Völlig überraschend habe ich auf Twitter eine Fantasy-Serie entdeckt, an der ich mich festgelesen habe:
Temeraire von Naomi Novik. Vermutlich eher ein Jugendbuch („YA“), aber die Grenzen sind fließend dieser Tage, ich denke, das kann man auch als Erwachsener gut lesen. Auf Deutsch heißt die Serie Die Feuerreiter seiner Majestät.
Das ist eine Art alternative Historie: Die Handlung spielt vor dem Hintergrund der Napoleonische Kriege, aber… es gibt Drachen in der Welt. Die bilden eine Art Luftwaffe der Kriegsparteien und werden wie Schiffe bemannt (mit Schützen und Enterkommandos) und in Formationen in die Schlacht geflogen. Die Ereignisse erlebt man aus der Sicht von William Laurence, einem englischen Schiffskapitän, der eine Fregatte seiner Majestät im Atlantik befehligt. Als sie in einer Seeschlacht ein französisches Schiff aufbringen, fällt ihnen ein Drachenei in die Hände. Der Drache schlüpft auf der Heimfahrt und erwählt (ungeplant und unerwartet) Laurence als Reiter.
Die neun Bände beschreiben dann die Abenteuer der beiden, den Verlauf des Krieges und Laurences immer stärker werdender Bindung mit seinem Drachen, dem namensgebenden Temeraire. Anfangs liest sich das alles wie die Horatio Hornblower-Geschichten von C.S. Forester, aber die Serie emanzipiert sich von der offensichtlichen Vorlage und wird ganz schön wild. (Liest man, ich bin erst in Band zwei.)
Naja, das ist alles keine hohe Literatur, aber schön geschrieben, spannend und irgendwie sehr befriedigend zu lesen. Den ersten Band habe ich verschlungen, quasi an einem Wochenende. Es hilft, wenn man wie ich Spaß an Beschreibungen von Seeschlachten hat, aber selbst wenn man sowas eigentlich öde findet - so wie Frau Novik es beschreibt, ist es schon ziemlich aufregend zu lesen.
Es ist ein historisches Buch mit einer solide recherchierten Grundlage, das seine fiktiven Elemente so clever einflicht, dass man als Hobby-Historiker ebenso bedient wird wie jemand, den das eigentlich kalt lässt. Es ist natürlich auch ein Drachenbuch, die Autorin trägt dem Rechnung mit einem substanziellen Investment in Drachen-Lore, Drachen-Biologie, Drachen-Psychologie, Drachen-Soziologie und Drachen-Kampftaktik. Und es ist ein flott erzähltes Abenteuerbuch mit starken durchlaufenden Themen wie Ehre, Pflicht und Liebe. Laurence ist kein durchgängig sympathischer Held, sondern wirkt ziemlich menschlich in seinen Konflikten.
Naja, langer Rede kurzer Sinn: kann man gut mal lesen.