Ich bin gerade mit Warhammer 40,000: Rogue Trader fertig geworden. Meinen ersten Eindruck hatte ich hier schonmal geschildert. Grob zusammengefasst kann ich sagen, dass mein erster Eindruck sich bestätigt hat. Ich hatte eine Menge Spass mit dem Spiel.
Zuerst der nebensächliche Kleinkram und die weniger schönen Anmerkungen:
Bugs:
Ich habe im gesamten Durchgang keine nennenswerten Bugs bemerkt. Einmal musste ich einen Spielstand neu laden, weil ein NPC erst danach geruht hat mich zu Kenntnis zu nehmen und dadurch ein Plotskript auszulösen. Ansonsten verschwinden diverse Miniquests (hier: Gerüchte) nicht aus dem Questlog obwohl sie offenbar abgeschlossen sind. Meiner Einschätzung nach also nur Kleinkram.
Begleiter-KI:
Ich habe schon lange keine so lästige Begleiter-KI mehr gesehen. Aus für mich nicht erklärbaren Gründen halten es die Begleiter für nötig, regelmäßig dem Führungscharakter voraus zu laufen. Es ist keine Seltenheit, dass Begleiter 1-2 Räume vor dem Führungscharakter rumstromern und dadurch schonmal Kämpfe, Zwischensequenzen oder Fallen auslösen bevor man selbst weiß warum. Warum laufen die nicht einfach im Gänsemarsch (oder einer frei wählbaren Formation) hinter mir her? Das hat Baldurs Gate 1 schon besser hingekriegt.
Deutsche Übersetzung:
Die deutsche Übersetzung ist insgesamt gut. Allerdings haben sich da ein paar Übersetzungen eingeschlichen, bei denen sich mir die Nackenhaare aufstellen.
Beispiel 1: Ich habe lange gebraucht, bis ich begriffen habe, wer denn der so oft genannte Schurkenhändler ist und was diese Person wohl so schurkig macht. Hier wurde dummerweise grob zur Hälfte „Rogue Trader“ mal mit „Freihändler“ mal mit „Schurkenhändler“ übersetzt. Gemeint war also mein Alter Ego.
Beispiel 2: Den Skill „Awareness“ in einem RPG-Hintergrund mit „Achtsamkeit“ zu übersetzen finde ich schwierig.
Sternenkarte:
Ich fand die Sternenkarte unübersichtlich und unnötig fummelig zu bedienen (mit Controller, Maus und Tastatur habe ich nicht probiert). Auch die Sicherung der Warprouten als limitierte Ressource empfand ich als unnötige Spielzeitstreckung. Vor allem, weil ich später herausgefunden habe, dass die Limitierung durch einen kurzen und simplen Grind auf einer bestimmten Route hinfällig wird.
Ladebildschirme:
Wow, gibt es viele Ladebildschirme. Das hätte man doch sicher eleganter lösen können.
Einkaufssystem:
Rogue Trader hat keine klassische Währung und keine klassischen Händler-NPCs. Die Entscheidung ist für mich völlig nachvollziehbar. Ein Freihändler ist so unermesslich reich, dass er keinesfalls mit so jämmerlichem Abschaum wie einem Waffenhändler um eine Schrotflinte feilscht. Dafür gibt es Personal. Es gibt vielmehr den „Profitfaktor“, der anzeigt, wie gut die Geschäfte gerade laufen. Händerinventare gibt es nur bei den einzelnen Fraktionen im Spiel. Wenn man also einen ausreichend hohen Profitfaktor hat und vor allem einen ausreichend hohen „Ruf“ bei den jeweiligen Fraktionen, kann man Waren einfach mitnehmen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass man reicher als Gott sein kann und trotzdem an bestimmte Waren nicht rankommt weil man eine Fraktion nicht ausreichend gepampert hat. Das ist nicht dramatisch, könnte aber irgendwie optimiert werden.
Kampfsystem:
Zum Kampfsystem kann ich leider nicht viel mehr sagen als bei meinem ersten Eindruck. Es gibt wahrscheinlich durch die verschiedenen Charaktere und Fertigkeiten eine schier endlose taktische Varianz. Die ersten Kämpfe waren zumindest angenehm vielfältig und fordernd.
Dann habe ich einen unglückseligen Fehler gemacht, welcher dazu führte, dass ich 99% der Kämpfe inkl. der Bosskämpfe innerhalb der ersten Kampfrunde beendet habe. Überwiegend ohne Gegenwehr. Das war möglich durch zwei bestimmte Gegenstände und zwei bestimmte Charakterbuilds. Man muss einem Nahkampfcharakter (bei mir Abelard) die beiden Ausrüstungsgegenstände „Malpian Shroud“ und „Empyrean Transceiver“ anziehen. Das sorgt dafür, dass sich bei jedem empfangenen Buff seine temporären Hitpoints erhöhen und sein ausgeteilter Schaden direkt proportional mit den temporären Hitpoints steigt. Wenn man jetzt noch mindestens zwei Charaktere (vorzugweise Offiziere) so skillt, dass sie schnell, viele Buffs verteilen können, wird der Nahkämpfer zu einem One-Hit-Kill-Wunder. Der Nahkämpfer muss jetzt nur noch durch Skills und Ausrüstung möglichst viele Bewegungspunkte und Angriffe (z.B. Dual-Wield) bekommen und jeder Kampf ist in Rekordzeit erledigt. Nachdem ich das herausgefunden hatte war ich nicht mehr diszipliniert genug anders zu kämpfen. Die Kämpfe wurden also langweilig. In einem Onlinespiel müsste hier dringend am Balancing gearbeitet werden.
Sooo … jetzt vergesst bitte alles was ich davor geschrieben habe. Wenn ihr mit Warhammer 40k etwas anfangen könnt, ist das alles unwichtig. Die Story hat Romanqualität. Die Charaktere sind bis zum kleinsten Nebencharakter hervorragend ausgearbeitet. Es hat einfach wahnsinnigen Spaß gemacht die Unmengen an Text in Gesprächen, Quests und diversen sonstigen Ereignissen zu lesen. Das Spiel fängt die düstere Stimmung in dieser kranken Welt perfekt ein. Die Möglichkeiten zur Entscheidung sind wirklich vielfältig. Ich habe beispielsweise zwei meiner Gefährten (den Xenosabschaum und die nicht sanktionierte Psionikerin) ohne zu zögern an die Heilige Inquisition übergeben. Wie es sich für einen getreuen Untertanen des göttlichen Imperators gehört. Ob diese Entscheidungen am Ende einen echten Unterschied gemacht haben, kann ich nicht sagen. Ich habe ja nur einen Durchlauf gemacht.
Fazit:
Tolles Spiel und ein Pflichtkauf für Warhammer 40k-Fans. Alle anderen sollten vielleicht eher zu Baldurs Gate 3 greifen. Das ist insgesamt das rundere Spiel. Ich freue mich jetzt auf die beiden angekündigten Story-DLCs (hab ja den Seasonpass gekauft).
Eine Niederlage einzugestehen ist eine Blasphemie gegen den Imperator.