Frohes neues Jahr und danke für die Folge. Toller Start in 2024.
Insgesamt habt ihr das Spiel ausführlich erschlossen. Da gibt es gar nicht viel hinzuzufügen. Allerdings hat mich auch ein wenig gewundert, dass die Soundkullisse praktisch nicht zur Geltung kam. „Super Metroid“ hat nämlich nicht nur einen brillanten und denkwürdigen Score, sondern auch einen sehr ungewöhnlichen. Wirkt teilweise viel erzählender und filmnäher als man das von der musikalischen Begleitung aus anderen Spielen der Zeit gewohnt war. Da hätten ein paar mehr Hintergrundeinspieler während eurer Spielbeschreibung vielleicht nochmal stärker die dichte Atmosphäre des Titels vermitteln können.
„Super Metroid“ habe ich erst deutlich später nachgeholt, als ich bereits von „Prime“ weggeblasen wurde. Deswegen hatte das für mich nicht mehr ganz so den Einschlag. Ist aber natürlich trotzdem ein tolles Spiel.
Kurz zu Metroidvanias: Ich finde die sich verselbstständigte Entwicklung dieser Genre-Bezeichnungen und ihren Definition(en) ganz interessant. Als Zeitzeuge erwähne ich gerne, dass „Metroidvania“ damals lediglich ein Begriff für die „Castlevania“-Spiele war, die die SOTN-Formel aufgegriffen haben.
Ich habe - ich glaube in Erwartung auf den Release von „Metroid: Other M“ - seinerzeit eine „Metroid“-Historie für AreaGames geschrieben und auch mal den Einfluss der Reihe untersucht. Und zu der Zeit (um 2010 rum), gab’ es praktisch keine anderen Spiele, die sich daran orientierten. Ein seltener früher klarer Nachahmer war beispielsweise „Shadow Complex“. Erst in den letzten zehn Jahren hat sich die Flut an Indie-Metroidvanias gebildet. Passenderweise in einer Periode, in der beide namensgebenden Serien keine nennenswerten Spiele hervorgebracht haben. Vermutlich hat sich der Begriff auch nur etabliert, weil man nicht immer sagen wollte „Spiele, die so sind wie ‚Metroid‘ und wie die ‚Castlevanias‘, die so sind wie ‚Metroid‘.“ Deswegen werden sie heute recht rigoros mit Seitenansicht und Erkundung eines zusammenhängenden Labyrinthes assoziiert. Der Überlieferung zu Folge ist „Symphony of the Night“ aber an „Zelda“ orientiert. Für mich ergibt das voll Sinn, weil ich schon immer fand, dass sich „Zelda“ und „Metroid“ strukturell sehr ähneln, also in der Progression durch bestimmte Gegenstände Zugang zu vorher unzugänglichen Gebieten zu ermöglichen. Für mich war das irgendwie der Standard für Action-Adventures. Ich hab’ erst später erkannt, dass das gar nicht so verbreitet war. Komisch, dass trotz dieser Ähnlichkeiten „Zelda“-artige Spiele eher nicht zu den „Metroidvanias“ gezählt werden und bei 3D-Titeln wie „Arkham Asylum“, „Tomb Raider“ (2013) oder „God of War“ (2018) diese Bezeichnung meist ganz unter den Tisch fällt. Ich weiß nicht, sind irgendwie meine Beobachtungen.
Stichwort „Other M“: Ich möchte hier mal deklarieren, dass das Spiel DEUTLICH besser ist als sein Ruf. Es hat eigentlich nur zwei (einhalb) große Schwächen. Die Eine ist die Story. Da gibt’s nicht viel zu rütteln. Sie hat einige interessante Aspekte (Ridley-Trauma), ist aber insgesamt plumb, entmystifiziert Samus Charakter und leitet auch noch die Spielprogression, wodurch es recht linear wird. Aber auch die Geschichten von „Metroid Fusion“ oder jetzt „Dread“ sind ziemlicher Käse. Erzählerisch ist die Reihe echt reif für ein Reboot. In diesem Zusammenhang und weil das vermutlich das letzte Mal ist, dass ihr ein Spiel der Reihe behandelt, wäre vielleicht ein kurzer Abriss über die Timeline noch sinnvoll gewesen, denn die „Prime“-Teile spielen zeitlich vor „Super Metroid“ und „Dread“ bildet aktuell den reichlich absurden Endpunkt.
Der zweite große Kritikpunkt von „Other M“ ist der regelmäßige Wechsel aus dem Third-Persin-Spielgeschehen zu einer Ego-Sichtwesie. Letztere ist sicher ein Zugeständnis an die super beliebten „Prime“-Episoden und wirkt aufgesetzt. Und da Nintendo gerade in der Zeit auf Biegen und Brechen unsinnige Steuerungsgimmicks implementieren musste, wird für den Perspektivwechsel, die ansonsten seitlich gehaltene Wiimote als einziges Eingabegerät immer wieder mit dem Pointer Richtung TV gedreht. Eine absolut hanebüchene Designentscheidung, weil das Umgreifen nervig ist und man Samus ansonsten mit dem Digikreuz durch den dreidimensionalen Raum bewegen muss, obwohl die übliche Nunchuk-Wiimote-Kombi den Analogstick dafür bereitgestellt hätte und der Pointer dann grundsätzlich schon auf den Fernseher gerichtet wäre und ein einfacher Knopfdruck den Switch zur Egosicht hätte ermöglichen können. Ich werde bis an mein Lebensende nicht nachvollziehen können, warum sie das so gemacht haben.
Abgesehen davon ist „Other M“ aber ein Qualitätsprodukt und entspricht wohl am ehesten dem Spiel, dass sich die meisten Menschen vor „Prime“ als 3D-„Metroid“ vorgestellt haben. Stilistisch erinnert es wieder mehr an den Look aus „Super Metroid“, inklusive wiederkehrender (Boss)Gegnertypen. Grafisch ist das für ein Wii-Spiel astrein und, jenseits der banalen Handlung, super atmosphärisch. Und trotz der angesprochenen Bedienungskuriositäten, spielt es sich sehr gut. Es ist deutlich auf fancy Action ausgelegt, aber funktioniert dahingehend auch, ist spektakulär, herausfordernd und befriedigend. Items werden auf der Karte angezeigt, sie zu erreichen ist trotzdem knifflig. Ich war damals trotz allem, sehr begeistert und musste wieder meine „Mr. Scheißmeinung“-9 von 10 zücken.
Ich empfehle also allen Interessierten die Unkenrufe zu ignorieren und „Metroid: Other M“, trotz des populären Namens als Hidden Gem zu verstehen und als das zu nehmen was es ist, nicht, was es sein sollte.
Sorry für den langen Post, der hoffentlich nicht zu kritisch klingt und vielleicht zu irgendwas nutze ist.
P.S.: Auf das ständige Mokieren über Wasserlevel muss ich jetzt doch aber mal schimpfen. Wollte ich schon bei der „Ratchet & Clank“-Folge tun. Ich glaube nämlich, dass über (Unter)Wasserabschnitte/-welten in Videospielen zu lästern und generelle Unbeliebtheit anzunehmen inzwischen so ein etwas unreflektierter Automatismus im Internetdiskurs ist, so wie die Erinnerungswürdigkeit der Charakternamen in den „Avatar“-Filmen als erstbesten Kritikpunkt aufzuführen (ja, da meckert der Fanboy in mir). Wasserlevel sind längst nicht mehr der „Schmerz im Arsch“ (O-Ton „Resident Evil 5“), der sie früher mal waren und auch da konnte man das nicht verallgemeinern. Nun liebe ich sie ganz besonders, was sicher auch nicht den Mehrheitsgeschmack abbildet (#Mr.Scheißmeinung). Doch praktisch jedes moderne Triple-A-Spiele bekommt die doch ansprechend und gut spielbar umgesetzt. Ganze Werke spielen inzwischen (fast) komplett unterwasser. Und spätestens seit „Rayman Origins“ können sie auch im 2D-Platformersegment elegant, statt unbeholfen sein. Und ich persönlich will Unterwasserabschnitte in JEDEM Spiel, selbst bei Basketball und das ist alles was zählt.
So!