Neulich gelesen:

Shoji Morimoto, Rental Person Who Does Nothing (Amazon, Goodreads) - Das ist ein kurzes Buch über das reale Leben des Autors, den man auf Twitter buchen kann, damit er kommt und nichts tut. Morimoto geht mit Leuten essen, schaut sich Theaterproben an, geht als stiller Unterstützer mit zu schwierigen Treffen etc. Er macht keine aktive Konversation, gibt keine Ratschläge, er ist nur da.
Das Buch ist auch so, einfach da und tut nicht viel. Macht aber nichts, liest sich so weg und hat mich mit einem angenehmen Gefühl zurückgelassen.
R.F. Kuang,
Die Schamanin (
Amazon,
Goodreads) - „Im Zeichen der Mohnblume“ ist eine Fantasy-Trilogie um ein Waisenmädchen, das an einer Kriegerakademie aufgenommen und dann in größere Ereignisse und einen Krieg hineinzogen wird, dies ist Teil 1.
Das liest sich anfangs weniger wie eine Fantasy-Reihe, eher wie ein historischer Roman. Das Reich Nikan ist offenkundig China, der kriegerische Nachbar Mugen erinnert an Japan, Opiumkonsum ist ein großes Problem, auch sonst fehlen die typischen Versatzstücke westlicher Fantasy wie Burgen und Ritter. Auch Fabelwesen und Magie kommen zumindest im ersten Buch noch nicht vor.
Das ist alles ganz faszinierend und stilsicher, hat an ein paar Stellen überraschende Ähnlichkeiten mit Der Name des Windes**, aber für ein abschließendes Urteil fehlt mir noch was, ist ja erst Band 1. Füllt jedenfalls grad ganz gut den Slot „große Fantasy-Serie“ in meinem Leben. Ich hab’s anfangs mit der Hörbuch-Fassung probiert, aber da gefällt mir die Lesestimme nicht besonders, leider. Ah, und etwa auf der Hälfte kommt eine sehr grafische Beschreibung eines Massakers, die ich ein bisschen off zur sonstigen Tonalität fand.
R.F. Kuang,
Babel: An Arcane History (
Amazon,
Goodreads) - Das war das Buch, wegen dem ich auf die Autorin der „Schamanin“ gestoßen bin - Babel ist ein veritabler Besteller, wird auf BookTok rauf und runter gefeiert und ist… mal was anderes.
Das Genre ist
alternate history, wir sind im Jahr 1828. Das Britische Imperium regiert die Welt, nicht (nur) mit Kanonen, sondern weil die Engländer eine neue Art Magie monopolisieren: In Kuangs Welt kann man zwei Wörter mit ähnlicher Bedeutung in unterschiedlichen Sprachen auf gegenüberliegende Seiten eines Silberbarrens schreiben, und wenn jemand, der beide Wörter versteht, das Wortpaar laut vorliest, geschieht (eventuell) Magie. Die magische Wirkung rührt von der unterschiedlichen Bedeutung der beiden Wörter im Wortpaar her und manifestiert sozusagen das, was in der Übersetzung verloren geht. Ein Beispiel aus dem Buch: „Wúxíng“ und „Invisible“, das chinesische und das englische Wort bedeuten unsichtbar, aber Wúxíng hat noch die Nebenbedeutung „körperlos, formlos“, daher macht das Wortpaar, in Silber geschrieben und ausgesprochen, den Träger unsichtbar.
Ja nun. Bisschen verkopft, aber ganz cool. England hortet folglich das Silber der Welt und hat das Übersetzungsinstitut von Oxford zu einer Wortpaar-Fabrik ausgebaut. Silber treibt Schiffe an, kühlt Häuser, heilt Krankheiten und lässt Kanonen weiter schießen, das Empire ist Silber-süchtig wie heutige Gesellschaften Rohöl-süchtig sind.
In dieses Setting wirft die Autorin Robin, einen talentierten chinesischen Jungen, der, geführt von einem strengen englischen Ziehvater und Professor, auserkoren ist, in Oxford zu studieren, um später die chinesische Abteilung zu verstärken - die Engländer brauchen mehr Zugang zu fernöstlichen Sprachen, die sinnvollen Wortpaare europäischer Sprachen sind schon größtenteils entdeckt. Robin empfindet zunächst große Dankbarkeit, erlebt dann den alltäglichen Rassismus und merkt, dass er nur ein Rädchen in der ausbeuterischen britischen Kolonialmaschine werden soll. Er schließt sich einer Rebellion an, die das Ziel hat, die Briten daran zu hindern, China anzugreifen. Der Krieg soll die Chinesen zwingen, den Opium-Import zu erlauben - und dem Empire mittelbar Zugang zum chinesischen Silber ermöglichen.
Das ist alles sehr faszinierend, sehr schön ausrecherchiert und opulent beschrieben. Ich kam am Ende trotzdem eher so mittel begeistert raus, weil mir die Handlung nicht ganz schlüssig erschien und die Personen zu eindimensional. Aber mei, cooles Buch allemal.
Martha Wells,
All Systems Red (
Amazon,
Goodreads) - Das ist Teil 1 der „Murderbot Diaries“, einer Serie von Scifi-Novellen über einen Androiden, der eine hochgezüchtete Killermaschine ist und zu Sicherheitsaufgaben eingesetzt wird.
Der „Murderbot“ hat sich aus seinen digitalen Fesseln gelöst und möchte eigentlich nur von Menschen in Ruhe gelassen werden, um in Ruhe TV-Serien zu schauen, aber so einfach ist das alles nicht. Das ist eine schöne Prämisse und kompentent aus der Sicht des Droiden erzählt, aber die äußere Handlung trägt nicht so weit.
Schon okay, kann man mal lesen, aber aus der Idee hätte man mehr machen können, imho. Gibt ja aber noch mehr Bücher davon, mal gucken.
** OT: Der Name des Windes ist eines meiner Lieblings-Fantasy-Bücher, aber auch eine solche Frustration, weil der Autor schnell Teil 2 nachgeschoben hat und Band 3 seit vielen Jahren überfällig ist. Und noch was, ich würde es gern meine Tochter lesen lassen, aber die Frauenfiguren sind so platt und Klischee, dass ich das nicht übers Herz bringe. In Teil 2 ist der Autor in dieser Beziehung ein bisschen gereift, aber meh.