Kürzlich hab’ ich noch ein paar Castlevanias durchgespielt, der Vollständigkeit halber und weil es meistens ganz entspannt ist simple 2D-Retro-Titel über gängige moderne Wege mit entsprechenden Quality of Life-Optionen zu zocken. Da hat man schnell mal was durch, kann die Qualitäten der Spiele - zumindest größtenteils - noch wahrnehmen, ohne den üblichen Frust und schnuppert nebenbei noch ein wenig Nostalgie.
Castlevania - The Adventure
Der Game Boy-Erstling. Hab’ ich - trotz starker Game Boy-Vergangenheit - vorher nie gespielt. Laut Wikipedia wurde das seinerzeit wohlwollend besprochen, gilt heute aber eher als Rohrkrepierer. Letzteres trifft es. Man sieht einige Bemühungen beim Leveldesign. Ansonsten würde ich das ohne aktuelle Features wie Schnellspeichern nicht mehr mit der Kneifzange anfassen. Das ist lahm, repititiv und super steif zu spielen. Ständig werden maximale Präzision und perfektes Timing verlangt, mit einer Figur, die sich in etwa so schnell und flexibel bewegen lässt als würde man einen Hinkelstein einen Berg hochrollen.
Erinnert mich daran, dass man manchmal auch ganz glücklich sein kann, dass Spiele größtenteils nicht mehr auf diese Weise gemacht werden, ohne einen Plan, was eigentlich angemessen wäre, theoretisch in einer knappen Stunde durchgespielt, dafür aber natürlich arcadig fordernd und maßlos frustrierend, um den mangelnden Inhalt zu überspielen.
Castlevania Legends
Das späte dritte Game Boy-Kind. Gilt ja als schwarzes Schaf der Reihe. Und den Ruf hat es sich mit Schwung verdient. Legends ist sogar noch schlimmer als The Adventure. Wirklich fast alles daran ist misslungen. Mickrige Grafik, einfallsloses, dafür aber langatmiges Leveldesign, ätzende Gegner-Platzierungen noch und nöcher, mit einer komplett lächerlichen Respawn-Rate - sowas hab’ ich noch nicht gesehen. Trial and Error bis zum Abwinken.
Letzteres sage ich bewusst, weil ich in meinem Durchlauf durchaus eine gewisse unterhaltsame Herausforderung darin gefunden habe mit Hilfe von Safe-Scumming alle möglichen Passagen immer wieder so anzugehen, dass ich dann doch unversehrt rauskomme. Es ist also oft durchaus möglich zu bestehen, wenn man weiß was kommt. Bedenkt man aber, dass es zahllose Hinterhalte gibt (sofortiger Angriff beim Bildschirmwechsel, Gegner in unscheinbaren Kerzen usw.), das Bewegungsrepertoire der Spielfigur und Geschwindigkeiten der Feinde schlecht aufeinander abgestimmt sind, so dass man beim kleinsten Fehler, die Bewegungen der Gegner vorauszuahnen Konfrontationen nur mit Energieverlust übersteht und man im Original nur begrenzt viele Leben zur Verfügung hat, wundert es mich nicht, dass früher Module oder gleich der ganze Game Boy durch’s Zimmer geflogen sind. Keine Ahnung wie und warum man sich da hätte durchquälen sollen.
Dazu dieses völlig überflüssige Zeitlimit. Ich weiß nicht, was das außerhalb der Arcade in irgendeinem Platformer-Action-Spiel oder ähnlichem zu suchen hat. Das wird in Legends dadurch verschlimmert, dass das Spiel zwischendurch alternative Pfade aufmacht. Die sind voller Gegner, bieten keine Belohnung, außer ein Energie-Item und viele Herzen, was am Ende nutzlos ist, da man die unter normalen Umständen ja verbraucht, um diese Passagen überhaupt zu bestehen. Am Ende wartet immer eine Sackgasse. Dabei hat man natürlich super viel Zeit verschwendet. So kann man später noch über sich hinaus wachsen bei dem Versuch, den Boss in zehn Sekunden zu besiegen.
Kurz gesagt, das Spiel ist ein Riesen-Abfuck und ich verstehe nicht wie es dazu kommen konnte. Musste danach nochmal Belmont’s Revenge spielen, um mich zu rehabilitieren und das ist so ein durchweg großartig gestaltetes Spiel.
Legends kam zum Ende des Game Boy-Lebenszyklus und hätte eigentlich das System richtig pushen müssen. Stattdessen ist das schlimmer als manches hingeschluderte Lizenz-Werk aus der Frühzeit.
Haunted Castle Revisited
Das einzige Castlevania, das wohl noch verhasster ist als Legends, ist der Arcade-Teil Haunted Castle. Nur kennt den wohl fast niemand. Via Dominus Collection hab’ ich das mal angespielt. Und yepp, das geht gar nicht.
Die Sammlung enthält aber auch ein neues, von M2 geschaffenes Remake der Spielhallensünde. Und das ist richtig gelungen.
Revisited ist in einem 32bit-Look gehalten und wirkt wie ein vergessenes 3DO- oder Saturn-Spiel. Mag ich sehr gerne, weil auch nur wenige Indie-Spiele das Erscheinungsbild von so halb gerenderten, halb aus digitalisierten Fotos (oder so) bestehenden 2D-Spielen aus den späteren 90ern aufgreifen. Es ist ein lineares, klassisches Action-Platformer-Castlevania wie die ersten Teile und kein Metroidvania. Neue Ideen gibt’s kaum, dafür spielt es sich herrlich geschmeidig, bietet flotte Action und coole Bosskämpfe. Ich fühlte mich ein bis zwei Stunden schön unterhalten und nostalgisch abgeholt. Auf normal ist das allerdings ein echter Spaziergang. Wer also eine Herausforderung sucht, sollte lieber gleich auf schwer stellen.
Castlevania Bloodlines aka The New Generation
Das Schöne am legendären Konflikt der beiden damaligen Konsolenriesen Sega und Nintendo, ist, dass wir uns heute darüber freuen können, auch von Drittherstellern jeweils ganz distinktive, aber in beiden Fällen tolle Spiele zu beliebten Franchises bekommen zu haben, anstatt zweimal das Gleiche. So geschehen zum Beispiel bei Contra III und Contra - Hard Corps sowie eben bei Super Castlevania IV und Bloodlines.
Teil 4 für’s SNES - eher eine Art Remake von Original - hab’ ich vor zwei Jahren oder so auf ähnliche Weise durchgespielt und empfand das als ganz stimmungsvoll, überraschend umfangreich und vom Schwierigkeitsgrad her als halbwegs gnädig. Wirkte aber auch noch etwas grobschlächtig und auf die Länge gesehen abwechslungsarm. Ist halt noch ein sehr frühes SNES-Spiel.
Bloodlines kam mir hingegen sofort frischer und moderner vor: Hohes Tempo, coole Moves, zwei Protagonisten, üppigere Farbpalette und Tonnen von Grafikspielereien in den Levels und bei den Bossen, zeigten schon den Fortschritt in der Konsolengeneration.
Es ist deutlich kürzer, dafür aber wieder schwieriger als Super Castlevania. Ohne Save Scumming hätte ich da ganz dran zu knabbern gehabt. Unfair ist es allerdings nicht. Nur die Slowdowns können nerven.
Ich habe ein wenig den Eindruck, dass exessives Speichern meinem Spielererlebnis vielleicht doch eher geschadet hat, wodurch es am Ende ein wenig beiläufig wurde. Die bunte Gestaltung wirkt teilweise auch etwas willkürlich. Bloodlines ist ein schönes, eigenständiges Spiel und eine klare Empfehlung in der Reihe. Ich kann aber doch nicht klar sagen, ob ich es Teil 4 gegenüber bevorzugen würde. Beide gehören jedoch nicht zu meinen Favoriten und ich denke auch, dass das noch ambitioniertere Rondo of Blood sie abhängt.
Irgendwann schaffe ich es vielleicht, die drei 16bit-Episoden mit einem „ehrlichen“ Durchlauf zu würdigen.
Hier mal mein Ranking aller bisher von mir durchgespielten Teile. Bis Platz 15 sind das alles gute bis fantastische Spiele. Hach, ich liebe die Castlevania-Reihe einfach.
- Order of Ecclesia
- Aria of Sorrow
- Symphony of the Night
- The Dracula X Chronicles (Rondo of Blood)
- Belmont’s Revenge
- Circle of the Moon
- Dawn of Sorrow
- Harmony of Dissonance
- Super Castlevania IV
- Bloodlines
- Dracula’s Curse
- Lords of Shadow
- Haunted Castle Revisited
- Castlevania - Vampire’s Kiss
- Castlevania
- The Adventure
- Legends