The Legend of Heroes: Trails through Daybreak
Der neueste übersetzte Teil der Legend of Heroes-Reihe schlägt ein neues Kapitel auf, führt in ein anderes Land und eröffnet einen neuen Handlungsbogen und es wird wieder klassische JRPG-Kost geboten.
Die größte Veränderung im Vergleich zu den Vorgängern ist das Kampfsystem, das jetzt Echtzeitelemente zum üblichen rundenbasierten System hinzufügt. Das zeigt sich hauptsächlich darin, dass man bei einem neuen normalen Kampf die Möglichkeit hat, den Gegner in Echtzeit anzugreifen, seinen Attacken auszuweichen und gelegentlich einen aufgeladenen Angriff auszuführen. Wenn man genügend Treffer landet, wird der Gegner betäubt, und man wechselt in den rundenbasierten Kampf, wo man einige Vorteile hat. Das System ist sehr simpel, ermöglicht aber, Standardkämpfe schnell zu gewinnen. Außerdem findet der Übergang in den Kampf jetzt ohne einen separaten Kampfbildschirm statt – der Kampf startet direkt in der Umgebung.
Die Kämpfe funktionieren insgesamt wieder gut, aber im Vergleich zu den Vorgängern ist es teilweise schwieriger, den Überblick zu behalten, insbesondere bei der Zugreihenfolge. Diese Information wird nur durch das Drücken einer Extrataste angezeigt. Die meisten Kämpfe lassen sich auf dem zweithöchsten Schwierigkeitsgrad problemlos gewinnen, wenn man das System beherrscht und grundlegende Taktiken anwendet. Einige Bosskämpfe können jedoch durchaus herausfordernd sein.
Eine weitere größere Änderung findet man im sogenannten Orbment-System. Im Gegensatz zu den Vorgängern sind jetzt die Orbs, die passive Fähigkeiten verleihen, und die Zauber, die hier „Arts“ genannt werden, voneinander getrennt. Dies bietet mehr Raum für Experimente. Die verschiedenen Orbs bieten unterschiedliche Boni, und je nach Kombination erhält man zusätzliche Fähigkeiten wie verstärkte Angriffe oder Resistenzen gegen Statusveränderungen. Das System hat mir gut gefallen und lädt zum Experimentieren ein.
Der Ablauf des Spiels ist in seinen sieben Kapiteln fast immer gleich: Zunächst erkundet man die Hauptstadt, erledigt Nebenquests und treibt die Haupthandlung voran. Anschließend führt einen die Handlung an einen neuen Ort, wo ebenfalls Nebenquests gelöst werden, bis es schließlich zu einem größeren Konflikt kommt. Die Nebenquests folgen oft demselben Muster – meist erledigt man ein großes Monster oder läuft herum und führt Dialoge. Das kennt man bereits von den Vorgängern. Spielerisch ist es zwar nicht sehr gehaltvoll, aber teilweise recht gut verpackt.
Ein interessanter Aspekt ist, dass der Hauptcharakter Van eine Problemlösungsagentur betreibt, die sich am Rande der Legalität bewegt. Dadurch geraten seine Aufträge oft in einen moralisch grauen Bereich, was sie interessanter macht. Hin und wieder darf man sogar moralische Entscheidungen treffen, die den moralischen Kompass in drei Richtungen beeinflussen. Diese haben jedoch keine großen Auswirkungen auf die Haupthandlung. Es gibt nur einen Moment im Spiel, in dem man entscheiden kann, mit wem man sich in einer bestimmten Situation verbünden möchte, was einige Dialoge und Bosskämpfe beeinflusst.
Ansonsten verläuft das Spiel sehr geradlinig. Es gibt keine Minispiele oder andere Nebenbeschäftigungen – man geht von Abschnitt zu Abschnitt. Trotzdem zieht sich das Spiel in die Länge, und manche Dialoge sind zu ausufernd. Besonders das letzte Kapitel und die Abschnitte vor dem finalen Dungeon hätten gut gestrafft werden können. Über zu wenig Spielzeit kann man sich jedoch nicht beschweren: Nach etwa 125 Stunden war ich durch, was mir allerdings zu lange vorkam.
Die Handlung an sich ist nichts Besonderes. Die neue generische Organisation ist klischeehaft in ihrer Motivation, bietet jedoch Figuren, die durchaus verachtenswert sind. Im Gesamtkonzept der Reihe gibt es einige nette Ergänzungen, und Kenner der Vorgänger können sich auf ein Wiedersehen mit einigen bekannten Charakteren freuen – glücklicherweise ohne, dass dies zu viel Raum einnimmt. Die neue Hauptgruppe fand ich überwiegend sympathisch, und mit acht Charakteren bleibt die Übersichtlichkeit gewahrt. Besonders die Hauptfigur Van hat mir gut gefallen.
Technisch wirkt der Titel veraltet. Die Grafikengine hat sich nicht wirklich verbessert, und viele Animationen der Figuren sind immer noch dieselben. Der Soundtrack ist zwar nicht der beste der Reihe, bietet aber einige nette Stücke. Wie üblich ist nicht jeder Dialog vertont, und es gibt manchmal merkwürdige Mischungen, welche Zeilen vertont sind und welche nicht. Die englischen Sprecher leisten jedoch wieder gute Arbeit.
Insgesamt also wieder ein guter Titel der Reihe, auch wenn er nicht zu meinen Favoriten gehört. Ich kann ihn nur empfehlen, wenn man die Vorgänger mochte. Auch Neueinsteiger könnten einen Blick riskieren, da dieser Teil relativ abgeschlossen ist.