Im Kontrast zu Sonys Open-World-Spiel hab ich jetzt endlich auch mal Far Cry 6 nachgeholt und es ist eigentlich der beste Vergleich. Kurzfassung: Definitiv die falsche Reihenfolge.
Far Cry 6 ist kein schlechtes, aber auch kein richtig gutes Spiel. Es ist für mich erheblich besser als die allermeisten AA-Spiele, aber für ein AAA-Titel doch erstaunlich mittelprächtig. Es fängt für mich mit so Kleinigkeiten wie der Bewegung in der Spielwelt an. Ein Vergleich zwischen 1st Person und 3rd Person mag nicht immer ganz fair sein, aber es fühlte sich anders als Ghost of Tsushima nicht so rund an. Man bleibt am Gelände hängen, Klettern/Hochhüpfen abseits von Hotspots ist immer Try & Error. Dann muss ich ständig irgendwo anhalten, werde dann aber wieder woanders hingeschickt und in dem Augenblick ist kein Fahrzeug direkt in der Nähe, zu Fuß ist aber auch nicht so dolle. Ich fühlte mich im Bewegungsfluss einfach regelmäßig gestört.
Und dann wird man wirklich zugesch***en mit Icons und Sammelzeugs. Die Spielwelt ist riesig und wenn man das alles einsammeln möchte, ist man wirklich eine Weile beschäftigt und darauf hatte ich keine Lust. Wenn das wenigsten interessant wäre. Es gibt einige wirklich sehr originelle Nebenmissionen, aber dazwischen ist so viel andere Grütze, die einfach nur Zeit frisst, dabei nicht mal wirklich interessant und die Belohnung den Aufwand dann oftmals auch nicht wert ist. Am schlimmsten war, dass mich eine dieser angefangenen, aber nicht beendeten Nebenmissionen bis zum Spielende verfolgt hatte. Immer wenn ich in Kämpfe verwickelt wurde, rief mich Dr. Dábolos an, um im immer gleichen Dialog zu hören, dass es gerade unpassend sei. Diese an und für sich nette Idee ist ein paar mal lustig, aber irgendwann nervte es nur noch, weil es von der Dialog-Dramatik auch nicht immer passend zum Bildgeschehen war. Oder die Suche nach den 7 Kindern eines Guerillas, die mich nur anhand von 7 Fotos durch die Spielwelt auf die Suche schicken will… da hört bei mir die Begeisterung wirklich auf.
Mal als Anhaltspunkt, wieviel Optionales im Spiel ist: bei Abschluss, mit durchaus der ein oder andere Nebenaufgabe zusätzlich auf dem Zettel, hatte ich gerade mal 28 % aller PlayStation Trophies für dieses Spiel erhalten. Das hinterlässt bei mir zumindest eine gewisse Unzufriedenheit, weil es irgendwie so halb abgeschlossen aussieht, ich aber auch überhaupt keine Lust auf Sammelgrind habe, weil Bewegung (s.o.) und dann auch noch das alte Far-Cry-Problem mit den ständig und in rauen Mengen respawnenden Gegnern. Wenn ich einen feindlichen Stützpunkt räume, kommt zu deren Besatzung gefühlt nochmal dieselbe Anzahl an freilaufenden Schießbuden-Figuren hinzu, die angeblich vom Feuerlärm angelockt wurden.
On top gibt es auch viele zusätzliche Spielmechaniken: der tierische Begleiter im Kampf, Hahnenkämpfe im Mortal-Kombat-Stil, Wettrennen, Domino spielen, Guerilla-Trupps in Missionen schicken, verschiedene Tiere jagen und – wie sollte es auch anders sein – Angeln ?! Relativ schnell hab ich da den Überblick verloren und hatte dann auch keine Lust mich vertieft mit diesen Mini-Spielchen zu beschäftigen. In einer so proppenvollen Spielwelt ist das einfach nur ein Feature Overkill. Stattdessen:
- hab ich weitgehend die Anfangswaffen benutzt
- hab ich das Klamotten-wechsel-dich-Spielchen ignoriert
- das gleiche gilt für Bonuskisten, wenn sie nicht grad auf dem Weg lagen
- zuerst hab ich alle Flak-Stellungen, Kontrollstationen und Stützpunkte ausgeschaltet, um nicht ständig durch die Welt gurken und anhalten oder Routenplanung betreiben zu müssen.
- Mission Hopping dann durch über Stützpunkt abspringen und per Wingsuit zum eigentlich Ziel gleiten
Der Vorteil meiner Vorgehensweise war vor allem, dass durch die Hauptmissionen an bestimmten Stellen die Zahl der Gegner in der Spielwelt noch weiter ansteigen (weil meine Spielfigur aus Gründen der Handlung noch berüchtigter wird). Ich hatte aber alles wichtige bereits bei niedrigerer Stufe erledigt und musste dadurch wie oben beschrieben kaum noch längere Strecken durch die Welt reisen. Das vorzubereiten hat mich allerdings mehrere Tage gekostet. Die Hauptmissionen danach hatte ich dann an zwei Tagen durch.
Jetzt könnte eine gute Erzählung das ganze durchaus noch retten, was es zum Teil auch tut. Giancarlo Esposito ist wirklich hervorragend. Die Perspektiven, die seine Figur zum Ausdruck bringen darf, sind wirklich interessant. Den emotionalen Anker außerdem auf seinen Sohn zu legen, funktioniert für mich in den Grundzügen ebenfalls. Das Finale fand ich super, ähnlich bittersüß wie bei Ghost of Tsushima. Aber das Drehbuch und die Inszenierung erreicht dann halt leider doch kein HBO-Niveau. Schlechte Timings, zu viele Nebenschauplätze, nicht alle Dialoge stilistisch treffsicher. So bleibt ein wenig der Eindruck von vergeudetem Potential, was mich wirklich ein wenig fuchst, weil ich das gerne in Besser gesehen hätte. Aber die Breaking-Bad-Faszination stellte sich leider nie ein.
Far Cry 6 hat mich wegen des Szenarios wirklich angesprochen. Die Spielwelt (ohne Bewegung und haufenweise Gegner) entfaltet ein richtig tolles Flair (Optik, Musik, etc.). Am Ende aber leider auch mehr Style als Substanz. Die Story hat einen guten Aufhänger und einige interessante Perspektiven, wird aber nur mittel-gut inszeniert. Das Gameplay ist nur dann zu ertragen, wenn man sich Grenzen dessen setzt, was man wirklich erreichen möchte. Ansonsten artet das in Grind der schlimmsten Sorte aus. Eine Art Reiseführer mit den besten Missions- und Sammeltipps wäre für dieses Spiel wirklich angebracht.