Das Thema ist wirklich ganz spannend. Natürlich kann niemand gegen Gunnars Eindruck sprechen. Wenn da auf einer Messe alle Menschen feststellen, dass da eine Wende ist, ist das ja erstmal eine legitime Wahrnehmung.
Schaut man nochmal hin, ist die absolute Aussage natürlich auch angreifbar.
1.) Lizenzspiele: Da muss man schon sehr einschränken, was man meint. DOOM wäre fast ein Lizenzspiel geworden, Wolfenstein 3D ist ein Lizenzspiel, Commander Keen sollte eines werden, durfte aber keines sein. Gemeint sind aber nicht diese Spiele, keine Rollenspiele, keine erfolgreichen Literaturspiele, nichts Allgemeinfreies wie Lovecraft, sondern Spiele, die generisch sind (nicht unbedingt immer grottig, aber eben ohne Innovation) und ihren Kaufanreiz nicht aus dem Gameplay, sondern vor allem der Lizenz generieren. Da hat auch Lucasarts einiges mit Star Wars verbrochen. Aber es ist klar, dass es in den 80ern und 90ern Spiele gab, die schlechte Filmumsetzungen waren. Selbst bei Super Star Wars ballert sich ein im Film ja eher unerfahrener Farmer durch Monsterhorden. Man muss aber enorm einschränken und präzisieren, um das Lizenzspiel zu kriegen.
2.) Schlechte Spiele. Wie groß war da die Quote? Wie groß ist die Quote bei Pokerspielen, in denen Brüste zu sehen sind? Wie viele unbedeutsame 3D-Shooter sind erschienen, die schlecht waren. Echtzeitstrategiespiele, die keiner brauchte, weil sie nichts neues brachten. Am Ende fielen die Lizenzspiele auf, weil es so platt wirkte, auf ein langweiliges Hüpfspiel einen Comichelden draufzuflanschen.
3.) Die Wegscheide? Da würde ich jetzt massiv widersprechen, weil es danach ja nicht besser wurde. Harry Potter mag motiviert haben, sich bei aufwändigen 3D-Spielen mehr Mühe zu geben, aber diesen waren als billige Schrottspiele eh zu teuer. Und da greift die PC-Gamer-Sicht. Erinnert sich noch wer an Klingelton-Abos und Java-Spiele für Handys? Die Facebook-Game-Schwemme? Billigste Flashgames, die mit Werbung zugepflastert waren? Ist der 14 Teil von Call of Duty noch ein originelles AAA-Spiel oder nicht eher ein typischer Shooter, der die CoD-Lizenz trägt? Was ist den 50 Steam-Spielen, die jeden Tag erscheinen? Und Smartphone-Apps? Inzwischen sind Filmlizenzen generell weniger attraktiv, weil es mehr Filme gibt und der gemeinsame Kanon abnimmt, aber man kann ja Spielerechte kaufen und dann irgendeinen Mist mit dem Jagged Alliance-Titel schmücken.
Was stimmen mag, ist, dass für PCs und Konsole weniger Schrott erscheint, aber das liegt wohl daran, dass man den für Smartphones preiswerter produzieren und dort anders vertreiben kann. Generell haben sich Vertriebs- und Gewinnerzielungsmaßnahmen ja sehr gewandelt, da gibt es sicherlich viele Anpassungen und der Way-to-go ist anders, so dass irgendwo zwischen PS-Markteinführung und Xbox-Gamepass zig mal kleine und mal große Sprünge zu beobachten sind. Einer davon war sicherlich auch im Jahr 2001 und Harry Potter hatte da einen Anteil, aber da stecken meiner Beobachtung nach mehrere, komplexe und auch miteinander verschränkte Entwicklungen hinter.