Ich vermute, jeder hat seine eigene Horrorgeschichte über wabbelige und unlesbare Disketten. Aber meine hat ein Happy End.
Es war irgendwann Ende der 80er-Jahre. Mein Vater war der Erste im Freundes- und Bekanntenkreis, der einen C64 mit Datasette und Diskettenlaufwerk angeschafft hatte. Er wollte programmieren lernen, ich wollte Hausaufgaben darauf machen und natürlich spielen. Hier im Dorf gab es keine große ‚Raubkopierszene‘, wahrscheinlich waren wir überhaupt die erste Familie mit einem Computer im Umkreis von 20km. Irgendwie kam ich dann zwar doch noch an Gianna Sisters und ein paar andere Spiele , aber das reichte nicht lange.
Zum Glück waren zwei Freunde meines Vaters so begeistert von dem Gerät und den Spielen, dass sie selbst die Kleinanzeigen in der Zeitung durchforsteten, bis sie ein passendes, gebrauchtes Gerät gefunden hatten. Vermutlich war der ausschlaggebende Punkt für den Kauf die kostenlose Dreingabe von drei großen Diskettenboxen voller raubkopierter Spiele. Nicht direkt im Nachbardorf, aber mit ihrem schwarzen Golf gut erreichbar.
Da die Fahrt etwas länger dauerte, es Sommer war und das Spielpaket in einer größeren Stadt abgeholt werden musste, wollten ihre Frauen/Freundinnen mit … zum Bummeln. Ich vermute der Deal war, dass sie mindestens genauso viel Geld für ihren Kram ausgeben durften, wie ihre Männer für das Computerspielzeug. Erst wurde das Gerät abgeholt und sicher im Auto verstaut. Da der Kofferraum jedoch nicht groß genug für das gesamte Paket war, wurden die Diskettenboxen auf die hintere Hutablage gestellt. Schlechte Idee.
Sonne, Hitze, Kleinwagen … und die daraus folgenden gefühlten 100 °C im Innenraum des Kleinwagens sorgten dafür, dass nahezu alle Disketten in den Boxen geschmolzen waren wie Schokolade. Als die Freunde meines Vaters zu Hause ankamen, waren sie verzweifelt die Spielesammlung war ruiniert.
Doch dann hatte mein Vater eine Idee: Er schnitt eine der geschmolzenen Disketten auf und entnahm die eigentliche Magnetscheibe. Es stellte sich heraus, dass diese deutlich robuster war als die Hülle drumherum. Also schnitt er auch eine neue Diskette auf, entfernte deren Scheibe und ersetzte sie durch die gerettete aus der alten Hülle. Zwei kleine Klebestreifen zum Verschließen und siehe da: Nach dem Einlegen in das Laufwerk, ließ sie sich tatsächlich (aus)lesen! Nicht mit allen Disketten hat das geklappt, aber bei einem Großteil.
So verbrachte ich also die Pfingstferien damit, alle welligen und geschmolzenen Disketten mit einer kleinen Schere aufzuschneiden, sie in diesen Reparatur-Dummy zu stecken und zu kopieren. Zur Sicherheit habe ich von jeder Diskette gleich zwei(!) Kopien angefertigt, eine für die Freunde meines Vaters und eine für mich. Nur, falls die wieder Quatsch damit anstellen.
Am Ende hatte ich jedenfalls ebenfalls eine große Schatzkiste voller unbekannter Spiele, die ich in den Ferien nach und nach ausprobieren konnte.