mich hat Euer Gespräch im Podcast dazu gebracht, unsere Kinder zu fragen, was sie eigentlich als ihre Identität ansehen, bzw. was oder welche Bausteine dafür wichtig sind, das war ziemlich spannend.
Auch interessant insofern, daß unsere Kinder auch einen schweizer Pass haben, die Leute verteilen Ihren Pass nach Blut, auch wenn das immer mehr von deutschen Partnern verdünnt wird… das Schweizersein war ihnen interessanterweise gar nicht wichtig, ich hatte das ein bißchen bedeutender erwartet, vielleicht auch gerade deshalb, weil man schließlich ganz natürlich ein bißchen das Besondere sucht und die Unterscheidung zu „allen anderen“.
Mich hat es zum Nachdenken gebracht, weil ich sehr lange gebraucht habe, meine einfach total deutsche, westdeutsche Herkunft nicht fürchterlich langweilig zu finden, (handgestoppte 37 Generationen aus Ostwestfallen mit Einsprengselungen aus anderen westdeutschen Bundesländern) ich bin eine DERARTIG handelsübliche Kartoffel, geboren in Hannover!
(jetzt alle einmal schmutzig schmunzeln über Hannover… mir ist exakt dieses Detail übrigens in meiner Identität absurderweise sehr lieb und gar nicht unwichtig!)
Ein Beispiel:
Ich hatte diese Momente in Yugoslawien und Griechenland, wo ich im Hinterland vor jedem kleinen Ort immer und immer und immer wieder auf das Denkmal für die von Deutschen Ermordeten traf, ich hatte das Gefühl, von diesem Deutschsein erstickt zu werden, von unserer Geschichte, von den deutschen „Tugenden“, von einer eher stampfenden als spielenden Fußballertruppe, von meinen Landsleuten, von vielzuviel schwarzrotgelb besonders um 89, der nationalen Besoffenheit, dem Rassismus, dem wie Deutsche sind und sein sollen und sein zu haben, von den langen schweren Jahren Helmut Kohl, CDU und CSU…!
Irgendwann fand ich es mit Lebensfortschritt wohltuend, als „die Deutschen“ doch immer wieder ganz anders waren, ganz unerwartet, auch positiv, ganz uneinheitlich, ganz verändert auch mal und dann leider trotzdem auch immer wieder das beschissen Schreckliche, was mich heute und wieder stärker zu erdrücken trachtet, uns fast alle, bilde ich mir ein.
Kurz und extrem vereinfacht, ich habe trotz und wegen allem meinen Frieden mit meinem Deutschsein gemacht, ich bin wie wir alle ein Teil davon, das heißt dieses Land und die Deutschen sind gar nicht so wie immer und früher, sondern so wie ich, meine Freunde, meine Familie, wie wir alle und das ist doch häufig viel besser und absolut im besten Sinne divers.
Früher hätte ich mir eine Ausfahrt oder ein Nebengleis so sehr gewünscht in der Art: `Ich bin aber auch (oder ohne auch) SchweizerFinneEngländerItalienerwasweißichhauptsachenichtDeutscher!´
Spannend wäre immer noch, die Vorfahren wären mal von woanders gekommen oder woanders hingegangen (im friedlichen Zusammenhang), aber irgendwie isses mir inzwischen gleich, überhaupt hat das nicht viel Bedeutung, denke ich, ich kenne die doch gar nicht, spannend zu philosophieren, wie einen alles prägt und geprägt hat, was setzt sich fort, wo hat jemand aus einer entfernten Generation etwas bei mir hinterlassen und sei es nur ein Gegenstand oder eine Geschichte oder so, viel spannende als meine Vorfahren finde ich inzwischen echt meine eigenen Nachfahren und deren Blick darauf und die Welt und deren Empfinden, im besten Sinne nach vorne gedacht!