Spiel mit Handlung....?!

Schönes Thema. Da gebe ich doch gerne auch meinen Senf dazu. Zur Ursprungsfrage: Ich würde sagen, ja und nein. :smiley: Das hier schon mehrfach besprochene „The Last Of Us“ ist ja prinzipiell schon eher ein Film als ein Spiel – wurde hier ja auch schon richtig festgestellt. Dass daraus eine Serie gemacht wurde, ist so naheliegend wie entlarvend: Das Spiel zieht mich als Spieler am Schnürchen zum nächsten Event, das irgendwie einprägsam, herzerweichend, whatever ist. Das ist auch alles gut und schön, dazwischen gibt‘s immer etwas Schleichzirkus oder Ballerbude und dann, zack, das nächste Event. Als ich das gespielt hab, hab ich‘s gerne „Uncharted ohne springen“ genannt. Ist ja im Wesentlichen das gleiche Konzept, nur mit krasser ludonarrativer Dissonanz (also „Uncharted“). Dennoch wohl gut genug, dass ein, na ja, mäßiger Film draus gemacht wurde.

Sind die Geschichten jetzt also besser als früher und der heiße neue Shit? Nee, würde sagen, grad nicht. Die Zombiegeschichte gab‘s so ähnlich ja auch schon in etlichen Filmen, „Uncharted“ ist ein „Indiana Jones“ mit mehr Patronen, etc. Aber hey, die Art, wie die Storys erzählt werden, die ist relativ neu und dermaßen in your face, dass es einfach wahnsinnig massenkompatibel funktioniert. Es gibt ja auch viel mehr Menschen, die zocken, als es früher der Fall war. Da kannste dann auch mal einen Artikel im Spiegel drüber lesen, wenn Naughty Dog was Neues raushaut.

Auch früher gab‘s aber schon wahnsinnig gut gemachte Storys: Nehmen wir „Final Fantasy 6“ oder 7 etwa. Die haben das mit ihren Mitteln noch recht abstrakt erzählt und sind daher ein bisschen in ihrer (für damalige Verhältnisse recht großen) Nische geblieben. Gab‘s dann ja auch Filme und Serien, aber die waren dann doch immer etwas arg verkopft, haben sich verzettelt und blieben überhaupt auch schon wegen ihrer Optik in der Nische, aus der sie kamen. Die Geschichten standen aber denen von heute vom Grundaufbau nicht zwingend nach. Heute gibt‘s halt ein dickeres Budget oben drauf, gute Writer für die Charaktere, orchestrale Musik, etc. Früher spielte sich da mehr im Kopf des Spielers ab und das musste dann für einen selbst funktionieren, ohne dass es einem das Spiel mit der Bratpfanne eingedroschen hat.

Würde also sagen, früher war‘s so anders gar nicht, wobei ich früher auf die 90er schieben würde. Irgendwo da in der Mitte lernten die Erzählungen in Spielen das Laufen, aber vielleicht ist das auch nur meine Wahrnehmung. Gab auch vorher schon „Might & Magic“ usw., das ging aber immer ein bisschen an mir vorbei.

PS: Ich find das heute aber insgesamt grade toll: Jegliche Art, eine schöne Geschichte zu erzählen, funktioniert nebeneinander. Das kann man halt so machen, wie es in „The Last Of Us“ gemacht wird, man kann es aber auch so machen wie in „Fallout 3“, wo ich mir die Details selbst erarbeite und neben der Narration eben auch viel im Kopf stattfindet. Oder nehmen wir „Persona 5“, das auch eine wahnsinnig tolle Story erzählt, das dann aber wie eine Visual Novel aufzieht und überhaupt keine Details zum Entdecken lässt. Auf der anderen Seite gibt‘s dann Spiele wie „Hollow Knight“ oder die Souls-Spiele, die irgendwie gar nichts direkt erzählen und daraus eine wahnsinnig faszinierende Welt komponieren, die man sich selbst erschließen darf (aber nicht muss), es gibt schön erzählte Indie-Games wie „Dredge“, „Celeste“, die das ein Stückweit so machen, wie das früher vor den pompösen Möglichkeiten von heute gemacht wurde und und und.

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Das kann ich voll bestätigen. Ich wollte auch immer wissen, wie es weitergeht. Hat aber auch nur der erste Teil so richtig geschafft. Da hatten sie irgendwie alles richtig gemacht.

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Kennst Du das Prequel „Before The Storm“?

Jepp, das kam dem ersten Teil vom Feeling her noch am nächsten und die Geschichte war auch spannend, weil man schon wusste, was passieren wird, nur nicht, wie. Hab ich auch sehr gerne gespielt und wollte wissen, wie es zu dem bekannten Ausgang denn nun kommt.

Teil 2 fand ich dann leider sehr enttäuschend. „True Colors“ hatte einen Hänger, aber gegen Ende hin hat mir das auch wieder viel Spaß gemacht. Insgesamt aber zu wenig gestrafft.

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Das Ende von „Before The Storm“, die letzte Szene…alter Schwede - die Inszenierung hat mich bis ins Mark beeindruckt.

Weitere Teile der Serie habe ich mir nicht gegeben. Irgendwie bin ich mir (fast) sicher, dass sie mich nicht packen werden.

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Du kannst sogar noch weiter zurückgehen. Einige Infocom-Adventures der 80er waren, selbst aus heutiger Sicht (Trinity), fantastisch geschrieben. Grim Fandango war in den 90ern auch so ein Spiel, bei dem ich am Ende vor Abschiedsschmerz einen Kloß im Hals hatte.

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Ja, das war wahnsinnig gut gemacht, stimmt. Und dein Gefühl ist da genau richtig. Die anderen Spiele versauen‘s halt leider so ein bisschen.

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Oh ja, „Grim Fandango“ ist auch so ein Kandidat. Bei den 80er Adventures hab ich leider eine große Lücke. Aber ich sag ja, es kann gut sein, dass da auch schon früher erzählerisch gezaubert wurde. Ist wohl echt nur meine Wahrnehmung mit den 90ern.

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Auch „Alter Ego“ kann man diesbezüglich aus den 80ern erwähnen. Es hatte ein wahnsinnig gut geschriebenes Skript, aus dem ich heute noch manche Passage zitieren kann.
Eine Szene

(ein Kind begegnet einem Pädophilen)

ließ mich zutiefst erschrocken zurück. Da dämmerte es mir seinerzeit vielleicht zum ersten Mal, was das Medium Computerspiele an Tiefgang leisten kann.

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ein Elend der 90er waren die Interactive Movies, die mit dem riesigen CD-Speicherplatz so taten, als würden Sie jetzt endlich etwas tun, was wir immer alle schon gewollt hatten, nämlich gar kein Computerspiel, sondern einen interaktiven Film… ich denke, wir wissen alle nee, wollten wir gar nicht! Das war nämlich meist einfach knalldoof und einfach kein Spiel mehr, sondern…Mist!

Wer Adventures spielt(e), gerade Textadventures wollte schon immer eine Geschichte erleben bzw. eine Hauptfigur durch eine Geschichte begleiten und ihr da durch helfen.
Wer ein Actionspiel spielte oder ein Jump and Run wollte gerne Action oder Jump and Run.
Vielleicht ist das ganze Phänomen der Feier des Storytelling in Computerspielen eh eher ein Spleen des „modernen“ Feuilleton, von Autor*innen, die selber gespielt haben und Spiele unterschätzt fanden, zu Recht!
(von jetzt an, keine blöden Spoiler-Gags mehr, versprochen!)

Vielleicht war es auch einfach der Wunsch, aufgeklärt und offen daher zu kommen, offen für neue Medien weil man Geschichten eben nicht immer nur zwischen zwei Buchdeckeln erzählen muß und immer nur die üblichen Dostojewskis, warum nicht mal Ron Gilbert?

Ich habe das Gefühl, dabei hat man sich vielleicht auch einfach vergallopiert. Wie Phantomas, so habe ich es verstanden, schön darstellt, ich habe Lastofus nicht gespielt, ist das am Ende eine Abfolge von Ereignissen (Cutscenes?) mit ein bißchen Spiel dazwischen, das man erledigen muß(?), um zu erleben, wie es weitergeht. Ist das innovatives, modernes, zukunftsweisendes Storytelling?

Weit interessanter finde ich in dem Zusammenhang tatsächlich etwas wie „Gone Home“ (Beispiel weil ich das wirklich mal gespielt habe), da erschließt sich ein Bild, das man erforscht, eine Geschichte, für die man evtl. sensitiv oder empathisch genug sein muß, daß das nicht nur ein Bild ist, zu dem man sich seinen Teil denkt, das auch eine Geschichte erzählt, aber ich bin an Bildinterpretation vielleicht gar nicht interessiert…?!

Vielleicht haben eben sogar die uralten Spiele eine Geschichte erzählt, die, wirklich innovativ, der Spieler sich selbst ersann, und das sogar bei Space Invaders, Defender oder Pitfall. Ich komme immer gerne mit dem Beispiel mit dem Artwork von Packung und Cover, die das Setting etablieren, dann bewege ich mich als Spieler in diesem Setting und erlebe meine eigene Geschichte, erzähle mir vielleicht, wie sich Pitfall Harry gerade in dem unterirdischen See fühlen muß, ohne Orientierung, ob er wieder an Land kommt, oder von den Selbstzweifeln des Roderick Hero, ob er den Verschütteten noch rechtzeitig retten kann… okay, nicht wenige waren vielleicht einfach auf Highscorejagd, aber nicht wenige haben sich selbst auch Geschichten beim Spielen mit Playmobil und Lego erzählt, dann eben auch beim Computerspiel, eigentlich, für mich, die interessantere Form des Storytelling. Last of Us, bestimmt toll inszeniert aber vielleicht auch ein bißchen faul oder so üblich, wie ne Fernsehserie halt?

Begeistern tut mich heute noch, wie es mich damals begeistert hat, für mich beim Spielen Geschichten zu entwickeln, dann habe ich das bei meinen Kindern erlebt, die beim Spielen Geschichten erzählten, die dort im Spielzeug zu finden waren oder auch von mir aus mit Mario oder Yoshi mitlitten, ob der wohl das Ende des Levels erreicht.

Jetzt könnte ich auch sagen: boahey, das Buch, die faulste aller Arten, eine Geschichte zu erleben, da steht ja alles, sogar was der Typ denkt, was sie an ihm nicht mag, was er für fiese Pläne hat, wie sie das schon gemerkt hat, mitdenken muß ich da gar nicht mehr.

Eigentlich schade, daß Computerspiele jetzt so sind, so wie Bücher und Serien.
Eigentlich schade, daß Serien heute so sind wie Filme und Bücher.
Eigentlich schade, daß im Feuilleton gefeiert wird, wenn jetzt etwas so ist, wie alles andere.
Oder?

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oh ja, „Alter Ego“, tolles Beispiel, irgendwie, ich spiele DAS heute tatsächlich noch relativ häufig mal zwischendurch

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vielleicht paßt das hier sogar ein bißchen hin:
Little Computer People

bemerkenswert, die Erschütterung von Herrn Kleimann, wie ihm das Schicksal vom Little Computer… äh… Peop nahe geht, weil er Storytelling erlebt, in einem Spiel voll ohne Storytelling.

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Wenn man gemein ist, könnte man „The Last Of Us“ schon als eine Art Cutscene beschreiben, in der man mitspielt. Hmm, ist aber vielleicht auch zu kurz gegriffen. Das Spiel hat schon Gameplay und das funktioniert auch gut für das, was es eben anbieten möchte. Ich hab das Spiel schon auch sehr gemocht und es hat wirklich seine Gänsehautmomente. Etwa, wenn man plötzlich auf die zerstörte Stadt blickt, die von der Natur zurückerobert wurde und dann taucht plötzlich auch noch eine Giraffe auf, die wohl mal aus einem Zoo ausgebüxt sein muss und an der anscheinend die Zombies kein Interesse hatten.

Man muss sich halt drauf einlassen wollen. Es gibt ja auch Tage, da guckt man vielleicht ganz gerne mal einen Marvel-Film und dann, an einem anderen Tag, schaut man sich „Black Swan“ an und denkt hinterher noch ein bisschen drüber nach. So ist das mit Spielen genauso, find ich. Ein „The Last Of Us“ hat halt schön geschriebene Charaktere, die Gesichtsanimationen sind super, und wenn man sich drauf einlässt, wird man wahrscheinlich gut unterhalten.

Es ist halt aber eben kein „Baldur‘s Gate“, kein „Nier Automata“, kein „Bloodborne“. Das muss ja nicht schlimm sein. Dass sich das Feuilleton gerne mal auf sowas stürzt, find ich auch gar nicht wild. Für die Autoren ist es halt leicht, das Spiel zu „sehen“. Die gucken und denken, oha, so sind Spiele also heutzutage, die erzählen ja richtig was.

Damit erfassen sie das Medium natürlich nicht annähernd in Gänze, klar. Aber ist das nicht auch ein Beweis dafür, wie weit man mit Spielen heutzutage gekommen ist? Ich erinnere mich, dass ich in den 90ern manchmal angeschmunzelt wurde, wenn ich irgendwo in der Öffentlichkeit eine Spielezeitschrift las. Heute reicht mir der Teamleiter eines anderen Teams meiner Firma bei der Firmenreise kurz mal die Gamestar rüber, weil da ein Artikel über „Elden Ring“ drin ist. Die Spieler und Spielerinnen von früher sitzen heute in Firmen und vielleicht manchmal auch in den Redaktionen des Spiegel und Co. (Erkennt man dann an den besseren Artikeln zum Thema.)

Im Zweifel würd ich sagen: Einfach mal „The Last Of Us“ ausprobieren. Wenn das nach einer Stunde nichts für dich ist, okay, dann ist‘s ja auch kein Problem. Hmm, fällt mir ein, gibt‘s das eigentlich auch für andere Plattformen als die PS? :smiley: Da gibt‘s das übrigens samt Addon aktuell im erweiterten Plus-Abo.

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Mit der nötigen intellektuellen (kriminellen) Energie :wink: kannst du zu jedem Gegenstand eine kulturwissenschaftliche oder philosophische Abhandlung schreiben. Ist auch immer eine gute und oft sogar fruchtbare Fingerübung.

Ich verstehe nicht, wieso »Feuilleton« ein wenig als Reizwort empfunden wird. Letztlich ist es eine Form von kultureller Wertschätzung des Mediums.

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ooooh, dann bitte ich um Entschuldigung, denn dann ist das falsch rübergekommen, ich liebe das Feuilleton, es ist sogar so, ich lese gerne so eine WochenZEITung, daß ich da ZUERST das Feuilleton rausfingere und das lese, wenn ich mit der Zeitung zuhause sitze, also meine ich das gar nicht so doll als Reizwort.

Ich denke, ich spiele einfach gerne den advocatus diaboli und mäkele in alle RIchtungen.
Was mich immer ein bißchen nervt, ist, das wird jedem so gehen, wenn ich etwas lese über etwas wo ich auch ein bißchen was weiß und der Autor, der das erklären oder deuten möchte, weiß davon weniger oder gibt sich einfach ein bißchen wenig Mühe.

[EINSCHUB: mir ging das bei meiner lokalen abonnierten Tageszeitung so. Immer wenn sich der dafür zuständige Autor auf das Gebiet hinausschrieb, in dem ich beruflich tätig bin, war ich nach dem Lesen des Artikels sicher nicht schlauer, sondern genervter. Wenn ich mit Freunden darüber sprach, dann stellte sich heraus, daß es ihnen bei der Zeitung mit ihren beruflichen Gebieten, also ganz allgemein mit den Bereichen ging, von denen sie wirklich viel wissen, genau so ging. Das führte bei mir zu SO einer Unzufriedenheit, daß offenbar kein Bereich so richtig für die Leser*innen befriedigend bearbeitet werden kann und das Überregional ALLES auch irgendwoanders besser steht, daß ich die Zeitung nach tatsächlich Jahrzehnten de-abonniert habe.]

Viel zu langer Einschub, damit sagen wollte ich bloß, daß manchmal das Feuilleton in seinem lobenswerten Willen, sich auf „neue“ Gebiete zu bewegen, sich derart tappsig anstellt, daß man davon ein bißchen genervt ist. Das ändert sich aber. Ähnlich geht es mir übrigens, wenn dort das Thema Comics, natürlich nur als „Graphic Novel“ behandelt wird… egal, anderes Thema, keine Einschübe mehr!

Natürlich wird inzwischen im Feuilleton auch von Leuten über Computerspiele geschrieben, die sich damit viel besser auskennen, leider nur zu selten, ist einfach mein Gefühl. Dann wird das gerne gepaart mit so einer dem Genre offenbar eingewobenen Attitude von Checkerhaftigkeit und Pionierseligkeit angesichts des wilden Landes Computerspiel, in das man sich dort getraut hat…

ich hoffe, ich konnte mich erklären, warum ich das „Feuilleton“ so ein bißchen angemosert habe, in Wirklichkeit liebe ich es und daß sich Autor*innen dort um die Erklärung der Welt aus ihrer Sicht bemühen.

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Es gibt halt auch da schwarze Schafe oder überarbeitete und unterbezahlte Redakteure.

Habe diese Enttäuschung gerne mal bei Filmrezensionen, insbesondere, wenn ich merke, da hatte jemand nicht genug Zeit, den Film setzen zu lassen oder einfach diesen nicht gesehen oder verstanden (Ich hasse mich, wenn ich das schreibe) . Bei der Zeit habe ich mich über eine Filmbesprechung zu Refns The Neon Demon geärgert.

Ein spannendes Thema, über das man ganze Abhandlungen füllen kann und das sich aus sehr verschiedenen Perspektiven betrachten lässt.

Mal eine provokante These: The Last of Us ist eine Bankrotterklärung der Spiele in Bezug auf die Existenzberechtigung der Spiele als relevantes Storymedium und das Gegenteil eines Meilensteins.

Wieso? Im Prinzip besteht The Last of Us aus zwei Teilen, nämlich Zwischensequenzen und Spielabschnitten. Wenn ich einen Spielabschnitt gelöst habe, werde ich mit einer Zwischensequenz belohnt. Hin und wieder mag es sogar sein, dass sich eine Sequenz leicht abändert, abhängig davon, wie ich gespielt habe. Vielleicht verpasse ich auch mal hier und da was, weil ich nicht richtig genug gespielt habe, aber am Ende wird eine Erzählung nur gestückelt und durch Spielabschnitte unterbrochen. Bei Final Fantasy ist es nicht anders. Noch krasser wäre da ein Uncharted, weil Spielabschnitte mit Massenmorden und emotionale Filmsequenzen narrativ nicht zueinander passen.

Die Spiele retten sich oft mit dem Enviormental Storrytelling, als wäre das eine neue Erfindung, die es andernorts noch nicht gab. Das stimmt aber auch nicht, denn jedes Filmset erzählt etwas über die Welt und die Handlung, ohne dafür extra gelobt werden zu müssen. Wenn man bösartig wäre, könnte man also sagen, dass es Spiele nötig haben, hier Relevanz zu suchen, weil sie sich irrelavant fühlen.

Und genau da ist das Problem, in meinen Augen: All diese Debatten gehen ganz oft in die Richtung der Anerkennung von Computerspielen. Wer Herrn Walk eine Weile verfolgt hat, der sehr viel in diese Richtung nachgedacht und gerade auch bei The Pod an Gedanken geteilt hat, merkt auch, dass er das oft mit der Angenda getan hat, Computerspielen (durchaus auch finanzielle) Anerkennung zukommen zu lassen. Für mich als Spieler ist es aber vollkommen egal, ob ich die Geschichte von Indiana Jones, der Atlantis sucht, als Film, Buch oder durch Rätsel unterbrochene Pixelart-Geschichte vorgetragen bekomme. Wie André und Christian bei 10JK neulich schon sagten: C&C wurde auch oder gerade deswegen Level um Level gespielt, um eine neue Videosequenz zu sehen.

Natürlich können Spiele auch mehr, aber das können sie in meinen Augen vor allem dann, wenn man sie dabei Spiele sein lässt. Dann ergeben sich die Geschichten nämlich von ganz alleine, so wie bei Elite. Privateer ist da ein spannendes Brückentier. Auf der einen Seite zieht es den Spieler durch eine klassiches, von Spielelementen zerstückelte Geschichte, anderersseits öffnet es immer wieder Räume für eine eigene Geschichte, die durch den Spieler entsteht. Ich bin ewig mit dem ersten Schiff geflogen, habe dann auf den Frachter gewechselt, Kohle gescheffelt und dann erst mit dem letzten Raumschiff die Story begonnen. Ich habe mich nicht als Pirat verdingt und wollte „gut“ sein, wobei ich natürlich jede Art von Mission angenommen habe. Andere Spieler haben sich aber als Piraten erlebt, als Kopfgeldjäger oder primär als Händler. Das Spiel hatte also eine Geschichte des Spielens und eine in Filmsequenzen. Interessanterweise kann ich man die Spielgeschichte auch nach fast 30 Jahren noch erinnern, an die Filmsequenzen aber überhaupt nicht, außer dass es sowas gab.

Es gibt natürlich viel mehr Ansätze und Versuche, Dinge auszuprobieren, aber in meiner idealen Welt müssen diese nicht mehr für Rechtfertigungen herangezogen werden, weil es natürlich ist, dass man eine Geschichte auf vielfältige, gleichberechtigte (nicht gleiche) Arten erzählen kann, auch wenn das vermutlich nie so sein wird und auch nicht so ist, selbst wenn Medien gleichwertig sind. Fans werden einen Star Wars-Film immer als für ihre Perspektivbildung wichtigste Quelle sehen, dann eine Serie, dann ein Buch, dann ein Comic oder Spiel. Das ist vielleicht gerade mit der Reihenfolge eine gewagte These, aber wenn parallel eine neuer Film und ein Comic erscheinen und der Schauspieler hat blonde Haare, im Comic ist aber ein dunkler Braunton gewählt, wird die Actionfigur blonde Haare haben und nicht braune.

Es geht mir aber viel mehr darum, dass es schön wäre, wenn man das Medium seiner Wahl irgendwann konsumieren und dabei irgendeine Form der Geschichte erleben könnte, ohne innerlich einen Rechtfertigungsdruck zu verspüren, wie es gerade uns Spielern immer wieder geschieht. Das ist vielleicht auch eine gewagte These, aber ich kenne Menschen, die Transformers als unterhaltsamen Film beschreiben, die CoD-Kampagnen aber „nur“ gespielt haben, um Skins für den Multiplayer freizuschalten. Da wird jede Form von Unterhaltensein geleugnet, weil die Story nicht tiefgründig ist. „Aber Rambo 3, das war damals ein Actionfilm, wow!“

Ich möchte damit natürlich auch nicht die hiesige Deabtte verdammen, ich glaube nur, dass Computerspiele gar nicht irgendwo aufschließen, kein Leitmedium sein müssen und keine Quantensprünge brauchen, sondern schon seit vielen Jahren so viel bieten, nur dass wir Spieler das oft selbst nicht merken. Das Universum der Unendlichkeit ist ein fürchterliches Buch, sowohl im literatischen als auch im gamistischen Sinn. Es erklärt nicht einmal seine Regeln richtig. Aber es ist dennoch ein Vehikel gewesen, mit dem Gunnar und Mháire eigene Geschichten erleben konnten. So wie Elite auch. Hier eröffnen Spiele neue Möglichkeiten, spielerisch. Klassische Geschichten erzählen sie schon immer so gut und schlecht wie jedes andere Medium auch. Sie bieten aber zusätzlich einen Raum, in dem ein Spieler spielen kann - und dabei eine ganz persönliche Spielgeschichte erleben, die sicherlich abhängig vom Spiel mal mehr und mal weniger spannend ist, mal mehr und mal weniger vom Designer mit inhaltlichen Intentionen wie dem Erleben von Emotionen gefüllt ist, mal mehr und mal weniger als solche wahrgenommen wird. Aber selbst eine Partie Mensch-ärgere-dich-nicht wird am Ende eine Geschichte haben.

Noch ein Gedanke zum Schluss: Wir Spieler heben oft total glücklich FF7 empor und dann die eine emotionale Szene, weil wir damit nach außen belegen können, auch etwas Ernstzunehmendes zu haben. Oder TLoU. Warum heben wir denn nicht Elite hoch? Warum erheben wir Spieler eine Filmsequenz zum emotionalen und erzählerischen Highlight des Computerspiels? Warum muss es partout ein Stück erzählte Geschichte sein, warum darf es um himmelswillen keine erlebte Geschichte sein, etwa als wir nach zig Stunden eine Stelle endlich geschafft haben? Warum kommunizieren wir nicht, welchen Spaß es gemacht hat, nach 3 Stunden endlich die Zeit eines Freundes beim Autorennen geknackt zu haben? Vermutlich weil es uns peinlich ist und wir es selbst nicht als wertvolle Erfahrung erleben. Wir haben drei Stunden lang auf einen Monitor geglotzt für ein paar Glückhormone. Was wir da hätten lesen können. Oder wenigstens einen spannenden oder gar "intellektuell wertvollen"™ Film anschauen. Vielleicht erheben wir Spieler gerade deswegen so gerne ein TLoU zum erzählerischen Durchbruch, weil wir selbst nicht daran glauben können, dass der Durchbruch zuvor schon längst stattgefunden hat.

Allerletzte Anmerkung: Das soll kein Angriff auf all jene sein, die TLoU mögen oder darin etwas besonders sehen. Es geht mir einzig um die Perspektive auf das Medium Spiel und unsere - hier natürlich zuvorderst meine eigene - Einstellung dazu.

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Ich sehe Elite und andere Sandboxopenworldspiele eher wie sowas wie Lego an. Ja, man kann sich eine eigene Geschichte dazu ausdenken, aber letzendlich besteht es nur aus ein paar simplen Bauklötzen bzw. Minispielchen, und sich wiederholenden Missionen, oder per Zufallsgenerator aus ein paar Versatzstücken zusammengesetzten Missionen.

Ein weißes Blatt Papier wäre demnach auch ein super Spiel, weil man darauf mit Fantasie eine selbst ausgedachte Geschichte aufschreiben kann.

Also persönlich will ich mir meine Geschichten beim Spielen nicht selber ausdenken oder erschaffen müssen. Ich bin auch kein Freund von Leveleditoren wie Dreams von Media Molecule. Sowas empfinde ich als Arbeit. Oft finde ich diese selbst erschaffenen Geschichten auch langweilig. Das merkt man, wenn man sie Außenstehenden erzählt, ähnlich wie bei Träumen. „Und dann bin ich zu diesem Planeten geflogen und wurde von Raumpiraten angegriffen… aber ich konnte meine Ladung abwerfen und entkommen.“

Den Ansatz finde ich interessant, aber meine Haltung dazu ist eher negativ. Ein Spiel sollte als erstes eine extrem spaßige Mechanik bieten. Eine Story obendrauf ist auch super, muss aber nicht sein. Ein Beispiel für eine gute Mechanik sind für mich Robotron und Space Taxi. Da denke ich mir keine Story zu aus, habe aber auch heute noch riesigen Spaß ähnlich wie bei einer realen Runde Tischfußball.

Aber diese krampfige Flugmechanik von Elite… macht die wirklich heute noch jemandem Spaß? Und dann noch die ewig gleichen Planeten und Raumstationen…

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»Im Prinzip besteht The Last of Us aus zwei Teilen, nämlich Zwischensequenzen und Spielabschnitten. Wenn ich einen Spielabschnitt gelöst habe, werde ich mit einer Zwischensequenz belohnt.«

Gerade an dem Punkt würde ich widersprechen. In den Gameplay-Abschnitten wird geschickt die Narration weitergeführt. Das passiert z.B. durch fortlaufende Dialoge. Das gab es natürlich schon vorher, nur eben nicht so gut integriert.

Aber unabhängig davon würde ich sagen, dass nicht jedes Computerspiel eine Narration ist. Tetris, Elite oder Lemmings erlebt man. Darüber kann man sich in der Fantasie natürlich eine Geschichte ausdenken. Manche Spiele haben auch einfach nur eine lose Rahmenhandlung, das Gameplay ist hier aber keineswegs narrativ.
Ein narratives Spiel benötigt zuvor ein Skript oder einen Autor. Das kann natürlich mittlerweile auch eine kreative KI sein. Jedes Computerspiel hat natürlich als eine Art »interaktive Skulptur« eine Ästhetik, die einem in der Perzeption etwas sagen kann. Unter einer Erzählung, egal, wie sie vermittelt wird, verstehe ich eine vorher festgelegte Geschichte. Dabei ist egal, ob aktiv erzählt oder wie im Walking Simulator durch den Spieler aus der Umgebung erschlossen wird. Vielleicht ist es sinnvoll, hier in Computerspiele im Sinne der bildenden Kunst (Tetris z.B.) und im Sinne der darstellenden Kunst (Monkey Island z.B.) zu unterscheiden. In diesem Sinne ist jedes Computerspiel als ästhetische Erscheinung Teil der bildenden Kunst, nicht jedes aber eine Handlung darstellend.

Kleiner Themenwechsel:

Zum Thema passt dieser schöne lustige Beitrag von Prof. Brain Moriarty (Wishbringer, Trinity, Loom) auf der GDC zur Frage, ob Computerspiele Kunst sein können:

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Was ändern die Dialoge groß am Gameplay?
Böse gesagt läuft also ein Hörbuch nebenher. Klar ist die Struktur des Gameplays, der Levels, auf so eine Art der Erzählung ausgelegt. In solchen Momenten dürfte wenig Action sein um das Hören besser zu gestalten.

In jedem Spiel passiert eine Geschichte durch das Gameplay.
Zum Beispiel in Elite nimmt man einen Auftrag um Räuber zu beseitigen. Bevor man los fliegt rüstet man vielleicht noch sein Raumschiff aus. Dann reist zum Zielpunkt. Jeder Aktion in Kampf ist Teil der erlebten Geschichte. Erste Signale auf den Radar, Scouts schnell erledigt, ein spannender Kampf mit dem Boss, Schilde hoch, Racketen abfeuern, auf Nahkampfwaffe wechseln, der weicht gut aus, meine Schilde sind fast unten, Siegtreffer, Loot einsammeln, Rückflug, aufgehalten von Wegelagerern, schnell besiegt aber Schaden ab bekommen, an der Basis schnell die Quest abschließen, Belohnung kassieren, Schiff reparieren, auf zur nächsten Quest.
Eine Geschichte die komplett ohne Zwischensequenz auskommt.
Und so kann das jede Form von Gameplay. (Klar ist das nicht immer gleich interessant. Man mag auch nicht jeden Film.)

Etwas, dass jedes Multiplayerspiel hat. Kennst du die Geschichten aus EVE Online von Kämpfen zwischen Spieler-Allianzen? Teils mit Spionage und Verrat. Such in dem Zusammenhang nach The Great War.

Das scheint mir sehr eingeengt zu sein.
Wenn der Opa vom Krieg oder das Kind von der Schule erzählt ist das doch auch kein Autor?! Sie erzählen was ihnen in einer interaktiven System passiert ist.
Wo ist der Autor im Fußball? Auch wenn wir nicht mitspielen erleben wir doch eine Geschichte, eine die ein System generiert. Unser auch unsere ganz eigene auf der Coach vor dem Fernseher.

Gamedesigner legen Strukturen von möglichen Geschichten fest. Nicht jede einzelne Wendung und alle Protagonisten.
Die typischen Ausgänge eines Fußballspiels, einer gewinnt oder Unentschieden. Die Rollen auf dem Platz stehen fest, besetzt sind sie nicht durch Leute die die Regeln gemacht haben.
Wie der Spiel ausgeht, und wie es verlief, dafür sorgen vor allem die Spieler.

Der von @SebastianT erwähnten Wolfgang Walk hat die hilfreiche Unterscheidung zwischen einer aufgesetzten und einer emergenten Geschichte gemacht.
Aufgesetzt ist was mir vor Zwischensequenz und festgelegte Audiodialoge vermitteln.
Emergent ist was mir als Spieler passiert, worauf ich wie im Spiel reagiere und welche Entscheidungen ich im Gameplay treffe.
Letzteres haben alle Spiele. Erstes nicht alle und zwischen beiden kann es leicht zu Widersprüchen kommen.

Ich bin da ganz bei @SebastianT:

Spiel als interaktives Erleben.
Das kann auf unterschiedliche Arten sein.

Du hast noch eine Antwort auf einem vorherigen Beitrag gut. Ich habe das nicht vergessen.

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