Die Welt von Dune

D’accord! Bis hin zu „Der Mensch, der sich selbst beherrscht“. Seine Angst (das Mantra), die Stimme oder jeden einzelnen Muskel. Siehe Ausbildung von Paul, Faradn oder den Mentaten.

Ich glaube, der Aspekt des Posthumanismus ist noch ziemlich fresh in Dune für die damalige Zeit und voll Herberts Ding. Mentaten sind menschliche Computer, Navigatoren lebende Nav Coms, später werden Matres/Gesserit zu bewusstlosen „Inkubatoren“. Hey, Giger kannst du visuell nicht rauskürzen aus diesem Versum. Der zeigt, was Herbert schreibt.

Was ein schräges Setting. Und sehr wertvoll für jedes Setting, dass danach kam.

Der Film von Lynch gefällt mir auch - aber was mich noch mehr fasziniert, ist die gescheiterte Dune-Verfilmung von Alejandro Jodorowsky. Über das größenwahnsinnige Filmprojekt gibt es eine Doku und einen Podcast. Salvador Dalí als Imperator, Orson Welles als Baron Harkonnen und David Carradine als Herzog Leto, dazu Mick Jagger in einer weiteren Rolle. Außerdem Filmmusik von Pink Floyd, Set-Design von HR Giger … und … und … und … Ein irres Pojekt.

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Allerdings muss man sagen, dass Jodorowsky das Buch wahrscheinlich nicht mal richtig gelesen hat. Das wäre was ganz eigenes gewesen.

In Erinnerung bleibt sein streitbarer politisch schwer unkorrekter Satz:
»Wenn du einen Film drehst, darfst du keinen Respekt vor dem Roman haben. Es ist wie beim Heiraten. Respektierst du die Frau, bekommst du nie Kinder. Du musst ihr das Kleid aufreißen, die Braut vergewaltigen. Und dann hast du deinen Film. Ich habe Frank Herbert vergewaltigt – aber in Liebe.« Jodorowsky

Aber es gibt ja den Incal. Das Beste an der Doku war aber das Artwork von Jean Giraud (Moebius). Ich würde auch sagen, Star Wars ist mehr von Moebius in Métal Hurlant beeinflusst als von Dune.

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Juhu, endlich werden die Romane zum Spiel Dune 2 besprochen :wink:

Ich hab den Podcast noch nicht gehört aber ich hab die Reihe schon 2 mal gelesen. Dabei gefallen mir die erste Trilogie und der vierte Band am besten. Interessant war die Zerstörung der Protagonisten jeweils im Folgeband. Die Figuren sind dabei nicht einfach stumpf böse geworden, sondern die Handlung war nachvollziehbar. Insofern das Handeln eines Mannes der von hunderten Generationen von Vorfahren besessen ist, seit über 1000 Jahren lebt und sich allmählich in einen Sandwurm verwandelt nachvollziehbar ist.

Ich musste mich damals als alter Trekker erstmal umgewöhnen, da wir hier ja in eine sehr feudalistisch religiös geprägte Welt geworfen werden. Ich fand das erste Buch aber bemerkenswert, insbesondere die verschachtelten Plots, die einerseits das offensichtliche Machtgerangel des Patriarchats, die verschiedenen Machtapparate (Raumfahrergilde, Handelsallianz, große Häuser )sowie die Intrigen durch den Orden der Bene Gesserit.

Hier scheint die herrschende Klasse der Großen Häuser, jedes geführt von einem großen Pen…Ego wie eh und je zu agieren, es ist kein Fortschritt der Menschheit zu erkennen.

Die Ebene um religiösen Eifer, den Messias als Befreier, das Zuchtprogramm der Bene Gesserit fand ich am krassesten. Eine nicht herrschende Vereinigung die im Hintergrund die Fäden spinnt, die Religion lenkt und direkt die Politik beeinflusst. Ich habe dies immer als starke Religions- und Elitenkritik verstanden. Den Aspekt des Antifeminismus habe ich selbst nicht raus gearbeitet, aber wo ihr hier davon schreibt kann ich das nicht ganz von der Hand weisen. Dazu habe ich auch zu wenig Ahnungvon Herrn Herberts Vita. Doch es stimmt, vor allem in den ersten 4 Büchern wird die Schwesterschaft sehr negativ dargestellt, wobei eigentlich alle Figuren und Organisationen keine Lichtgestalten sind.

Ich fand auch am Schreibstil vieles ungewöhnlich. Das immer wieder vorwegnehmen des Ausgangs des Buches in aller Deutlichkeit und das Foreshadowing auf den zweiten Teil.

Technologie tritt in den Hintergrund und wird hier eigentlich nur genutzt. Man muss sich die Dinge eben selber erschließen. Und der Verbot von Computersystemen oder „Denkmaschinen“ ist ein wirklich spannender Ansatz und in unserer heutigen Debatte tatsächlich aktuell. Sicher war er damit nicht der erste, aber es hat sich als Faktum einfach in die Geschichte

Die bisherigen Verfilmungen fand ich beide nicht gut. Die Lynch version funktioniert als Film gut aber die Abweichungen zum Buch fand ich zu krass. Das verhagelt es mir jedes Mal. Die Serie war durch den miesen Cast schwer zu verdauen.

Die neue Verfilmung von Villeneuve hat mir bisher gut gefallen, ich hoffe sie können das Niveau halten oder sogar steigern.

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Wir haben hier natürlich starke Frauenfiguren. Und auch wenn hier die Geschicke durch die Schwestern maßgeblich aus der zweiten Reihe mitgelenkt werden, ist es vordergründig, wie Du richtig schreibst, ein Patriarchat. Die »lauten« Figuren sind Männer, die Führer sind Männer, die Krieger sind (außer bei den Fremen, übrigens, interessant, dass die Fremen ziemlich sozialistisch mit dem Kapital Wasser umgehen) nur Männer. Die Bene Gesserit stützen das Patriarchat in Dune. Im Grunde zeigt Herbert hier etwas, das wir ja aus der Vergangenheit unserer Geschichte kennen. Starke Frauen mussten aus der zweiten Reihe handeln, weil sie in der ersten keinen Platz hatten (Ausnahmen).
Das hat sich in der Welt von Dune nicht geändert. Diese «zweite Reihe» würde ich nicht als feministisch ansehen.
Starke Frauen haben in der Diegese ihren Platz und tragen mit dazu bei, das ausbeuterische System zu erhalten. Es gibt z.B. kein Zuchtprogramm zu einer Überfrau. Ich würde eher sagen, der monarchischen Welt in Dune fehlt der Feminismus. Das kann aber auch ganz bewusst Herberts Botschaft sein. Die Verbindung von Mann, Macht, Kapital diskutieren wir ja heute ähnlich.

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Die Welt von DOON!

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Mhh, ich finde es etwas seltam, wenn im Podcast gesagt wird, dass Dune auszeichnet, quasi die epische Space Opera begründet zu haben und das dann explizit in Abgrenzung zu Asimov gesehen wird.

Ich meine, der Foundation-Zyklus, schon mal gehört? Ein Universum (quasi) ohne Aliens, keine wirklichen Computer oder Roboter (ersteres kann auch der Zeit geschuldet sein, als die Romane geschrieben wurden), ein zerfallendes Imperium (halt von Edward Gibbon inspiriert), „Prophezeiungen,“ wie der Untergang verhindert werden kann etc; und das alles vor Dune. Herbert hat halt nur das Mule zum Helden gemacht. ^^

Beides gute Romane mit unterschiedlichen Herangehensweisen an so ziemlich den gleichen Stoff. In dem Sinne aber auch beides epische Space Opera.

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Die Psychohistoriker, stimmt. Extrapolieren aus Daten und der Vergangenheit, ohne Magie oder Aliens. Nur per Gehirn. Starke Parallele.

Danke für eure spannende Diskussion @Vaylan und @Wishbringer-77 . Ich habe bisher nur den ersten Villeneuve gesehen und wollte seitdem das Buch lesen. Hatte Einstiegsschwierigkeiten, aber die Welt ist sehr spannend. Und hier eure Interpretationen zu lesen, war auch interessant. Vielleicht schaffe ich es ja bald, das Buch weiterzulesen.

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Danke für die geniale Folge. Ich liebe Dune, sowohl das erste Buch als auch beide Filme. Ich finde es toll, wie im Buch immer die Gedanken der Person beschrieben werden, die zwischen den gesprochenen Sätzen passieren. Dadurch merkt man, wie die Leute sich gegenseitig misstrauen und sich in Intrigen verwickeln, was die Pläne der verschiedenen Charaktere sind, und warum sie in bestimmten Dialogen bestimme Sachen sagen. Im Lynch Film wurde diese Idee hervorragend durch Flüsterstimmen aus dem Off umgesetzt. Da kam bei Dialogen genau dieselbe Stimmung wie im Buch auf. Man kannte als Zuschauer die Gedanken der Leute, während sie reden.

Leider ist Dune aber auch mMn sehr archaisch. Zum Beispiel ist da diese Idee, dass es einen Ort der ultimativen Wahrsagung gibt, den nur Männer (keine Frauen, sic, warum ist das Geschlecht so wichtig?) erreichen können, wenn sie das Wasser des Lebens trinken. Der Bösewicht Baron Harkonnen muss leider dick und, zumindest im Lynch Film, dazu auch noch schwul sein, also gleich doppelt gemoppelt fettphobisch und homophobisch.

Die Analogie Dune=Mittlerer Osten und Spice=Öl ist schwer zu ignorieren, speziell weil „Arrakis“ doch sehr nach „Irak“ klingt. Obwohl Herbert hat glaube ich selber diese Analogie von der Hand gewiesen.

Ich verstehe jetzt im Nachhinein auch die Faszination dieser frühen SF Autoren mit dem Römischen Reich, Imperatoren, und/oder dem Mittelalter nicht mehr. Was für eine komische Idee, das in 10000 Jahren alles wieder so sein wird wie im römischen Reich oder wie im Mittelalter. Das finde ich zwar spannend beim Lesen, aber komplett unrealistisch. Da ist Herbert auch nicht anders als Asimov und sogar bei George Lucas gibt es einen galaktischen „Imperator.“

Diese Faszination ist nicht vergänglich, das taucht immer wieder auf. Es sind auch finde ich völlig „inspirierende“ Epochen. In allen Farben, meist aber dunklen.

Bei Dune ist es sogar belegbar, wie und warum. Maschinen und KI wurden verbannt, die Menschheit somit zurückgeworfen. Navigatoren werden zu „Bischöfen“ mit geistiger Macht und weltlichem Einfluß (Reichtum). Wie beherrscht man etwas so großes wie ein Universum ohne „moderne Technik“, wie z.B. in Star Trek? Lehnswesen. Why not? Kann alles passieren.

Beklemmend und dadurch faszinierend.

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Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, dass es komplett unrealistisch ist.
Die Offenheit der menschlichen Entwicklung müssen wir schon ernst nehmen.

Darüber hinaus ist es eigentlich auch egal, weil es keine Prognose ist, sondern nur die Leinwand auf der Herbert seine Geschichte und seine Gedanken ausbreitet.

Ich würde auch davon weggehen Herbert überinterpretieren zu wollen. Transhumanismus und das Menschsein sind die Kernthemen und ich erkenne weder Feminismus noch Antifeminismus; eher wirkt sich hier der Zeitgeist aus. ….
Wohl aber gestaltet Herbert durchaus diverse Gesellschaften - die Fremden sind im Grundsatz Maternalistisch - kennen im Privaten aber ganz starke paternalistische Unterwerfung.

Zum Kwisatz Haderach:
Herbert lässt durchblicken, dass er Grundsätzlich an eine Gleichheit des Ungleichen glaubt (das ist nicht unbedingt der aktuelle Zeitgeist…) => das Wahrsagetum der Bene Gesserit (weibliche Seite) und das Mentatentum (männliche Seite) stehen gleichberechtigt nebeneinander sind aber beide unvollkommen. Nur der Kwisatz Haderach ist in der Lage beides zu verbinden; ist im Grundsatz also eher androgyn => eine messianische Einzelfigur, die keine Verallgemeinerung erlaubt. (Paul wird ja auch durchaus androgyn beschrieben - oder zumindest nicht dem männlichen Ideal entsprechend)

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Sidetrack: Ich habe einst mal zu nicht-Dune-Büchern von Herbert gegriffen und „Hellstrøms Brut“ sowie „Der letzte Caleban“ gelesen.

Erkenntnis: Dune ist noch angepasst und salonfähig. In der Brut hat er in zwei Generationen Menschen unterirdisch zu einem Ameisenstaat umzüchten lassen. O.o

Einerseits ist das sicher richtig und mutmaßlich sogar die Intention Herberts. Der wurmische Gottkaiser ist ja später so ein Wesen. Andererseits könnte das auch so gelesen werden, dass sie vordergründig einen Mann(-Körper) brauchen, um an der gestalterischen Macht in diesem System zu partizipieren.

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Sagen wir mal so, ich glaube, dass das eine sehr aus unserem heutigen zeitkontext geprägte Frage ist; die sich Herbert so nicht gestellt hat. Ob es Zufall, dem feudalem Vorbild oder seinen eigenen Vorstellungen entspringt, dass die Top Positionen Männer sind sei mal dahingestellt - es würde sich aber nichts ändern, wenn die Geschlechter konsequent vertauscht wären. Es ist zumindest nicht so, dass die Männer aufgrund irgendwelcher männlichen Eigenschaften dominant sind.

Zudem:
Scheitert Paul nicht am Ende?
Wird nicht auch Alia Imperator?

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Dein Gedanke des androgynen Messias Paul in der weiter oben beschriebenen lauten und körperlichen Männerwelt ist sehr gut. Hat was.

Passend zum Atreiden-Geschlecht, das von sich ja behauptet, sich bis zu Atreus, dem Vater von Menelaos und Agamemmnon zurückverfolgen zu lassen, ist das Männliche in Dune nach meinem Dafürhalten das Nahkämpferische und physisch Kräftige. Duelle mit Messern, Kampfstärke und Legionen. Klassisch. Und Paul entspricht diesem Ideal ja gar nicht.

Gedanke zur Frauenbewegung: Wenn ich mich richtig erinnere, wollen die Gesserit das System nicht ändern, also nicht aus der 2. Reihe heraustreten. Herrschen und lenken, ja. Aber kein besseres System gestalten. Das wollen dann die Geehrten Matres aus der Diaspora, afaik.

Da passt der Gedanke superb, sich „diesen Paul Atreides anzusehen“ um sofort Kontrolle auszuüben. Dagegen kämpft Paul ja unter anderem, keine Puppe der Bene Gesserit zu werden.

Ja, Alia wird in Band 3 Herrscherin im Machtvakuum, da Paul fort ist. Und Despotin. Weil, ne, Baron Harkonnen und so.

Paul scheitert, weil der Milliarden Tote fordernde Djihad von ihm nicht aufzuhalten ist.

Tolle Antithese zu Serena Butler, die aufgrund der einen Tat der Maschine Erasmus auch einen Djihad auslöst, der aber sehr wohl befeuert wird.

Kurz noch zum 1984er Film: „Und wie ist das möglich? Weil er es ist der Kwisatz Haderach.“ Tut mir leid, völlig off-Book, aber eine der geilsten Filmszenen überhaupt.

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Ja! Der Lynch Film ist einfach unendlich zitierbar:
„They tried and failed?“
„They tried and died.“

„I hold to your neck the gom jabbar. This one kills only animals.“
„Are you suggesting the Duke’s son is an animal?“
„Let us say I suggest you may be human.“

„Those sounds could be imitated!“
„I’d know the difference.“

Dieser famose Pathos, der sich durch den ganzen Film durchzieht!

Und natürlich die Anfangssequenz mit Prinzessin Irulan, „A beginning is a very delicate time…“ Wie genial in der Anfangssequenz in ein paar Sätzen dieses ganze Universum eingeleitet wird und dazu mit so atmosphärischer Sounduntermalung.

Von den Dialogen her kommt der neue Film nicht an den alten ran, finde ich, auch wegen der fehlenden Flüsterstimme der Gedanken.

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„ES IST NICHT NÖTIG, UM MICH ZU KÄMPFEN… ämpfen… fen…“

Ein Blick. Messer. Ein Toter.

Jessica befielt den Harkonnen nicht, um sie zu kämpfen. Sie säht nur das Schlimmste: Zweifel.

Wir leben in einer so tollen Filmwelt, dass wir uns zumindest entscheiden können, welche der großartigen Dune-Verfilmungen wir uns ansehen wollen. Selbst die Serie… am schwächsten, aber ich möchte sie nicht nicht haben.

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Hatte ja geschrieben, dass das mutmaßlich Herberts Intention war, was Du da schreibst. Allerdings kann man das Werk auch so lesen, wie es uns erscheint, ohne den Autor zu berücksichtigen. Herberts Intention selbst liegt in den Themen seiner Zeit. Villeneuve adaptiert bzw. liest das Werk auch mit einem anderen Schwerpunkt.
Dune beinhaltet mehr als es sein Schöpfer erdacht hat. Denke, wenn man Dune im Entstehungszeitraum interpretieren wollte, würde man mit einer marxistischen Brille rangehen. Rubin und Butler, die ja die heutigen Gender-Studies sehr prägen, konnte er da noch nicht lesen.

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Inspiriert von dem hier musste heute die 180 Minuten Version des 1984er noch einmal angesehen werden. Holy moly, was für ein Streifen.

„DAS SCHLAFENDE MUSS ERWACHEN!“

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