch gelesen. Das ist schon ein paar Jahre her, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich mich an der Übersetzung großartig gestört habe. Gelesen habe ich die Ausgaben die irgendwann in den späten 70ern (?) im Heyne-Verlag erschienen sind. Ob die jüngeren Ausgaben eine neue Übersetzung spendiert bekommen haben, kann ich daher nicht sagen. Ich habe mir bewusst die älteren Ausgaben gebraucht gekauft, weil mich das Cover Art angesprochen hat ;).
Der Wüstenplanet (Band 1) zählt zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Band 2 - Der Herr des Wüstenplaneten - ist deutlich kürzer, ordnet der Geschichte aber auch wieder philosophische Fragen über und beschäftigt sich im Kern mit der Frage, was unsere Identität definiert. Während man Band 1 auch locker als Heldenepos lesen kann ohne sich allzu tief mit den darin aufgeworfenen philosophischen (und theologischen) Fragen zu beschäftigen, schreitet Band 2 etwas langsamer voran und diskutiert diese Themen in Form von längeren, manchmal „sich ziehenden“, Gesprächen. Es ist dabei keineswegs uninteressant, hat aber schlicht eine andere Pace. Muss man mögen, aber wenn man grundsätzlich von dem Setting abgeholt wird, dann kann man das lesen. Mit etwas um die 200 Seiten, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, kommt man da auch schnell durch. Band 3 ist für mich schwächer, Band 4 dagegen hat mich wieder abgeholt (spielt aber >3000 Jahre nach den Ereignissen von Band 1). Durch Band 5 habe ich mich regelrecht durchgequält und Band 6 mittendrin abgebrochen. Ich will es mal wohlwollend formulieren: Herbert hat für mich in den letzten beiden Büchern seine Gedanken etwas zu weit entwickelt; mich hat das nicht mehr abgeholt.
Die englische Ausgabe von Dune möchte ich aber auch noch lesen.
Die kürzlich erschienen Graphic Novels von Kevin J. Anderson sind auch ganz nett.
Ich find die Folge leider schwächer. Vieles wird leicht an angerissen aber vieles fehlt auch. Es ist auch seltsam wenn gesagt wird der 2021 Film betrachtet manche Aspekte der Fermen nicht wenn der Film nur die erste Hälfte des ersten Buches beschreibt und die Fremen nur sehr kurz vorkommen. (Am Ende vom Film) Wir wissen zur Zeit gar nicht wie weit die Film Reihe darauf eingehen wird.
Würde hier zustimmen; irgendwie wird es nicht so ganz gegriffen und relativ viel Zeit geht für anderes drauf.
Du fängst mit Buch 1 an, am besten im Original. Das ist übrigens auch das beste Buch. Wenn Dir das gefällt, liest Du den Rest von Frank Herberts Büchern, wobei der zweite Zyklus leider nicht durch Frank selbst vollendet wird. Die Bücher von Brain Herbert stehen auf einem anderen Niveau. Literarisch bedeutsam ist für mich nur das erste Buch.
Wow beste Folge in der Reihe! Tolles Gespräch!
Rahel hat das eigentlich ganz gut gegriffen. Insbesondere der erste Roman ist eschatologisch. Im Christentum wird das neue Testament u.a. ja als die Erfüllung der Vorsehungen und Hoffnungen des alten Testamentes gesehen. In gewisser Weise spielt der Roman auch mit der Messias-Idee. In gewisser Weise ist Paul der Muad’Dib, nur zur falschen Zeit oder nicht so wie geplant. Und generell wird in der Reihe immer wieder die Frage aufgeworfen, ob Messiasglaube ansich überhaupt eine gute Idee ist. Durch die Texttafeln wird natürlich auch so ein biblischer Ton aufgebaut. Interessant ist, dass das alles durch Menschen gemacht ist. Die Telepathie, die Transzendenz und alles, was in dieser Art gezeigt wird, ist in der Diegese durch Eugenik und Drogen erklärbar. Der Messias wird gezüchtet. Deswegen ist Rahels Verständnis, dass Paul im Grunde eine besondere Gabe zur Extrapolation hat, letztlich auch meine.
Was man auch hervorheben muss. Das Dune-Universum kennt im Prinzip keine Aliens. Alle Rassen sind irgendwie irdischen Ursprungs, die Erde nur eine dunkle Erinnerung. Einzig die Würmer sind ein Rätsel. Wahrscheinlich sind sie auch nur Ergebnis von genetischen Experimenten. Im Prinzip ist das Weltall der Diegese leer und der Mensch füllt es mit sakralem Sinn und durchquert es mit seinem Geist. Da sind wir natürlich bei Nietzsche und dem Übermensch.
Buch 1 ist ein must read, ob in Deutsch oder Englisch.
Alle sechs Bücher von Frank Herbert zu vollenden kostet wirklich Energie, gerade am Schluss wirds beklemmend und fordernd.
Buch 7 und 8 - posthum - würde offenbaren, was genau „der goldene Pfad“ ist und der Kralizec und warum das alles… aber das kann einem auch ein Youtube-Video erklären.
Die Filme/die Serie:
Der Film von 1984 ist großartig, aber äußerst lynch-eigen. Ha! Und im Director’s Cut spielt Gurney Halleck das Baliset und alleine dafür muss man die sehen.
Villeneuve ist ein Gigant, der auf mehreren Ebenen filmisch begeistern kann. Allein Ton und Bild sind unerreicht. Meine Verehrung für die aktuelle Verfilmung beträgt 112%.
Die Serie ist nettes Beiwerk, aber dürfte schwerer zu genießen sein. Dafür ist nicht gut gealtert. Sie bleibt aber ziemlich nahe am Buch.
Hey, richtig starke Punkte. Es gäbe noch ganz schön was zu sagen zu diesem Gesamtwerk.
Irre finde ich, dass die Menschheit sich dann so weit ausbreitet im Universum, dass sie sich selbst schon gar nicht mehr als „ein Volk“ wahrnimmt, sondern vergisst, was und wen und wohin sie alles hinaus geschickt hat. Und dort kommt dann die Menschheit aus der Diaspora zurück und fließt wieder mit der Kernmenschheit zusammen, was natürlich Clinch bedeutet. Und dennoch alles geplant, was wieder zu der „übermenschlichen“ Fähigkeit zur Extrapolation führt, die den Haderachs zu eigen ist.
Und alles ohne Aliens. Der Mensch ist bei Herbert Alien genug.
Ich liebe die Lynch-Vefilmung auch, rein visuell. Gerade zu Beginn ist Lynch sogar etwas näher am Roman als Villeneuve, allerdings endet der Film mit einer Art göttlichem Eingriff, was volle 100% an der Intention von Herbert vorbeigeht, ist aber trotzdem ein kultiger Trashfilm aus der Dino De Laurentiis-Welt.
Villeneuve hingegen beginnt den Film schon mit einem Prolog, der ganz klar auf eine Lesart als Kolonialismus-Kritik einleitet. Das schwingt in den Büchern in gewisser Weise mit. So rekontextualisiert auf die heutigen Diskurse - das zeitgenössische Kino ist gerade u.a. dadurch stark geprägt - ist der Roman allerdings nicht gewichtet.
Das ist aber alles legitim. Eine Adaption ist eben eine Adaption. Dass ausgerechnet die Adaption von The Sisterhood demnächst die erste Serie im Villeneuve-Universum geworden ist und nicht etwa erst die anderen Frank-Herbert-Bücher, ist auch dem Zeitgeist geschuldet. War selbst unter den Brain Herberts nicht gerade das beste Buch. Bin aber zuversichtlich.
Interessant ist übrigens, dass die Edit: Ornicopter vom Design her dem ersten Cryo-Dune ähneln. Vielleicht kannte der Regisseur das Game. Allerdings, bei den Artworks zu den Büchern bin ich nicht so im Thema. Vielleicht gab es da ein älteres Bildwerk als Inspiration.
Next: War überrascht, dass in der Folge unter anderem nicht wirklich über weibliche Charaktere in den Romanen gesprochen wurde. Also Kernstücke sind immer noch klassisch irdisch patriarchalisch, Fürsten und Imperatoren, arrangierte Vermählungen, aber die immense Macht und die Fähigkeiten der Frauen sind ganz starkes Element von Dune.
Gibt natürlich solche und solche, Chani ist z.B. in weiten Teilen „die Geliebte/Frau des Protagonisten“, aber viele Charaktere bestehen durchaus den Bechdel-Test.
Bene Gesserit, Geehrte Matres und die Sayyadinas (sic?) sind ein absoluter Machtfaktor. Ohne die Welt völlig planlos umzugestalten.
Unter dem Destillieranzug stecken Männer und Frauen. Egal. Fremen unterscheiden da „nicht“.
Dass im Prinzip die Frauen in Dune kontrollieren, was geboren wird, dürfte ein Schlag Herberts in Richtung Kirche sein, ohne das Fass jetzt aufzumachen. Aber damit ist ein Kerndisput gelöst.
Das gefällt mir immer in jeder Geschichte: Es wird mit dem was gezeigt wird und dem was erzählt wird auch etwas erzählt. Das schafft er sehr gut, der Frank.
Ich mache das Fass mal ein Stückchen weiter auf. Neben der Religionskritik kann man es auch als Kritik an der aufkommenden Frauenbewegung und Emanzipierung lesen, stellen die Bene Gesserit doch weibliche Verhaltensstereotype im Extremen dar.
Viel Spaß! Es lohnt sich! Ich find’s noch dröger zu lesen als den Herrn der Ringe ohne einen Funken von Selbstironie, dafür finde ich den Mittelteil des Buches sensationell und Pauls übermenschliches „Erwachen“ eindrucksvoll.
Kann ich ohne weiteres ebenfalls reinlesen, jawohl. In der Weltsicht aller „erwürdigen Frauen“ ist fast nur Platz für Schachfiguren. Vor allem männliche. Kein Miteinander, stattdessen Kontrolle und später auch „Unterjochung“ (Geehrte Matres, Murbella versucht den Idaho zu versklaven. Per Libidokontrolle. O.o).
Aber eine Macht aus zweiter Reihe. Die Bene Gesserit herrschen ja nicht.
Und ja, in Dune las ich nie auch nur einen Funken Selbstironie, „Witz“ oder dass etwas satirisch gemeint wäre. Völliger Ernst. In der 2021 Verfilmung zuckte ich zusammen, als Idaho Paul bei einem Wiedersehen etwas wegen seines dünnen Leibs aufzieht.
Es gibt keinen Jokus in Dune. Das macht es so großartig wie auch dröge.
Die Ironie sehe ich da eher bei Lynch. Villeneuves Set-Design ist kalt und brutalistisch. Finde schon, dass er die Stimmung des Buches ganz gut einfängt.Man muss ja immer bedenken, dass man ein Massenpublikum abgreifen muss. Da kann man keinen 100% Kubrick abliefern. Die Rezipienten von heute sind sowas wie Guardians gewöhnt. Für mich persönlich kann High-Fantasy und -Scifi nicht ernst genug bleiben. Mich haben bei Villeneuve die ein oder anderen Marvel-Shots bei den Kampfszenen gestört. Antifeminismus habe ich bei Herbert da jetzt nicht reingelesen.
Im Grunde hangelt sich die Menschheit dieser Diegese von Vorsehung zu Vorsehung.und die Frauen beobachten, sind Chronisten, setzen Impulse oder Ursachen für bestimmte Wirkungen. Ich sehe das generell als Kritik am Heldenkult.
„Die langsame Klinge durchdringt den Schild“
Kann dir nicht widersprechen, Duncan Idaho ist vielleicht der Obolus ans Massenpublikum, der wohl zu zahlen ist. Aber läuft noch bei mir.
Es ist wie bei „Der Herr der Ringe“ und seinen Verfilmungen: Wenn man die Dune-Bücher liest, liest man Gedanken und Gesprochenes. Ein wenig wird beschrieben. Alle Action ist kurz und wird einem oft mittels Mauerschau nahegebracht. Höchstens die Duelle (mit Feyd oder Pauls erste Tötung bei den Fremen) haben Spotlight. Alles andere ist erzählt, gedacht oder erinnert. Keine. Effekte. Im Buch.
Hey, „Der Gottkaiser“ besteht aus 600 Seiten Dia- und Trialog. Gefühlt.
»Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.« Karl Marx
Im Grunde führt uns Herbet einen Mythos, verlegt in eine ferne Zukunft, vor, in welchem er den historischen Materialismus nachspielt. Die Akteure wechseln, aber es gibt immer Herrscher und Beherrschte.