Hier ist der Bericht von einer Spielerfahrung, die mir absolut unmöglich schien.
Ich schielte schon seit dem Release immer wieder auf Neverwinter Nights und fing es tausend Male an. Aber immer wieder gab es irgendeinen Grund, warum ich es nicht aus der Akademie in der ersten Mission rausgeschafft habe: technische Schwierigkeiten, Abstürze, damals zu schwacher Rechner, allem voran aber - Langeweile. Ich kenne kaum Spiele, die so einen lahmen Anfang haben. Ich musste mich überwinden, um durch diese strunzlangweiligen Tutorial-Tests am Anfang durchzukommen, nur um dann eine Quest zu bekommen, von der jeder Abenteurer nur so träumt - vier magische Tiere in einer riesigen Stadt finden, um ein Heilmittel für eine Art Pest herstellen zu können. Schnarrrrrch…
Mehr als zwanzig Jahre waren seit dem Release vergangen, als ich beim Stöbern im Nintendo-Switch-Shop sah, dass die Enhanced Edition von NWN samt allen Addons zum Preis von 10€ angeboten wurde. Ich musste lachen, da das Interface des Spiels ursprünglich für den PC gedacht und sehr komplex war. Sowas wäre auf einer Handheld-Konsole total unspielbar.
Aus Neugierde habe ich trotzdem zugegriffen.
Gleich beim Start haben sich alle meine Befürchtungen bewahrheitet. Natürlich haben die Entwickler keine passenden Steuerungs- und Interface-Konzepte für die Konsolenversion umgesetzt, sondern direkt die PC-Version mit Ach und Krach auf die Controller-Tasten gemappt, inklusive übelster Button-Kombinationen, verschachtelter Menüs und einer so kleinen Schrift, dass einem beim Lesen nach fünf Minuten die Tränen kamen.
Mir sträubten sich die Haare. Wer wäre so masochistisch, das zu spielen? Zur Veranschaulichung: In einem Grid-basierten Inventar, das aus mehreren Tabs besteht, muss man mit dem Steuerkreuz zuerst zu dem richtigen Tab durchschalten, ihn dann auswählen und sich anschließend im Grid zum benötigte Item navigieren. Mit einer weiteren Taste das Kreismenü aufrufen, „benutzen“ auswählen und dann in der Spielgrafik mit dem Analog-Stick den Zielcharakter ansteuern und bestätigen. Herzlichen Glückwunsch, ihr habt 5 HP geheilt! Zumindest glaube ich das, die genaue Zahl war wegen der Fitzelschrift kaum zu erkennen.
Da ich schon 10 € bezahlt hatte, wollte ich aber zumindest aus der Akademie herauskommen, um endlich zu sehen, was danach passiert. Immerhin habe ich mich das seit mehr als zwanzig Jahren gefragt.
Gefühlte 100 Stunden später habe ich den letzten Boss besiegt.
Die überkomplizierte Steuerung ging nämlich schon bald in Fleisch und Blut über, viele Shortcuts haben die gängigsten Aktionen beschleunigt und die kleine Schrift konnte ich durch die fantastische Zoom-Funktion der Konsole ausgleichen. Dazu gewann das langweilige Pest-Setting durch die Corona-Pandemie plötzlich an Aktualität und das Gameplay erwies sich als flott und abwechslungsreich.
Wer weiß, vielleicht sollte ich als nächstes die SNES-Version von Doom spielen.