Was spiele ich aktuell a.k.a. Spieletipps

The Crimson Diamond, vor ein paar Wochen erschienen - ein Grafik-Adventure mit Parser, das sich stark an Titeln wie Laura Bow orientiert. Gefällt mir überraschend gut!

Das Ganze spielt im Wesentlichen in einem alten Landhaus irgendwo im Nirgendwo, auf dessen Gelände mysteriöserweise ein riesiger Diamant entdeckt wurde. Wir sind eine Geologin des Royal Canadian Museums, die in eben dieses Landhaus geschickt wird, um dem Fund nachzugehen, und treffen dabei auf einen Haufen schrulliger Charaktere, die sich unter anderem um das Erbe und den Besitz streiten.

Die Geschichte ist interessant erzählt und kommt ohne große Klischees aus, jede Figur hat eine klare Motivation und verfolgt eigene Ziele. Der Beginn könnte etwas mehr Tempo und Dynamik vertragen, aber das bringt das Genre halt im Wesentlichen so mit sich.

Spannend fand ich die Steuerung, die weitgehend über den Parser erfolgt und dadurch deutlich flexibler wirkt als in anderen Adventures. („Weitgehend über den Parser“, weil man Nancy mit den Cursor-Tasten direkt bewegen kann, um sie auf ihre Umgebung reagieren zu lassen. Wenn man sie vor einen Schrank stellt und „search wardrobe“ eingibt, durchsucht sie automatisch den nächstgelegenen Gegenstand, auf den diese Bezeichnung zutrifft.)

Überhaupt funktioniert der Parser super, kennt zahlreiche Abkürzungen und Varianten; wenn man mal den Namen von einem Charakter vergessen hat, kann man zum Beispiel auch einfach ganz faul „ask man about diamond“ schreiben.

Bestens gefällt mir außerdem, dass mich das Spiel tatsächlich überwiegend wie eine Ermittlerin behandelt und mir entsprechende Aufgaben gibt: Charaktere befragen, Beweise finden, Fingerabdrücke einsammeln und so weiter. Es gibt natürlich auch ein paar „Adventure-typische“ Puzzles, aber die sind weitgehend logisch oder zumindest nachvollziehbar.

Außerdem bemüht sich das Spiel durchaus modern zu sein: In einem Notizbuch findet man sämtliche Aufgaben, die es noch zu erledigen gilt, und gibt man „review“ ein, fasst Nancy selbst zusammen, was genau man eigentlich erreichen will / muss, um voranzukommen.

Kritisieren kann ich im Grunde nur, dass man hier und da merkt, dass es sich (meines Wissens) um ein Erstlingswerk und ein Ein-Frau-Projekt handelt. Findet man Finger- oder Schuhabdrücke, werden die beispielsweise nicht automatisch genommen, sondern man muss erst nach ihnen suchen, sie dann einzeln anschauen / untersuchen, danach manuell nehmen (das hab ich mehrmals vergessen, nervtötend) und später auch noch vergleichen. Sowas hätte sich sicher eleganter lösen lassen.

Und die Grafik, naja… Gibt es echt Leute, die sich nach EGA-Grafik zurücksehnen? VGA verstehe ich ja, dafür verspüre ich auch eine gewisse Nostalgie, aber hat bei der Umstellung von EGA auf VGA damals echt jemand gesagt: „Puh, diese 240 neuen Farben, das ist ist mir echt ein bisschen viel!“? Vor allem sorgt die Grafik halt auch dafür, dass man ein paar Gegenstände nicht erkennt und auf den Text hoffen muss, was sicher nicht so gedacht war.

Insgesamt aber hat mir The Crimson Diamond so viel Spaß gemacht wie nur wenige andere Adventure in den letzten zehn, fünfzehn Jahren. Hoffe, das verkauft sich gut genug für einen Nachfolger!

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