Für dich ist sozusagen alles narrativ. Dann können wir aufgrund unterschiedlicher Begriffe nicht zusammenkommen. Du kannst dir natürlich immer zu allem was dir passiert eine Geschichte ausdenken und vielleicht sogar dokumentieren. Dann bist du der Autor und ich meine nicht nur im Sinne von Urheber. Wir haben schon unterschiedliche Begriffe von »Autor«. Im Grunde handelst du in Elite frei innerhalb der Regeln dieser offenen Welt. Darüber kannst du natürlich eine Geschichte erfinden oder eine Historie aufstellen. Aber das Spiel selbst ist doch hier nicht erzählend. Es gibt zwar Handlung in dem Sinne, dass du handelst und die Welt reagiert, aber doch nicht Handlung im Sinne einer Geschichte.
Hä?
Es ist genau mein Punkt, dass es unterschiedliche Begriffe braucht. Die ich genannt habe.
Du sprichst bei TloI von der aufgesetzten Geschichte, mir geht es um die emergente Geschichte.
Tetris hat keine aufgesetzte, sehr wohl eine emergente.
Es geht mir um eine neue Art Geschichten zu erzählen.
Eine die kein rein passiver Konsum ist wie Lesen, Hören, Sehen (sicher hat sie auch Anteile davon, ich muss ja sehen was auf dem Bildschirm passiert).
Sondern bei der der zentrale Punkt mein aktives Mitwirken ist.
Die auch später wir selbst erzählen können.
Es gilt das Konzept der Geschichte weiter zu differenzieren.
Von mir aus können wir das auch anders benennen. Wobei ich die Vorschläge von Walk passend finde, benutze sie selbst seit Jahren und u.a. bei The Pod Verwendung finden. Hast du andere Vorschläge?
Return to the Obra Din und What remains of Edith Finch sind sogar Bespiele dafür, wie eine lineare Geschichte(sstruktur) vorher von einem Autor bereits festgelegt worden sein kann und wir sie interaktiv nacherleben. Alles ohne große Zwischensequenzen.
Dieser Artikel zeigt weitere Möglichkeiten der Unterscheidung auf.
Die Geschichtsart eines Spiels mit mechanischem Fokus (mein Bespiel von Elite, Tetris) ist nicht die gleiche wie die eines mit Fokus auf narrative Interaktion (Edith Finch, This War of Min). Und noch eine Stufe tiefer.
Aber die “emergente Geschichte” ist doch nichts anderes als eine ad-hoc vom Spieler selbst ausgedachte Geschichte, um dem Gameplay irgendwas Übergeordnetes hinzuzufügen. Das ist wie das dumme Zeug was sich ein Kleinkind ausdenkt wenn es mit Dinosauriern oder He-Man Figuren (oder eben mit Legosteinen) spielt und sich dazu irgendeinen Unsinn ausdenkt?!? Also ich erwarte da mehr. Genau deswegen empfinde ich das Spielen mit kleinen Kindern auch oft als extrem langweilig.
Bei MMOs ist das auch ähnlich. Bei Tabletop RPGs hat man wenn man Glück hat zumindest noch einen kompetenten und kreativen Dungeon Master, der eine coole Rahmenhandlung vorbereitet hat.
Wer es mag soll es machen, aber für mich ist das zu schlaff.
PS: Das Beispiel mit Elite ist genau das, was jeder erzählt, der Elite spielt. Es scheint so ziemlich das einzige zu sein, was einem in dem Spiel passieren kann. Gibt es da auch noch andere emergente Geschichten, die einem widerfahren können, und speziell auch welche, die dann auch länger als eine oder zwei Missionen konsistent weiter laufen?
Ein besseres Beispiel ist vielleicht Nethack, weil man da wirklich viel mehr Möglichkeiten hat. Jede Taste des Keyboards ist mit möglichen Handlungen doppelt und dreifach belegt. Zum Beispiel kann man den Namen seines Gottes in den Staub ritzen usw.
Schau mal bitte in den Artikel den ich zu letzt genannt habe, da werden unterschiedliche Arten mit Beispiel-Spielen genannt. Probier welche davon.
Papers Please sei noch genannt.
Ja, in Elite wird nicht viel mehr passieren. Wobei ich es selbst nicht gespielt habe, sondern aus Erfahrungen mit ähnlichen Spielen darauf schließe. Nethack kenne ich nur von Namen nach.
In solchen „macht“ man sich seine Geschichte selbst.
Wobei die Geschichte dort auch nicht der Fokus ist, sondern mehr die mechanische Herausforderung des Gameplays. Die emergente Geschichte dort ist mehr ein Nebeneffekt. Aber einer der passiert.
Bei TTRPGs empfehle ich dir zum Einstieg in den Indie-Bereich My Life with Master und Dogs in the Vineyard. Das sind teils Spiele komplett ohne Spielleiter, bei denen alles von den Spielern kommt. Mit Unterstützung des, getrieben vom, Regelsystem.
Wenn das alles nicht deins ist, dann ist das völlig in Ordnung.
Jeder will was anderes. Es gibt eine große Bandbreite (Naja, AAA ist schon krass dominant. Wobei einfache Mobile Games einfach nochmal mehr Umsatz machen, nur das die kaum jemand auf dem Schirm hat.)
Nethack wäre da auch mein Beispiel der Wahl tatsächlich gegeben, die Geschichten die das Spiel schreibt sind schon interessant, insbesondere wenn man trotz explodierender Bag of Holding und so noch gewinnt, oder ausversehen eine Dose mit einem verfluchten Dosenöffner öffnet (Herrje, Anfängerfehler). Und das ist ja die Sache, diese Geschichten sind eben keine ad-hoc vom Spieler selbst ausgedachten Geschichten sondern entstehen direkt aus den Spielmechaniken raus. Das hat nichts mit dem oben erwähnten leerem Blatt Papier zu tun.
vielleicht ist einer der wichtigsten Sätze tatsächlich schon ganz früh im Gespräch gesagt worden, von Rahel:
„unterschiedliche Medien können unterschiedliche Dinge“
[Spiel mit Handlung....?! - #2 von Rahel]
Und das Computerspiel kann natürlich viel und obwohl es inzwischen ein würdiges Alter erreicht hat, fragen sich die Menschen immer noch, WAS es alles kann.
Dazu kommt dann noch so eine Emanzipation vom „Kinderkramspielzeug“.
Weil ich mich auf DEM Terrain ganz wohl fühle und da viele Ähnlichkeiten sehe, wie DARÜBER gesprochen/geschrieben wird: der Comic…
Der Comic wurde nicht dafür ernst genommen, was er ist (vielleicht muß man ja auch mal nicht alles Gute ernst nehmen, aber es ist bei einer Tradition von E und U eben der Ernst positiv besetzt und das U als Dönekes gestempelt), sondern er mußte erst das Marketingbranding „Graphic Novel“ bekommen und damit einhergehend beschissen gezeichnet sein (ich bitte um Entschuldigung für diese unsachliche Überspitzung…), damit man ihn ernst nahm und zugeben konnte, daß sie bemerkenswerte Geschichten erzählt, und DAS tut eben in der Wahrnehmung auch nur die Graphic Novel über einbeinige Reisbauern auf Sylt oder wenigstens eine Biographie über Margarete Schisslawengsmann, einer einbeinigen Reisbäuerin auf Sylt um 1879 und auf keinen Fall ein Batman oder Schlümpfe-Comic und ich darf hier mal lösen: tun letztere beide nämlich doch, ganz abgesehen davon, daß sie auch noch hervorragend unterhalten und toll aussehen!
Comics beispielsweise können sich aber im Gegensatz zum Computerspiel nicht bewegen und man kann sich nicht interaktiv durch sie hindurchbewegen, obwohl… in beide Richtungen blättern geht NEIN quatsch, das kann er nicht, die Handlungsstränge und -sequenzen evtl. neu anordnen, dadurch, daß sich der Spieler anders durchs Spiel bewegt, Nebenquests, unterschiedliche Teile der Umgebung und der ihr innewohnenden Charaktere und Handlungselemente kennenlernen, plötzlich erhält vielleicht eine NEBENquest für mich eine viel größere Bedeutung als die Hauptstory, dann verwurzele ich mich/meinen Avatar mittels Interaktion in der Spielwelt/im Setting und damit mich emotional ganz anders als im Film, der Film, der das auch alles nicht kann und sowieso unglaublich schwerfällig georden ist durch das ganze Geld, das er wie der Gletscher eine Endmoräne vor sich herwälzt, das kann das Buch auch nicht, das noch nicht mal Bilder kann obwohl…aber das ist ja gar kein Buch…!
Dieser Beitrag ist gar keine Erwiderung auf die letzten Beiträge, es war nur ein Gedanke, der mir durch den Kopf ging und die Erinnerung an den Satz von Rahel.
Aber doch, weil wir uns ein bißchen in einem Kreis zu drehen drohen:
der Gegensatz zwischen der Geschichte die man sich selbst erzählt, die einem evtl. das Spiel erzählt (Elite, Warlords, Defender) oder die Geschichte, die mir das Spiel erzählt und das auf unterschiedliche Arten, das kann das Computerspiel eben beides, das eine wurde nur nie ernst genommen und als Kinderkram etikettiert, das andere beginnt man „ernst zu nehmen“. Ist das so berechtigt, warum konnte man das Computerspiel denn nicht ernst und wichtig nehmen, als es noch krawallig schwer zugänglich, ein bißchen kryptisch und gleichzeitig anspruchsvoll und volle Wumme pulpig war?!
Warum beginnt man es jetzt ernst zu nehmen, wo es ist, wie Film oder Buch oder Serie, weil es sich jetzt den Gepflogenhieten dessen beugt, was man als Kulturform eben gewillt ist, ernstzunehmen?