Der freundliche Gender-Diskussionsthread

Zitat von rud3l
„Ich gehöre zu den Leuten, die auf der Arbeit genötigt werden, alles mit * zu schreiben. Intern, extern, egal. Sternchen oder Ärger. Ca 80% der Beschäftigten wollen dies nicht, aber eine kleine, lautstarke Gruppe, hat sich durchgesetzt.“
(Oh je, hab das Zitat nicht hinbekommen, sorry.)

Ich bin ja durchaus ein Freund vom Sternchen, aber ich find’s kontraproduktiv den Leuten die Nutzung vorzuschreiben. Klingt mehr nach Pflege des Firmenimages (sollte es eine öffentliche Firma sein).
Was für Ärger gibt es denn bei Nicht-Nutzung, wenn ich fragen darf?
Und was sagt der Betriebs-/Personalrat zu der Sache? Interessiert mich, weil ich da auch aktiv bin.

Ha, dann werd Lehrer in Schleswig-Holstein! Im Schriftverkehr mit anderen Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schülern ist uns vom Bildungsministerium die Nutzung von * und : untersagt worden. CDU halt, möchte ich da unken. Es gibt bildungspolitisch keine größeren Baustellen als wild-gendernde Lehrkräfte. Schülerinnen und Schüler ist gleichwohl natürlich erlaubt.

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Lehrern, die Schülern unter anderem Orthographie beibringen sollen, wird untersagt, orthografisch falsche Schriftstücke an diese zu verfassen.

Ich kann daran nichts Ungewöhnliches erkennen.

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Hm… derweil ich ebenfalls denke, dass wenn Gruppe 2 Gruppe 1 in Ruhe lassen würde es sehr viel friedlicher zugehen würde, aber ob dann Gruppe 1 Gruppe 2 tatsächlich gänzlich in Ruhe lassen würde weiß ich nicht. Ich würde vermuten, dass Gruppe 1 (wie jede menschliche Gruppe) die Vorzüge ihrer Gruppe vertreten würde und das lautstark. Aber gut, wissen wir nicht.

Worauf ich eigentlich eingehen möchte, weil ich mich von dir, @Gunnar_Lott , angesprochen fühle dann wegen dieser Sätze „Welche andere Bevölkerungsgruppe wird auf diese Art diffamiert? Ärgerlich, wenn dann Leute hergehen und der verfolgten Minderheit vorwerfen, ihren Überlebenskampf nicht höflich genug durchzuführen. Ehrlich, das ist das Problem hier?“

Frage 1, welche andere Bevölkerungsgruppe wird auf diese Art diffamiert? Mir fallen spontan Ausländer in Deutschland ein. Manche wehren sich dann, auch mit Gewalt. Heiße ich nicht gut, absolut nicht. Gewalt ist immer scheiße, egal wie rum. Wenn JKR eine Bevölkerungsgruppe ausradieren will (weiß ich nicht, habe ich mich nicht mit beschäftigt) dann hoffe ich dass es in Großbritannien den Tatbestand der Volksverhetzung gibt und man sie entsprechend anklagen kann. Für mich heißt das lange nicht, dass man sie „nicht höflich genug“ angeht (eine Verniedlichung die aus meiner Sicht dem Tatbestand nicht gerecht wird). Ja, das gilt auch für so ein Plakat, wie du es gepostet hast. Fort damit, keine Frage.

Frage 2, ehrlisch das ist das Problem hier? Weiß ich nicht. Aber für mich ist es teil des Problems, denn nochmal: wenn man einer Gruppe zugesteht sie dürfe problemlos Leute (zurück)beschimpfen, bedrohen etc. (evtl. sogar mit Gegengewalt antworten) dann glaube ich dass das teil des Problems ist, jepp. Und ja, man könnte jetzt ganz einfach gegen mein Argument argumentieren indem man sagt „heißt das die Juden im dritten Reich hätten sich nicht wehren dürfen?“ Guter Punkt, muss ich nochmal drüber nachdenken. Anyway, danke für die anregende Diskussion

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Ich hab es Euch gesagt, das führt zu nichts. Außer, dass wir uns Edit: fast :slight_smile: alle ein wenig schlechter fühlen.

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Du sprichst für dich. Ich finde die Diskussion tatsächlich interessant. Aber ich weiß schon was du meinst. Hoffe das gleitet nicht weiter ab und bleibt dem Thread-Titel treu.

Sorry, meine letzte Forendiskussion ist 20 Jahre her und ich bin nur sehr selten hier.

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Sind Lehrer:innen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche dann von diesem hochwichtigen Erlass ausgenommen, der natürlich nur die Bewahrung der heiligen Orthographie im Sinne hat und niemals nicht politisch motiviert ist? :thinking:

Ich kann noch diese Doku aus den 90er Jahren empfehlen:

Eine der Protagonist*innen wird im Laufe der Doku ermordet. Man kann die Wut nur verstehen, wenn man sich mit der Historie beschäftigt.

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Falsch oder richtig bei einem Konstrukt wie Sprache ist ziemlich relativ. Wenn es morgen im Duden steht ist es ja „richtig“, wäre es denn dann ok? Oder wäre erst mal ein Aufschrei wie einem das aufgezwungen wird und die Sprache verschandelt?

Auch andere vermeintlich falsche Begriffe haben es aufgrund der weiten Verbreitung in offizielle Sprache und Rechtschreibung geschafft, zB googlen um etwas via Suchmaschine im Internet zu suchen. Oder Anreden haben sich geändert, ich höre zumindest selten jemand von sich in der dritten Person sprechen, das ist nicht richtig sondern maximal Stilmittel.

Ich verstehe, wenn das als zu kompliziert angesehen wird. Ich mehme mir immer vor mehr drauf zu achten und in der Gewohnheit vergesse ich es in 90% der Zeit einfach. Ja mei. Ob jemand anderes es macht ist mir eigtl nicht sooo wichtig. Ich freue mich wenn, und kriegs im Zweifel in beiden Fällen die meiste Zeit nicht mit.

Ich sehe nur folgende Abwägung:
Im besten Fall positive Auswirkungen auf die Gesellschaft, viele Menschen, die sich endlich direkt angesprochen fühlen.
Was steht dagegen im schlimmsten Fall? „So wars noch nie“ = Rechtschreibung, Gewohnheit und die deutsche Sprache, die sich eben eh ständig ändert, und „es klingt für mich blöd/stolpert man drüber“ ebenfalls Gewohnheit. Find ich jetzt selbst im worst case Szenario klingt das jetzt nicht super schlimm?

Ich werde trotz des vermeintlich generischen Maskulinums btw fast immer komisch angeguckt, wenn ich zu mir selbst männlich referiere („Ich bin Chemiker“, „Ich bin Azubi zum Anwendungsentwickler“, „Bin ich der einzige, der …“), und nein ich sehe mich nicht als Mann. Ich bin eine Frau in besten Jahren, aber hab mich so sehr in männlicher Gesellschaft bewegt, dass sich das eingeschlichen hat und ich das als generisch sehe. Beim komischen Blick sieht man aber doch, dass das bei den meisten wohl trotz Beteuerungen nicht so ist. Also ich finde es gibt damit wesentlich mehr zu gewinnen als zu verlieren.

Die Freiheit eine bestimmte Rechtschreibung oder Ausdrucksweise zu nutzen scheint mir ein sehr viel geringerer Verlust als diese potentiell große Chance liegen zu lassen. Zumal die nicht verboten ist im Allgemeinen, sondern schlicht erweitert wird.

Und wer hier behauptet Gleichberechtigung haben wir doch, da würde ich echt gern mal den plötzlichen switch im Verhalten einfangen wollen, wenn Leute online mitbekommen, dass ich weiblich bin aber zuvor dachten, ich sei männlich, weil männlich ‚default‘ ist. Und das ist nur eine Kleinigkeit und keins der vielen täglichen kleinen und großen Probleme, die einem begegnen, wenn man nicht ein weißer Mann mittleren Alters ist. Und Frau sein ist ja noch wesentlich akzeptierter als andere Diverse, die scheinbar immer noch beweisen müssen, dass es sie überhaupt wirklich gibt.

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Was, du bist eine FRAU??? :wink: Nur Spaß. Finde deinen Beitrag sehr gut, sehe ich im Prinzip auch so. Einziger Punkt von meiner Seite ist: Na ja, also wenn man diese Geschichte mit den Soldat:Innen (Sprachpause zwischen „Soldat“ und „Innen“ kurz vorstellen), die aktuell gerne in den Medien genutzt wird, dann finde ich das macht den Sprachrhythmus kaputt. Meine Meinung, gefällt mir nicht. Kann natürlich trotzdem jeder machen. Glaube auch nicht, dass da Gewöhnung etwas ändern wird. Zum Zweiten die Frage, was man damit bezweckt, ich fühle mich als Mann damit nicht angesprochen, deshalb lieber „Soldatinnen und Soldaten“, aber wie gesagt, die Nicht-Binären fühlen sich dann nicht angesprochen (wobei ich nicht weiß, ob man sich als Nicht-Binäre Person von der Geschichte mit der Pause angesprochen fühlt). Insofern, ja, korrekt, Sprache ändert sich, was heute falsch ist, kann morgen richtig sein. Und überhaupt ist Rechtschreibung ein gesellschaftliches Konstrukt, aber wir leben halt in einer Gesellschaft.

Langer Rede kurzer Sinn: Jeder wie er oder sie mag, aber wenn wir uns in unserer modernen Gesellschaft verständigen wollen brauchen wir ein paar Regeln. Welche das nun sind, ja mei, darüber diskutieren wir ja. :slight_smile:

Ach ja, und die Tatsache, dass du (hoffe das Du ist ok) komisch angeschaut wirst, wenn du das generische Maskulinum nutzt zeigt mir eher, dass wir schon ziemlich weit sind. Ich würde mich auch wundern und erwarten, dass eine Frau (die sich als Frau fühlt) auch die weibliche Form nutzt. Aber das nur nebenbei. :slight_smile:

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Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die meisten an diese Pausen gewöhnen würden. Die sind eigentlich nichts Besonderes, es gibt sie an diversen Stellen, beispielsweise im Wort „Spiegelei“ (das, das man brät).

Das Gefühl, dass die Pause (heißt übrigens Glottisschlag) den Sprachrhythmus kaputt macht, kommt meines Erachtens daher, dass man es als Hörer an diesen Stellen nicht gewohnt ist. Und es spielt sicher auch eine Rolle, dass viele Sprecher die Nutzung auch noch nicht gewohnt sind und die Pause so länger ausfällt oder „betonter“ wirkt. Dürfte beides mit mehr Übung/Nutzung wegfallen.

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Ernst gemeinte Frage: Gibt es Verwaltungen, die das vorschreiben? Also Genderstern, Binnen-I oder was Ähnliches?

Bei uns auf der Arbeit wurde irgendwann von „Sehr geehrter Herr/Frau“ auf „Hallo Vorname Nachname“ gewechselt. Was ich persönlich ziemlich geil fand, bei manchen Vornamen habe ich echt gegrübelt und recherchiert was das passende Geschlecht sein könnte… :expressionless:

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Ich würde gerne mal eine betroffene Person kennenlernen, die mit diesem Sprachkonstrukt jetzt ihren Seelenfrieden gefunden hat und sich durch die Sprechpause endlich mitgemeint fühlt.

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Bei aller Liebe, dieses ganze leicht patzige Fragenstellen ist ein bisschen meh. Das wirkt ein bisschen wie die Never-Play-Defense-Taktik - nie auf die Argumente anderer eingehen, nie ein eigenes Argument entwickeln, nur in rascher Folge kurze, leicht aggressive Einlassungen. Ist nur so mittel hilfreich, ehrlich gesagt.

Zu deiner Einlassung: Ich kenne auch niemand für den das der Weg zum „Seelenfrieden“ war, aber es haben sich Dutzende Leute bedankt, als wir locker angefangen haben, von in Anreden von „Liebe Hörer“ oder „Liebe Freunde“ zu einer inklusiveren Form wie „Liebe Leute“ zu gehen. (Es gab auch durchaus Gespräche mit Menschen, die sich das schon länger gewünscht hätten, das aber nie aktiv gefordert haben - anders als einige aus dem anderen Lager, die uns sehr wohl Sprachregelungen vorschreiben wollten.)

Wenn du niemanden kennst (und die Art der Fragestellung soll ja wohl implizieren, dass es solche Personen nicht geben kann), ist das einzig dein Problem. Die Heuristik „ich kenne es nicht also wird es das wohl nicht geben“ ist, das zeigt die Lebenserfahrung, eigentlich immer falsch, wenn man die Realität erfassen will.

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Viele der Diskussionsstränge scheinen hier zu enden mit „ich geb’s auf, die andere Seite will mich nicht verstehen.“ Vielleicht mal ein Versuch sich das anzuschauen - ohne zu werten welche Seite jetzt „richtiger“ ist (wenn es das in dem Zusammenhang überhaupt gibt).

Es wurden hier schon mehrere Gründe auch direkt und indirekt angesprochen, was für die Disconnects in dieser Diskussionen sorgen. Ich will mich hier bewusst einschränken, um es greifbarer zu machen. Es gibt, wie gesagt, auch etliche andere Gründe, wie selektive Wahrnehmung, confirmation bias, ad hominem Argumente und all diese schönen Buzzword Begriffe, die alle zurecht ihre Bedeutung haben, die man alle hier in der Diskussion zu Hauf beobachten kann, wie sie zum tragen kommen und auch teil des disconnects in der Diskussion erklären. Aber ich will es auch nicht zu lang werden lassen und nur ein oder zwei rausgreifen: whataboutism, der damit auch verbunden der Versuch alles mit allem zu vergleichen und der entstehende Tribalismus.

Zum Whataboutism gibt nicht nur unzählige Beispiele in anderen Kontexten, aber allein hier in diesem Thread finden sich dutzende Beispiele (auf „beiden Seiten“ ). Das führt dann hier und vielerorts dazu, dass wir plötzlich auf völlig unterschiedlichen Ebenen diskutieren, ohne es zum Teil zu merken (einseitig, häufig aber auch beidseitig).

Um es konkreter zu machen: Eines der Argumente der Gender"gegner" ist die (whatabout) Ästhetik („stört den Lesefluss“, „ich kann einen Podcast mit gendergerechter Sprache nicht mehr hören“). Während viele der „Befürworter“ ins (whatabout) politische gehen und betonen wie wichtig die Sprache für Gleichberechtigung, Awareness, usw. ist. Zum Thema Ästhetik gibt es von der Seite den (whatabout) Konter „Sprache entwickelt sich und man gewöhnt sich dran“. Andersrum gibt es zum Thema Politik als (whatabout) Konter „Gendergerechte Sprache kann ja politisch gar nicht soooo Einflussreich sein“. (und dann auch nicht selten wieder mit Ästhetik begründet). Also, das ist wirklich stark verkürzt, und es gibt alleine hier auch etliche Nuancen davon und es gibt neben diesen beiden Aspekten auch andere Felder, die hier schon benannt und beackert wurden, ist mir klar. Ich will jetzt aber auch nicht alles nochmal wiederholen, sondern einfach nur ein konkretes Beispiel rausgreifen. Das ließe sich aber auch auf die anderen Felder übertragen.

Bzgl. dieses Beispiels: Ästhetik und politische Bedeutung sind einfach zwei völlig unterschiedliche Aspekte des Themas. Kann man beides für sich ohne Probleme diskutieren, aber um der Diskussion gerecht zu werden, kann, ja wahrscheinlich muss man das einfach voneinander trennen. Die Grenzen vermischen sich leider immer in solchen Diskussionen. Dabei kann man beides erstmal befürworten oder ablehnen. Aber es scheint darüber hinaus wohl einen unausgesprochenen Konsens zu geben, dass „Wer Gendern gut findet, will mir die (seine/ihre) Ästhetik aufzwingen“ und andererseits „Wer Gendern nicht gut findet, ist automatisch gegen Gleichberechtigung“. So, dass sich Lager (oder Tribes) bilden und während die eine Seite über Gleichberechtigung argumentiert, versucht die andere Seite zu kontern, dass ja dieser Gender-* im Schriftbild einfach nicht gehe (wieder überspitzt, und es gibt Mischformen und funktioniert in die andere Richtung genauso).

Schlussendlich haben wir hier den Tribalismus, der zum einen in dieser Diskussion ganz verworrenen Grenzen hat, zum anderen das definierende „ich/wir gegen die“ Gefühl hervorruft (wieder beidseitig). Und das kann nicht voran gehen, weil plötzlich alles mit allem verglichen wird. Dinge, die überhaupt nicht vergleichbar sind: man kann sehr wohl den Gender-* total daneben finden und trotzdem total für Gleichberechtigung sein. Auch dieser Aspekt wurde im Laufe der Diskussion auch so schon benannt, hat aber nicht wirklich dazu geholfen, dass man sich irgendwo trifft. Dafür ist man zu sehr in seinem eigenem Tribe verwurzelt.

Um mal in den Spielekontext umzuleiten: es gab sehr viele Meinungen zu „Return of Monkey Island“, dass der Grafikstil ja so überhaupt nicht gefällt. Und dann häufig auch Wortbeiträge zu hören/lesen waren in die Richtung: „Das restliche Spiel kann ja noch so toll, sein, mir gefällt dieser Stil nicht und ich kann das daher nicht spielen“. Während die andere Seite zurückgab: „Wie kannst du nur das geniale Rätseldesign, etc nicht mögen?“ Auf dieser Ebene konnte es keinen Konsens geben und diese Parallele erinnert mich frappierend an einige der Diskussionsstränge hier. (wieder zurechtgerückt: I know, it’s complicated, und es gibt hier auch Diskussionsstränge, die anders verlaufen (sind))

Die spannende Frage ist nun, wie man das Auflösen kann. So richtiges Patentrezept gibt es wohl nicht, sonst hätte man den in der öffentlichen Diskussionskultur schon angewandt. Auch scheinen mir dafür die Gräben bei manchen Themen, so wie diesen hier einfach zu groß zu sein, als dass man sie überwinden kann (siehe Tribalismus). Aber, wie bei so vielen Sachen, hilft vielleicht als erstes eine Reflexion dessen, was ist. Das hilft nicht jeden und auch nicht bei allen. Aber, meine Erfahrung (persönlich, wie angelesen): bevor man überhaupt an die Problemlösung geht, sollte man sich selbst reflektieren, was passiert hier eigentlich, warum versteht mich die andere nicht und warum kommen wir nicht voran? Und natürlich haben das einige hier schon gemacht und auch Kund getan. Und es scheint in vielen Strängen trotzdem nicht weiterzugehen bis man entnervt aufgibt. Das bestätigt entweder meine Befürchtung oder man muss noch tiefer graben. In der mgmt Theorie gibt es da diesen schönen Begriff der „Five Y“ (oder „Five Why“): Um an den Kern eines Problems zu kommen, muss man mindestens fünf mal „why“ fragen. Vielleicht kann man das hier auch irgendwie anwenden (in dem Fall auf sich selbst hinterfragen)?

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Ich finde das Thema wird viel zu stark emotionalisiert. Vorab: ich selbst gendere nicht, weil es nicht in meinen Sprachgebrauch passt und ich irgendwie die Meinung teile, dass es die Sprache aufbläht und bis zu einem gewissen grad Symptombekämpfung ist. ABER - ich akzeptiere es wenn andere Menschen gendern und bekomme deshalb nicht direkt einen Wutkrampf. Ich habe gelernt zu akzeptieren, dass sich Sprache verändert und mit der Zeit auch kulturelle Veränderungen aufnimmt.

Ich finde Argumente wie „das verschandelt die deutsche Sprache“ ziemlich schlimm, weil die gesprochene Sprache eh immer Veränderungen unterliegt und heute keiner so sprechen will wie die dann oft herbeizitierte großen Geister des deutschen Volksgutes (Hegel, Kant, Schiller, Goethe und wer da nicht noch alles für den Unsinn herhalten muss) es damals getan hat. Mich hat noch nie jemand aufgefordert oder gezwungen zu gendern. Die Diskussion wird aber immer so geführt als würde der gendernde Teil dem Rest der Bevölkerung ihre Art zu sprechen oktroyieren. Dabei sieht es am Ende doch eher so aus, dass Leute die das Gendern nicht mögen Menschen, die das Gendern für einen kulturellen Wandel einsetzen wollen, die Anwendung des Genderns verbieten möchten und dadurch genau das tun, was sie anderen vorwerfen.

Als jemand der in der Mitte steht und sich eine pluralistische Gesellschaft wünscht, regt mich der Umgang mit dem Gendern mehr auf als das Gendern selbst, weil sich hier einfach nur der Kampf zwischen einem progressiven und konservativen Gesellschaftsbild ausdrückt der meistens noch beidseitig mit denkbar schlechten Argumenten geführt wird.

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Das trifft es halt leider nicht ganz. Ich verstehe deinen Gedankengang und ich wäre wirklich sehr froh, wenn es der Hauptpunkt der Diskussion einfach wäre, wie man nun den formuliert, damit alle Seiten zufrieden sind.
Es trifft eben nicht zu, was bei Monkey Island zB zutrifft: es geht dabei eben nicht nur um Geschmack. Und es geht auch nicht darum, dass es gefallen oder nicht gefallen kann / muss / soll.
Es geht darum, wie ich schon angeführt wurde, dass der Preis des „Ertragens“, wenn man wirklich mit der Form ein Problem hat, und der mögliche/sehr wahrscheinliche Gewinn einfach in keinem Verhältnis stehen. Nochmal, wir reden „nur“ von Sprache und Sprachästhethik. Und ja, ich gehe ganz absichtlich hauptsächlich auf diese Seite ein.
Denn selbst mit der Meinung: Ist doch alles gut, sind doch alle gleich. Ja, wer das meint sieht keinen Gewinn, es gibt aber halt doch einen wissenschaftlichen erwiesenen Gewinn (siehe Studien oben). Was es definitiv nicht tut ist schaden, der einzige und größte Schaden ist jemanden zu nerven. Wirklich, ist das so schlimm?
Das Nicht-Konsumieren wg Ästhetik ist das Abstrafen des Nutzens jener Ästhetik, also hat es einfach größeren Kontext als einfach „ich mag das nicht, über Geschmack lässt sich nicht streiten“. Ein wahre Diskussion um das wie der Formulierung gab es mal, kA vll gibt es die in gewissen Kreisen auch noch, aber etablierte/bekannte Variationen zum Wählen gibt es, u komischerweise kommt nie „macht doch bitte so oder so“, sondern nur „gendern? Ne, mag ich nicht“.
Das ist wie diese reflexartigen beißenden Kommentare, wenn jemand vegan isst. Dass es zahlreiche Gründe gibt ist bekannt, ob man das sinnvoll hält oder nicht. Niemand zwingt einem auf selbst nur vegan zu essen, trotzdem gibt es dumme Kommentare und Versuche des Überzeugens, dabei wird einem selbst dadurch ja nichts weggenommen. Und ja, es gibt militante Veganer, aber es gibt keine Gesetze, die einem das Vorschreiben zu tun, man soll nur gegenseitig akzeptieren. Und um diese Akzeptanz geht es hier.
Klar kann man wenn man sich sooo dran stört eben selbst sein gewohntes generisches Maskulinum abspielen und bestimmte Medien deswegen nicht konsumieren.
Ich hinterfrage nur zum einen ob es das wert ist und zum anderen, warum es für anscheinend so viele Leute wichtig ist es lautstark zu betonen. Und auch ob es nicht trotzdem iwo andere Gründe gibt ist bei so vehementer Ablehnung natürlich hinterfragen, wenn es eben bei diversen anderen sprachlichen Dingen, die Geschmackssache sind, eben nicht so ist. Die Aussage „ihr habt gerade einen unnötigen Anglizismus benutzt, euch höre ich nicht mehr“ findet man ja zB nicht, und das obwohl es auch hier teils emotional aufgeladene Meinungen dazu gab und gibt. Woher diese Vehemenz?

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Glottisschlag, das wars. Danke dir. Hm… ja, kann sein dass man sich dran gewöhnt. In der Wikipedia gibt es ein schönes Beispiel wo der Glottisschlag Bedeutung verleiht, nämlich bei „verreisen“ und „vereisen“. Und ja, vielleicht würde in Zukunft der Glottisschlag den „SoldatPauseInnen“ Bedeutung verleihen. Aber mein persönliches Problem ist das Fehlen der Form „Soldaten“, wenn man den Glottisschlag nutzt. Ich bin jetzt schlauer, danke nochmal, aber noch nicht ganz überzeugt. Aber das ist ja ein Prozess. :slight_smile:

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Schöne Zusammenfassung wie ich finde, aber auch schöne Antwort darauf von @meep . Wobei ich letzterer sagen würde, dass ich denke dass die Frage danach ob etwas einen gewissen Wert hat, halt sehr subjektiv ist. Die Vehemenz kommt, so meine Vermutung, daher dass sich die meisten Menschen zu Unrecht angegriffen fühlen („natürlich bin ich für Gleichberechtigung, ich habe eine Tochter!“ oder „natürlich bin ich für Gleichberechtigung, ich kenne sogar einen Gleichberechtigten!“). Ich würde hier wieder die Parallele zur Ausländerdiskriminierung ziehen. In dem Thema kommen auch gerne Sätze wie „mein bester Freund ist Türke. Aber man wird ja wohl sagen dürfen dass viele Türken Messerstecher sind!“ (anwesende Türken bitte nicht beleidigt sein, ist nur ein Beispiel und man könnte jede andere x-beliebige Nation nehmen). Mir scheint das Problem ist dass man davon ausgeht es gäbe hier zwei Lager (die von @svenoble genannten Tribes) und man kann nicht einer dritten oder vierten Variante angehören. Geht nicht. Zwäng dich gefälligst in eine von zwei Schubladen. :slight_smile: So zumindest mein Eindruck und mein Senf am morgen.

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Ich gehe bei dem Thema schon ziemlich d’accord mit dir, du hast das, mich betreffend, gut auf den Punkt gebracht.

Ich habe bis hier unten durchgehalten und hallo, da gibt’s ja von einigen Seiten doch starken Redebedarf. Oder Mitteilungsbedarf … ob das hier ins Forum gehört, sei mal dahingestellt. Den anderen Beitrag hatte es jedenfalls torpediert, und da macht, meines Erachtens, ein eigener Thread zum Thema Sinn. Und sei es auch nur, um es von Games-Themen abzugrenzen und hier eine Plattform zu haben, wenn man dazu etwas loswerden möchte.

Wie jeder habe auch ich eine eigene Meinung zum Gendern, und die mag durch meine in den Achtzigern nun mal zwangsläufig tendenziell konservative Erziehung getrieben sein, aber ich bin ja lern- und entwicklungsfähig. Man kommt in seinem Leben mit allerlei Vielfalt in Berührung und ich war niemals gedanklich bei „Ih, mach das weg“ sondern stets „Oh … ach, das gibt es auch?“

Aber gerade bei Sprache verstehe ich schon lange die Welt nicht mehr. Ist es denn erwiesen, dass irgendwann jemand gesagt hat: „Das generische Maskulinum nehmen wir jetzt als Vorwand, um so zu tun, als würde es beide Geschlechter einschließen.“
Anwendung und Verständnis hat es doch erwiesenermaßen genau so erhalten! Ich kann ja nachvollziehen, dass das manchen nicht reicht. Und spätestens bei nichtbinär-identifizierenden reicht ja „Sehr geehrte Damen und Herren“ nicht mehr aus. Aber ich fand die vor ein paar Jahren über die Gesellschaft im Schnellschritt drübergebügelte „Neue Form, das wird jetzt so kommen“ viel zu kurz gedacht. Ich konnte mich mit gewissen Formen, so was wie Lehrende, Studierende, Arbeitende durchaus anfreunden. Das Gender-Sternchen fällt einem eben immer ins Auge, und es kann durchaus stören oder zu seltsamen Auswüchsen führen. In meinen Augen vereinfacht es nicht, sondern verkompliziert unsere Sprache, unsere Schrift.
Der Gender-Gap ist … naja meh, aber ich habe das Gefühl, das Ohr gewöhnt sich daran. Ich bin jedenfalls niemand, der wegen sowas abschalten würde. Aber ich könnte und wollte nicht so sprechen und kann mir auch nicht vorstellen, dass das auch in 50 Jahren Einzug in unseren Alltagssprachgebrauch machen wird.

Ich bezeichne mich als tolerant und offen für neues, aber es gibt dann auch Dinge, wo man nur noch mit dem Kopf schütteln kann (Achtung: Werbung):
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Was sollte das sein? Witzig? Aufmerksamkeit? Trittbrettfahren?

Ich hoffe, es entsteht kein falsches Bild, ich bin NICHT gegen Gender-Maßnahmen, persönlich bin ich aber auch nicht bereit, von heute auf Morgen meine Gewohnheiten umzustricken und da überall mit vorzupreschen. Wer das möchte, darf das gern tun. Muss ich beispielsweise eine Stellenausschreibung entwerfen, nutze ich hier die inklusive Form, um auch wirklich „alle“ anzusprechen. Aber das war es von meiner Seite leider schon.

Was aber feststeht: Sich über das Gendern AUFZUREGEN, oder vor allem noch, wie allein hier im Forum zu sehen, DAGEGEN zu wettern, und zwar vom Allerfeinsten, das hat für mich mit Gemeinschaft auch herzlich wenig zu tun. Dann sollte doch jeder mit seiner Meinung wieder in seine private Höhle zurück kriechen, wenn er nicht bereit ist, sich auf andere Menschen und ihre Meinung, Wünsche oder Bedürfnisse einzustellen.

Leben und leben lassen! Peace :v:

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