Ich habe das alles nie ertragen und viele der Entwicklungen in der ADL haben für mich auch nie Sinn ergeben… Shadowrun / Cyberpunk ist für mich fest in Amerika verwurzelt, in einem so absurden Deutschland funktioniert das für mich nicht.
Und ehrlicherweise fand ich Deutschland in den Schatten, wie auch manche der deutschen Abenteuer, oftmals auch nicht so gut geschrieben. Aber das ist halt alles Geschmackssache, schätze ich.
Ein Kumpel war ein in heftiger Liebe zu den Shadowrun-Romanen entflammter Leser und ich musste immer rechtzeitig in Deckung springen, wenn er in seinen Bekehrungsmodus zu wechseln drohte. Ich selbst hatte bis auf eines der von Gunnar erwähnten Videospiele keinen weiteren Bezug zu dieser Welt, umso interessanter fand ich diese Folge mit Kurs in mein persönliches Neuland.
Sind eigentlich die Hintergründe der Macher bekannt? Ich wurde etwas stutzig wegen der vielen Inkonsequenzen in der kapitalismuskritischen Mythologie Shadowruns. Also bspw. einerseits eine Welt unterdrückter Lohnsklaven (Manchesterkapitalismus), aber andererseits macht einer der fiesen Konzerne sein Geld mit Offerten zur Massenbespaßung (Freizeitgesellschaft).
Sind die Macher ein paar Altlinke, die nicht von liebgewonnen Versatzstücken lassen wollen, oder ist Shadowrun eine rechte Satire über linke Stereotype?
Shadowrun wurde als Rollenspielsetting an Neuromancer angelehnt, um Magie und Mystik erweitert und vor allem vor dem Hintergrund entworfen, dass eine Gruppe aus vier oder fünf Figuren einen Run gegen einen Konzern bestreiten kann. Ob die Gesellschaftskritik da eher in Richtung Kapitalismus- oder Freizeitkritik geht, würde ich mit „Ja“ beantworten. Oder mit „Nein“. Ich will niemandem unterstellen, nicht in Quellenband X mal einen bestimmten Aspekt stärker im Blick gehabt zu haben, aber die Welt ist in erster Linie eine Theaterszenerie und weniger eine Kulisse für eine in Sciencefiction gepackte Gesellschaftskritik.
Ich habe nie die Rollenspiele gespielt aber Anfang der 90er gingen die Shadowrun- und Battletechbücher im Freundeskreis rum.
Beides war damals anders als das was als SciFi oder Fantasy hier im ländlichen OÖ vorher geboten wurde.
Für mein Verständnis (und auch bei Diskussionen im Freundeskreis damals) war aber ein Punkt wichtig, der leider viel zu kurz nur angeschnitten wurde.
Beide Serien waren damals neu und ich durfte durch Büchertausch jeweils bis ca. Band 10-15 erleben.
Wo bei Battletech die Sympathien bei den Häusern nicht Schwarz/Weiss/Grau waren und es Diskussionen im Freundeskreis gab und Preferänzen war bei Shadowrun die Symphatie immer bei den Runnern, den Outlaws, den Rebellen, den Idialisten.
Und leider wurde dieser Aspekt nicht genug vorgehoben, sogar über viele Teile des Gesprächs als Kriminelle, Verbrecher, etc. gebranntmarkt.
Die Shadowrunner waren immer die Guten. Gegen die Konzerne. In den ersten Büchern gegen Aztech des japanischen Konzerns. Aber immer gegen die Konzerne. Diese wurden in den ersten Büchern AFAIR nie positiv dargestellt.
BTW. Der absolut beste Teil der Serie war nach der Eingangstriologie „Deutschland in den Schatten“.
Ja, ich kenne die Welt mit Riggern und nicht Autopilot. Und ich habe mich nie weiter und später damit beschäftigt. Wenn ich in den letzten 30 Jahren Lust und Laune hatte dann habe ich wieder mal „Lass ab vom Drachen“ und Co gelesen. Die Rollenspielverwirrungen sind scheinbar zum Glück (grosser Geistertanz ok, aber Geisterameisen?!?) an mir vorbei gegangen. Da muss ich sagen, mein Glück der frühen Geburt.
In den Büchern? Ja. Im Rollenspiel? Bestimmt auch in manchen Gruppen, bei uns waren es aber immer Söldner, meistens ohne Herz aus Gold aber mit einem locker sitzenden Triggerfinger.
Das ist halt das geile bei SR - du kannst klassische RPG-Helden spielen oder halt totale Arschlöcher ohne dafür eine Ausrede oder Begründung zu brauchen.
Ja, Rollenspiel ist was anderes. Aber ich kenne die Welt nur aus den Büchern. So wie Battletech (wobei wir dort das Tabletop eine zeitlang gespielt haben).
Aber was ist die Wahrheit? Was ist der „Kanon“? Für mich die Romane, die eine Welt aufbauen und kein Regelwerk. Und ich habe (jetzt muss ich nachsehen) die ersten 15-18 Bücher von Shadowrun hier im Regal stehen.
Die Kapitalismuskritik bei SR kommt daher, dass sie halt bei Cyberpunk inhärent für das Genre ist. Die Quellenbände haben da aber nie einen wirklichen Wert drauf gelegt, SR ist kein „linkes“ RPG und auch keine rechte Satire. Es nimmt halt alles und wirft es in den Mixer, daher gibt es Lohnsklaven und völlig überdrehte Ökoterroristen. Long live the rule of cool.
Durch Orkenspalter auf euch gestoßen und dann gleich Shadowrun. Ich habs geliebt: Bücher, Penn&Paper und die Videospiele (SNES Shadowrun!) sowie das TCG dazu. Daher auch gleich meine Anmerkung zu Lonestar, wie es auf einer der Karten beim TCG steht: „Sie schießen erst und fragen dann auch nicht“ (im Englischen: they shoot first and don´t ask questions)
Und das Cover vom Mega Drive Spiel gab es auch auf einem der Regelbücher. Das waren Dodger (der Decker), Sally Tsung und Ghost who walks inside.
Ich sehe hier gerade den Widerspruch nicht. Ein unterdrückter Lohnsklave kann ja trotzdem Freizeit haben. Ich greif mir mal die Definition von Wikipedia raus:
Nur, weil ein Konzern sein Geld damit macht, Karl Kombatmage und Neil der Orkbarbar-Sims an die Massen zu verkaufen und der Lohnsklave sein Geld alle paar Monate mal in einem seiner Freizeitparks lässt oder auch mal feiern geht, heißt das ja noch lange nicht, dass sie wesentlich mehr Freizeit haben als jetzt. Auch wenn du eine 60-Stunden-Woche kloppst hast du ja noch irgendeine Art von Freizeit, und sei es nur die eine Stunde Trideo vorm Schlafen gehen. Lohnsklaven sind nicht wortwörtlich Sklaven, sie erhalten einen Lohn, den sie für Dinge ausgeben können. Ausgebeutet werden sie natürlich trotzdem.
Mir hat der Neustart gut gefallen.Das Gespräch zwischen den Hosts ist ein Mehrwert und gefällt mir persönlich besser als ein Host und Interviewpartner alleine. Mir hat gefallen das Gunnar seine Expertise beigesteuert hat. Ich finde es gut das Ihr Experten für die Themen findet und in den Podcast einbindet.
Der Widerspruch ergibt sich doch aus dem von dir zitierten Artikel: Einerseits ein wesentliches Mehr an Freizeit sowie den materiellen Mitteln für Bespaßungsangebote, andererseits eben der bis an die Grenzen seiner Arbeitskraft ausgebeutete Lohnsklave mit einem gerade mal das Existenzmininum deckenden Einkommen. Das passt nicht zusammen. Keine Freizeit, kein Geld für Extras. Einem Shadowrun-Disney fehlte so die hinreichende Kundschaft.
Wo generiert denn die Unterhaltungsindustrie in der echten Welt die großen Umsätze: In den Ländern mit wohlhabenden Mittelschichten oder in Bangladesch?
Aus den schon eingegangen Antworten hab ich aber bereits den Eindruck mitgenommen, solche Fragen hätten sich erübrigt. Die Köpfe hinter Shadowrun wollen es gar nicht so systematisch pingelig verstanden wissen. Muss man ja auch nicht.
Hinter keiner Rollenspielwelt liegt eine (in sich funktionierende) Wirtschaftssimulation.
Bei Shadowrun gilt im Groben: Ein Konzern bindet Arbeitende. Mit Macht, Geld, Vergünstigungen und/oder Zwang - oft in unterschiedlich gewichteten Konstellation. Da gibt es eine Mittelschicht und auch arme Arbeiter können sich einen 3D-Film leisten. Das wollen auch die Konzerne, weil es die Arbeitskraft erhält. Aber wenn ein Exec ausschert und der Verlust von ganz viel Geld droht, wird das Problem mit weniger Geld gelöst. Man darf da aber keine simulierte Börse im Hintergrund erwarten, sondern eine als richtig empfundene Plausibilität.
Ich glaube, dass genau hier das Missverständnis liegt. In Shadowrun werden Leute in Konzernen bis an die Grenzen ihrer Arbeitskraft ausgenutzt, aber dass sie gleichzeitig in Armut leben geht aus dem Setting so nicht hervor. Natürlich gibt es eine Reihe bettelarmer Bezirke und die Schere zwischen Arm und Reich klafft stark auseinander, aber die Menschen leben auch nicht ausschließlich in Bruchbuden und können sich kaum einen Kanten Brot pro Woche leisten. Es geht eher darum, dass Leute nach 30 Jahren Aufopferung für den Konzern einfach auf die Straße gesetzt werden, wenn sie nachlassen, dass wichtige Arbeitskräfte durch Knebelverträge am Konzern gehalten werden, dass eine starke Sinnlosigkeit im Arbeitstrott ausgestrahlt wird. Große Konzern-Enklaven, die als goldener Käfig herhalten - naja, mittelständischer Käfig.
Es ist eher ein komplett dystopisch hochgedrehtes China oder Amerika. Brutale Arbeitsstunden, keine tollen Arbeitsbedingungen und ein reines Betrachten als Arbeitskraft. Vielleicht gleich viel Freizeit, vielleicht weniger, aber auf keinen Fall „weit weniger arbeiten“ oder „wesentlich mehr Freizeit“, was es für eine Freizeitgesellschaft bräuchte. Und wo es Menschen mit Geld und Freizeit gibt, gibt es Menschen und Konzerne, die damit ihrerseits Geld verdienen wollen…
Ich fand die Folge sehr informativ und habe viel über die Welt erfahren - vielen Dank
Ich hätte allerdings sehr gerne mehr über FASA, Jordan Weisman und anderen Beteiligten an der „Entstehung der Welt von Shadowrun“ erfahren. Also nicht nur über die Entstehung der Welt, wie SebastianT es genannt hat, sondern auch über die Entwicklung der Firma und anderen Beteiligten. Gerade dieses biographische mag ich in anderen Stay Forever Formaten.