Eine kurze Historie des Cheatens

Als ihr “Lag faking” erwähnt habt, kam mir der wohl kurioseste Cheat/Exploit der vergangenen Jahre in den Sinn:

Der erste Client von “New World” (das MMO von Amazon) war genauso wild designed wie das erste Battle.net

Wenn ein Monster oder anderer Spieler den Spieler angriff, musste der lokale Client das bestätigen. Tat er das nicht, timte die Aktion irgendwann aus. Allerdings war das ganze wohl über die Windows Message loop implementiert - und die pausiert während man das Fenster des Spiels verschiebt.

Also konnte man unverwundbar werden, indem man wild das Fenster durch die Gegend zieht.

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Ich musste an eine weitere kurzlebige Cheat-Methode denken, den Asus-Cheat-Grafiktreiber aus dem Jahr 2000. Ich schrieb einst für die PCGH einen kurzen Rückblick auf dieses Phänomen:

Asus und die Cheat-Treiber (PCGH-Retro, 19. Juli)

Ich zitiere mal:
”’Wenn du keine Asus-Grafikkarte hast - sei auf der Hut! Lege dich niemals in einem 3D-Spiel mit jemandem an, der eine Asus-Karte hat - denn du wirst verlieren.’ Mit solchen Sprüchen bewirbt Asus am 19. Juli 2000 eine neue Technik, die in künftige Treiber für Geforce-Karten integriert werden soll: 3D SeeThrough. Damit wird es möglich, 3D-Spiele mit transparenten Texturen oder sogar im Wireframe-Modus darzustellen, also gänzlich ohne Texturen - der Effekt: Spieler können durch Wände sehen. […] Was eigentlich Spieler für Asus-Karten begeistern soll, wird zum PR-Desaster: Durch die Spieler-Communitys geht ein Aufschrei, denn SeeThrough könnte in Online-Partien zum Cheaten verwendet werden, ist es doch nichts weiter als ein „Wallhack“. Asus wiegelt ab: 3D SeeThrough solle doch nur die Möglichkeiten neuer Grafiktechnologie aufzeigen und sei nicht zum Cheaten in Online-Spielen gedacht - auch wenn die erste Ankündigung ganz anders klingt. Einen Tag später jedoch macht Asus aufgrund massiver Proteste einen Rückzieher: die Technik werde vorerst nicht veröffentlicht.”

Im Jahr 2001 kam die Technik noch einmal kurz zurück, nur um einen weiteren Shitstorm auszulösen. Asus hatte ein Händchen für PR :wink:

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Ist zwar kein totales cheaten, aber wir haben gerne im Battle.net StarCraft 1 im LAN gezockt, damals gab es in den Partien noch die Option Diplomatie und bei Schlachten 4vs4 haben wir es ein paar Mal geschafft die Partie auf 7vs1 nur durch reden zu drehen.

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Eine schöne Folge – vielen Dank dafür, aber die kurze Laufzeit hatte mich etwas überrascht. Wenn man Cheaten so weit fasst, wie es getan wurde, nämlich als Schummeln bis hin zur Nutzung von Drittanbietermodulen und Programmen zur Speichermanipulation, dann fehlen mir da noch einige Methoden, wobei auch meine Liste mit Ergänzungen jetzt nicht vollständig ist. Außerdem könnte man den einen oder anderen Cheat noch etwas mehr in den zeitlichen Kontext setzen.

Beispiel Sega Mastersystem: Damals wurden viele Arcade-Spiele portiert und die Mentalität der 80er, dass das Spiel den Spieler möglichst quälen soll, war noch weit verbreitet. Das fiel auch Sega auf, so dass ganz offizielle Cheat-Hardware angeboten wurde. Im Marketing war es natürlich kein Cheat, technisch gesehen hat die Rapid-Fire-Unit aber nichts anderes gemacht, als Tastenhämmern durch eine schnelle Autoschussfolge zu ersetzen. Damit wurden verschiedene Spiele deutlich leichter.

Eine zweite Methode von Sega, um Kunden zufriedenzustellen und ihnen die Nutzung von mehr als einem oder zwei Leveln in einigen Spielen zu ermöglichen, war ein offiziell beworbener Cheatguide in Buchform (inklusive Komplettlösungen, Passwortlisten für spätere Level oder eben Cheatcodes). Cheats waren damals nicht unbedingt nur ein Gimmick oder eine Belohnung für ganz aufmerksame, sondern auch eine Methode, um Kunden Teile des Spiels überhaupt erst zugänglich zu machen.

Kurz angekratzt, aber nicht wirklich ausgeführt, wurde das Ausnutzen von Designschwächen. Enduro Racer ist ein Rennspiel von Sega, in dem man mit einem Cross-Motorrad in einer Iso-Ansicht von links unten nach rechts oben fährt und dabei Hindernissen ausweichen muss, etwa indem man über Rampen springt. Rampen kosten Zeit, Hindernisse noch mehr. Ist der Timer abgelaufen, endet das Spiel. Man muss also schnell genug sein, um 10 Level zu schaffen. Das Problem: In zwei Leveln muss man an jeweils zwei Stellen über einen Fluss springen, ansonsten gibt es eine bestimmte Position, auf der man fast durch das gesamte Level fahren kann, ohne Steuern zu müssen, wobei man (fast) allen Hindernissen und Rampen ausweichen kann. Es ist kein Cheatcode notwendig, kein Hack des Speichers, nur das Einnehmen einer Gewinn-Position.

Ebenfalls nur kurz erwähnt wurden Hex-Editoren. Damit konnte man nicht nur Handbuchabfragen entschärfen (etwa bei Ufo – Enemy unknown), wo die gesuchten Worte im Klartext in der EXE-Datei standen und ersetzt werden konnten, sondern auch Werte in Spielständen konnten ersetzt werden. Spielte man lang genug mit denselben Soldaten, waren diese so gut, dass die Werte von 255 auf 256 erhöht wurde, wobei es zu einem Überlauf der Byte-Variablen kam und die Werte auf 0 fielen. Plötzlich konnte ein Supersoldat auch ohne Ausrüstung nicht mehr aus dem Raumschiff herauslaufen, das Spiel war gestoppt. Hier musste gecheatet werden, um das Spiel zu retten.

Hex-Editoren waren außerdem ein Mittel, um die MIA/KIA-Problematik zu beheben. Missing in Action bzw. Killed in Action waren ja oft der Missionsoutcome bei Simulationen wie Gunship 2000 oder Strike Eagle 3. Die Editoren haben es ermöglicht, das entsprechende Byte zu ändern, so dass die Pilotenkarriere nicht mit einem Permadeath endete.

Es gab noch einen anderen Workaround und da kommt dann noch eine Methode, die so üblich war, dass Spiele in falscher Erinnerung verharren. Das müsste man noch zu Fabians Aussage ergänzen, dass es kein Problem sei, im Singleplayer-Game zu cheaten. Das will ich nicht anzweifeln, aber am Ende hat das eine ganze Generation von Spielern verklärt.

Auftritt X-Wing und TIE-Fighter. Die beiden Übersimulation von Lucas Arts hatten einen so elementaren Designfehler, dass ihn jeder umgangen hat. Das wurde so konsequent gemacht, dass die Spiele falsch in Erinnerung geblieben sind. Diese spielerischen Meilensteine haben nämlich nicht nur jeweils 50 Missionen, von denen einige knüppelschwer sind. Sie kombinieren diese echt harten Aufgaben auch mit einem brutalen Permadeath. Wer scheitert, kommt in die KIA-Hölle, worauf ein neuer Pilot erstellt werden muss, der schön am Anfang neu startet. Das ließ sich natürlich leicht umgehen, indem die Roster-Datei kopiert und umbenannt wurde, so dass man nach jeder gescheiterten Mission das Spiel beendet, die Backupdatei zurückkopiert und das Spiel neu gestartet hat, bzw. nach jeder gelungenen Mission das Spiel beendet hat, um die veränderte Pilotendatei zu speichern, aber das ist Cheaten in Reinkultur. (Alternativ wurde kurz vorm finalen Abschuss mit Reset der PC neu gestartet.) Das wurde so konsequent und selbstverständlich gemacht, dass man wohl behaupten kann, so gut wie niemand hätte diese beiden Kultspiele wirklich einmal im Sinne des Gamedesigners durchgespielt. Jeder, mit dem ich mich damals ausgetauscht habe, hat sich um den Permadeath herumgemogelt. Schlimm? Nein! Aber ohne Cheaten wären diese beiden Spiele bei Weitem nicht so euphorisch rückbetrachtet, wie es heute der Fall ist.

Sollte es also einen zweiten Teil zur Historie des Cheatens geben, könnte man diesen problemlos mit HEX-Editoren, Treibermanipulationen, Datei-Backups, von Herstellern angebotenen Hardware-Cheats (es gab auch offizielle Gamepads mit Dauerfeuerfunktionen) oder Ausnutzungen von Designschwächen füllen. Und da gibt es sicherlich noch einiges mehr.

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TIE-Fighter hatte Permadeath? Daran kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Ich kann mich noch an Medaillen erinnern und Tattoos auf dem Arm, nachdem man in den Geheimorden aufgenommen wurde, entsinnen. Aber Permadeath und Dateien umkopieren? Echt jetzt?

Das sagt Wikipedia:
When the player’s craft is destroyed before completing a mission, or the mission is otherwise a failure, the player can attempt the mission again. However, the mission is still successful if the player’s craft is destroyed after all primary mission objectives are completed.

X-Wing definitiv. Es kann sein, dass das bei TIE-Fighter geändert wurde. Dann nehme ich es zur Hälfte zurück, beim kurzen Googeln hatte ich eine Bestätigung gefunden. Ich muss mal wieder TIE-Fighter spielen.

Ich weiß es schlicht nicht mehr, aber X-Wing hatte doch auch Savegames. Naja egal. Das Ende von X-Wing hab ich nie gesehen, da ich in den Todessternmissionen gescheitert bin. TIE Fighter und AddOn hab ich durch. Dateien hab ich keine kopiert, also bin ich einer der wenigen, die beide Spiele so gespielt haben, wie Lucas Arts es wollte.

Die Todesstern-Missionen sind ja in X-Wing später angepasst worden.

Wenn ich mich recht entsinne, hatte TIE-Fighter in der Tat Permadeath, aber nur unter bestimmten, seltenen Umständen. Nicht jeder Abschuss tötet.

Dann gibts folgende Sequenz:

Ich finde allerdings auch keine Textzeile, die das mal explit so sagt.

(Auch hier ein Hot Take: XvT ist das beste Spiel der Serie, man brauch nur so viele Leute dazu, dass es Spass macht)

Ich wills jetzt nicht tot-diskutieren, weil ich es schlichtweg nicht mehr erinnern kann, aber nachdem der Sarg aus dem Bild verschwindet:


Vielleicht ist mein Verständnis von Permadeath auch falsch. Solange ich speichern und laden kann, ist es für mich kein Permadeath. X-COM im Ironman ist für mich z.B. eine echte Permadeath Mechanik. Leute tot = tot und nichts kann sie wiederbringen.

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Bei X-Wing war der Pilot hin. Es ist gut möglich, dass das schon ab TIE-Fighter und bei späteren Fassungen (Collector‘s Edition) angepasst wurde.

Edit: Gerade im Handbuch der X-Wing Collector‘s Edition nachgelesen: Es gibt einen Revive-Button für tote Piloten. Dieser wird im Habdbuch der Disk-Version nicht beschrieben. Ein wiederbelebter Pilot hat 0 Punkte, darf aber weiterspielen. Lucas Arts hat also den Cheat in spätere Fassungen ins Spiel gepatcht, um das Spielerlebnis zu verbessern. Ob diese Funktion schon ab der TIE-Fighter-Disc-Version dabei war oder erst später, müsste man nochmal nachlesen. Das erste X-Wing hatte die Funktion aber noch nicht.

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Tolle Folge,

auch wenn mir ein Wichtiges Tool von damals in der Aufzählung fehlt:

Wer kennt noch den DLH Dirty Little Helper?

Was haben wir uns immer gefreut, wenn mal wieder auf ner CD ne neue Datenbank dafür drauf war.

.

Und zum Thema, “Da wurden Werte im Arbeitsspeicher gesucht und verändert”.

Das geht heute immer noch so und wird oft und viel verwendet.

Dazu nutzt man an besten “ArtMoney” oder hoch bekannter “Cheat Engine”.

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COLINWASHERE :money_mouth_face:

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Solange es Singleplayer ist, soll doch jeder cheaten, wie er will. Ich denke neben den (heute oft zu bezahlenden) Cheats hat sich vieles in Richtung Mods verlagert. In Project Hospital fange ich fast immer mit mehr Geld an und hebe das Personallimit an. In Factorio nehme ich gleich mal ein paar Bauroboter mit. Einfach weil der Spielstart sonst viel zu zäh ist und ich das schon x-Mal durch habe oder ich in Limits laufe, die man für die Spielstabilität nicht mehr braucht.
Asus andererseits hat zurecht eine auf den Deckel bekommen. Cheaten im MP ist einfach nur Scheiße.
Einzig schade: Mit Mods werden meist keine Achievements vergeben. Aber natürlich ist das verständlich. Daher einen großen Shoutout an alle, die QoL-Mods Achievement-kompatibel hinbekommen.

Bei den Star Wars Flightsims gab es in den Optionen außerdem noch die offiziell zuschaltbare Unverwundbarkeit (und ich meine bei Tie-Fighter außerdem noch unbegrenzt Waffen und Schildenergie) - allerdings mit Malus auf den Fortschritt.

Gleiches Feature hatte dann auch Wing Commander ab Teil 3, allerdings ohne Nachteile. Ohne diese Mogeloption hätte ich Teil 4 niemals auf meinem vollkommen unterpowerten 386er durchspielen können (dagegen war die Amiga Fassung geradezu performant und rasant).

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Hier, ich. Der war doch auch immer mit Updates auf der Gamestar-CD. Oder war es PC Player?

Fun Fact: Die dazugehörige Seite dlh.net, die irgendwann mal auf Online-Spielemagazin umschwenkte, wurde übrigens irgendwann von AC Enterprises e. K. übernommen. Was ist daran so interessant, könnte man fragen? Tja ha, AC steht für Alexandra Constandache. Die ist bekanntermaßen Geschäftsführerin von … * tusch * … Topware Interactive. Nur mal so, weil jemand behauptete, Topware als Thema wäre langweilig. :grin:

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Ich zitiere mal von dlh.net

Um diese Sammlung wieder anderen zur Verfügung zu stellen, stelle man die Daten in einer der weitverbreiteten Mailboxen, im DLH-Fall die Bärenbox (Fidonet) aus Bonn. Über das weltweit operierende Fidonet verbreite sich der DLH sehr schnell und ein paar Monate später meldete sich ein Programmierer, Peter Lieven, der Folgendes sagte: „Der Inhalt des Programms ist Klasse, die benutze Datenbank ist Müll. Ich schreibe mal ein ordentliches Programm dazu.“ Gesagt, getan. Der DLH wurde so zu einem komfortablen, update-fähigen Programm, diese Update nannte man Module und sie erschienen am Anfang fast wöchentlich. Diese Module konnte man im Fidonet herunterladen, später wurden sie auch über die GameStar verteilt.

Daher wundert es mich ach, das darüber kein Wort verloren wurde.

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Ich habe damals nicht selbst Tomb Raider gespielt, aber ich kann mich trotzdem noch an an Gerüchte über den Nackt Cheat erinnern. Da sind auch ein paar kursiert die angeblich echt sein sollen und wenn es nicht funktioniert hat, hat man ihn nicht schnell genug eingeben oder so. Manche haben auch felsenfest behauptet, sie hätten Lara nackt gesehen.

Beim Thema Musk und Cheating musste ich an einen Roman denken, den ich vor einigen Jahren gelesen habe: “88 Namen” von Matt Ruff da ging es um ein ähnliches Thema.

Zum Thema Elon, bestätigt immer mehr das schlechte Bild was ich von dem Typen habe.

Tax the rich!

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Hallo zusammen,

beim Hören der Folge war ich im Abschnitt “Legenden um angebliche Cheats” etwas verwundert: Fabian erzählt, dass Mew nur durch Einsatz eines Gameshark-Moduls oder auf Promoevents zu kriegen war. Von einer Tastenkombination hätte man sich erzählt, die hätte aber nicht existiert.

Ich weiß nicht, ob ich das falsch verstehe, will hier aber korrigieren oder schlicht ergänzen: Man konnte Mew durchaus fangen, wenn auch nicht auf ganz regulärem Weg. Durch einen bestimmten (mittlerweile gut dokumentierten) Ablauf von Aktionen im Spiel konnte das Pokemon an einer bestimmten Stelle gefangen werden. Zum Beweis dient unten stehendes Bild. Dass ich auf keinem Promoevent war oder ein GameShark-Modul benutzt habe, müsst ihr mir schlicht glauben, schätze ich.

Na, da durfte der gute alte Advance mal wieder angeworfen werden, schön.

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Kennt noch jemand “Gametools” von Wong Wing Kin"?

Das war ein TSR Debugger für DOS. Damit konnte man Programme unterbrechen, den Speicher als Datei abspeichern und dann mit einem weiteren Speicherabbild vergleichen. So konnte man rausfinden, wo aus 100% 80% geworden ist. Dann konnte man die Hardware Debug Register(!) der CPU auf diese Adressen setzen und hatte einen Breakpoint wenn darauf zugegriffen wurde oder je nachdem wenn der Code dort ausgeführt wurde.

Damit konnte man dann den Code des Spiels im RAM ändern und mit Hex Editor dann auch permanent im Code. Ein use-case war z.B. der “Harvester der niemals leer wird” bei Dune2. Der konnte dann allerdings trotzdem zerstört werden und der Speicherbereich wurde dann manchmal zum “gegnerischen Panzer, der nicht abgeschossen werden kann”. Ich verdanke dem Tools wirklich viel was ich über 386 Assembler weiß.

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